Heiligenstädter Bad
48° 15' 13.89" N, 16° 21' 29.12" E zur Karte im Wien Kulturgut
Heiligenstädter Bad (19., Grinzinger Straße 84-86), eine 1781 entdeckte Mineralquelle, die dem Ort großen wirtschaftlichen Aufschwung brachte, befand sich in der Nähe der Pfarrkirche St. Michael. Ursprünglich gab es hier Tümpel, denen Dämpfe entstiegen und die im Winter nicht zufroren. Johann Baptist Burger (ein Anrainer, der an Rheuma litt und das Wasser selbst probiert hatte) ließ die lange Zeit ungenutzte Quelle fassen und in seinen Garten leiten, erbaute ein Badehaus und übergab dieses der Öffentlichkeit. Dr. Johann Klinger führte 1784 eine Analyse des Wassers durch; da das Gutachten ergab, dass das Bad gegen Rheuma, Haut- und Leberleiden empfohlen werden könne, ließ Burger das Bad zu einem öffentlichen Heilbad ausbauen. Dem Badehaus wurde ein Gasthof angegliedert, ein großer Garten enthielt Laubengänge, Lusthäuschen, Lagerplätze, eine Kegelbahn und einen Teich mit Booten. Man zählte täglich bis zu 300 Badegäste. Auch das Haus des Bademeisters Steindl (Nummer 82) nahm Gäste auf.
1809 wurde das Bad schwer beschädigt und verödete. Steindl verließ die Heilanstalt. 1811 kaufte es der Wiener Cafétier Franz Woller, ließ es wiederherstellen und legte herrliche Gärten an (Wollersches Bad; Wollergasse). Als Hauptförderer des Bads gilt Dr. Johann Peter Frank. Woller führte auch einen Stellwagenverkehr mit der Stadt ein (Gesellschaftswagen Freyung - Heiligenstadt). Die Quelle lockte nun nicht nur Heilungsbedürftige an, sondern galt als „fashionable". Aus dem Hauerdorf war ein Badeort geworden. Zu den prominenten Gästen des Heiligenstädter Bads gehörte auch Ludwig van Beethoven, und zwischen 1802, 1804 und 1808 sowie (unter Woller) 1815, 1817 und 1824. Auch Grillparzer, Feuchtersleben, Schubert und Schwind weilten an heißen Sommertagen gern in den Parkanlagen des Heiligenstädter Bads. 1832 erwarb Karl Schweyer das Bad (Woller übernahm 1834 das Kramersche Kaffeehaus in der Leopoldstadt). 1845 kam das Bad an Josef und Leopoldine Kugler („Kuglerbad"), die noch eine Schwimmschule mit gedeckter Halle und vor dem Bad ein Gasthaus errichteten. Bei einem Volksfest 1846 dirigierte Johann Strauß Sohn das Orchester und spielte seine „Heiligenstädter Rendezvous-Polka". Die Quelle lieferte jedoch infolge der Donauregulierung (1870-1875) und der damit verbundenen Absenkung des Grundwasserspiegels immer weniger Wasser und versiegte schließlich. Am 25. April 1900 erwarb die Gemeinde Wien den Grund, auf dem sie den Heiligenstädter Park (Kuglerpark) anlegte.
Literatur
- Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 166 f., S. 347 ff.
- Kurt J. Apfel: Die Kur- und Badeanstalt in Heiligenstadt. In: Döblinger Museumsblätter. Wien: Museumsverein Döbling 1971 - lfd. Heft 68-69 (1982), S. l ff.
- Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Ottakring. Vom Gürtel zu den Weinbergen. Wien: Mohl 1988, S. 44 ff.
- Alfred Auer: Kurstadt Wien. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1985
- Johannes Klinger: Johannes Klingers Phil. Med. Dozt. & Ocul. Beschreibung der Eigenschaften und Wirkungen des Heiligenstädter Badewassers. Wien: Lienhart 1784