Zum weißen Schwan
48° 12' 19.96" N, 16° 22' 14.71" E zur Karte im Wien Kulturgut
Zum weißen Schwan (1, Kärntner Straße 24, Neuer Markt 6, Marco-d'Aviano-Gasse [bis 1935 Schwangasse] 2), Gasthof.
Hausname
Über das Haus sind manche urkundlich nicht belegbare Erzählungen bekannt. Seinen Schildnamen soll es dem Minnesänger Ulrich von Liechtenstein verdanken, der auf seinen abenteuerlichen Ritterfahrten stets in weißem Samt gekleidet war. Der Überlieferung nach soll er am 17. Mai 1227, als Venus verkleidet, mit reichem Gefolge von Venedig nach Wien gezogen sein. Diet von Lengenbach, der Domvogt von Regensburg sei ihm mit 50 Armbrustschützen, 50 Laufpferden mit türkischen Sätteln, 50 Knappen (paarweise geordnet), 50 Roßen mit Schilden, 300 Speeren und 50 Rittern in grünen Mänteln mit klingenden Geschmeide entgegen geritten, um ihn (als Königin Venus) um das Marschallamt zu bitten. Nachdem er dies genehmigte, ritt der Domvogt mit seinem Gefolge nach Wien zurück, um bei den reichsten Bürgern Wiens Herberge zu schaffen. Ulrich selbst sei in diesem Haus untergebracht worden. Ulrich beschreibt zwar seinen Einzug in Wien, gibt jedoch nicht die Lage des Hauses an, in dem er untergekommen war. Ein anderes, in der Überlieferung genanntes Haus erscheint unwahrscheinlich, da es außerhalb der damaligen Stadt lag.
Geschichte
14. bis 17. Jahrhundert
Das Haus befand sich ab dem 14. Jahrhundert (vor 1319) im Besitz des Heiligengeistspitals. Dieses hatte das damals leerstehende Gebäude durch Tausch gegen ein Haus mit dem Namen "Der gewölbte Keller", das ebenfalls in der Kärntner Straße lag (die genaue Lage ist unbekannt), erhalten. Aus der Tauschurkunde (datiert mit 17. Februar, aber ohne Jahresangabe), die zwischen den Herzögen Albrecht II. und Otto und Peter, dem Meister des Spitals, geschlossen wurde, geht hervor, das zu diesem Haus vier Fleischbänke samt Zubehör gehörten.
Erst nach 1455 dürfte es einen anderen Besitzer gehabt haben (nicht die Stadt Wien; keinesfalls war es, wie Wilhelm Maximilian Kisch schrieb, ein städtischer Getreidekasten oder ein Mehldepot [siehe Mehlgrube; Neuer Markt 5!]). Mitte des 16. Jahrhunderts sind als Eigentümer der Stadtschreiber (1541-1576) Franz Igelshofer und dessen Gattin Margarete bekannt. Da das Haus mit 14 Pfund acht Schilling jährlich dem Wiener Bistum grunddienstbar war, diese Summe aber nicht bezahlt wurde, reichte Bischof Johann Caspar Neubeck am 27. April 1588 eine Räumungsklage gegen den nunmehrigen Besitzer ein. Der Geklagte wurde daraufhin zur Zahlung des schuldigen Grunddienstes samt Unkosten verurteilt, die Exekution hingegen wurde eingestellt. Für die Zeit zwischen 1588 und 1680 fehlen jegliche Daten zu diesem Haus.
Gasthaus "Zum weißen Schwan"
1700 ist es als Einkehrwirtshaus mit dem Schild "Zum weißen Schwan" nachweisbar. Im April 1744 wohnte hier Graf Loudon, der in diesem Haus zufällig mit dem Pandurenoberst Freiherr von Trenck zusammenkam. Dieser überredete ihn, in die österreichische Armee einzutreten. Nach einer Audienz bei Maria Theresia erhielt Laudon eine Hauptmannstelle im Trenckschen Freikorps.
Das Haus wechselte sehr oft seinen Besitzer. 1780 wird es als berühmtes Gast- und Einkehrwirtshaus erwähnt, "wo man mit Pferd und Wagen, auch mehreren Gefolge, beherbergt und zugleich mit Lehenlakaien und Stadtlehenwägen bedient werden kann". 1802 wurde es von Josef Fürst Schwarzenberg gekauft, es war damals ein zweistöckiger Bau mit zwei Rondellen und drei Fronten. 1840 kam es an Schwarzenbergs Sohn Fürst Johann Adolf (durch die damalige Schwangasse [seit 1935 Marco-d'Aviano-Gasse] getrennt, befand sich das Schwarzenbergpalais (1)).
Neubauten 1846/1847 und 1897/1898
1846/1847 ließ Fürst Schwarzenberg das Schwanenhaus demolieren, an seiner Stelle entstand ein Neubau. Dieser wurde bereits 1897/1898 durch ein reines Wohnhaus ersetzt, das nach Plänen von Friedrich Schachner auf einer Grundfläche von 755 Quadratmetern entstand. Von der geheimen Staatspolizei (Gestapo) wurde am 26. August 1940 die Beschlagnahme des Hauses verfügt, deren Löschung am 13. März 1947 im Grundbuch vermerkt wurde. Auf Seite der Kärntner Straße befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg die "Old Vienna Bar", deren Konflikt mit der Wirtschaftspolizei im Spätsommer 1947 beachtliches Aufsehen erregte.
Prominente Gäste
Dem alten Haus werden prominente Gäste zugeschrieben: 1809 Madame de Stael, 1830 Gräfin Napoleona Camerata, die Tochter der ältesten Schwester Napoleons, die vergeblich versuchte, den Herzog von Reichstadt zur Flucht nach Frankreich zu bewegen und von dort das kaiserliche Erbe anzutreten.
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
- vier Fleischbänke
- Gasthaus "Zum weißen Schwan"
- "Old Vienna Bar"
Literatur
- Felix Czeike: Der Neue Markt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 4), S. 44 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 422
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 6, 1. Teil. Wien ²1956 (Manuskript im WStLA), S. 53-56
- Neues Österreich, 23.08.1947