Richard Strauss
Richard Strauss, * 11. Juni 1864 München, † 8. September 1949 Garmisch, Bayern, Komponist, Dirigent.
Biografie
Richard Strauss kam in München als Sohn des königlichen bayerischen Kammermusikers Franz Joseph Strauss (1822–1905) und dessen Gattin Josepha Pschorr (1837–1910) zur Welt. Er erhielt von frühester Kindheit an Musikunterricht und begann bereits mit sechs Jahren zu komponieren. Nach seiner Schulausbildung an der Münchner Domschule (1870-1874) und am Ludwigs-Gymnasium (1874-1882) studierte Strauss 1882/83 an der Universität München Ästhetik, Kulturgeschichte und Philosophie. Den Winter 1883/84 verbrachte er in Berlin, wo er in Hans von Bülow einen wichtigen Förderer kennenlernte. Von Bülow berufen, trat er 1886 in Meiningen dessen Nachfolge als Musikdirektor an, wechselte dann jedoch, nach einer Italienreise und einem Engagement in München, 1889 als Kapellmeister nach Weimar. Von 1894 bis 1898 wirkte Richard Strauss in München, von 1898 bis 1908 als Erster Preußischer Kapellmeister an der Hofoper Berlin. Mit dieser beruflichen Verpflichtung wandte sich Strauss kompositorisch immer mehr der Oper zu.
Erstmals hatte Richard Strauss 1882 mit Wien Berührung, sein erstes öffentliches Auftreten erfolgte als Komponist bei der Uraufführung seines Violinkonzerts op. 8 im Bösendorfersaal. Mit der Hofoper kam er zum ersten Mal 1902 unter Gustav Mahler in Kontakt, am 29. Jänner 1902 fand die Erstaufführung seiner Oper "Feuersnot" (UA, Dresden 1901) in seiner Anwesenheit statt. Mit den Wiener Philharmonikern arbeitete er erstmals 1906 zusammen. Von 1919 bis 1924 leitete Richard Strauss gemeinsam mit Franz Schalk die Wiener Staatsoper – seine Bestellung erfolgte am 15. November 1918, wobei im Vertrag der Amtsantritt mit August 1919 fixiert war, dem Strauss de facto allerdings erst im Dezember 1919 entsprach. In Wien wurde Richard Strauss mit heftigen Diskussionen und üblen Intrigen empfangen, die Presse lief Sturm gegen ihn und die von Felix Weingartner beeinflussten Philharmoniker opponierten ebenso wie das Opernpersonal. Vor allem wurde Strauss seine konservative, auf Novitäten mit Ausnahme seiner eigenen Opern verzichtende Spielplangestaltung vorgeworfen. Neben den Sängerinnen Selma Kurz und Maria Jeritza setzte sich nur Schalk für seinen Mitdirektor ein.
Richard Strauss' Debüt als Staatsoperndirektor erfolgte am 1. Jänner 1920 mit "Lohengrin". Markante Aufführungen während seiner Direktorenzeit waren der "Ring" und eine Neuinszenierung von "Così fan tutte" (26. Mai 1920), bei der er auch als Regisseur wirkte. In der Ära Schalk-Strauss waren an die Oper weltberühmte Sängerinnen wie Maria Jeritza, Selma Kurz, Marie Lehmann oder die Sänger Alfred Jerger, Alfred Piccaver, Leo Slezak und Richard Tauber verpflichtet.
Zunächst am Mozartplatz wohnend, sollte Strauss von der Stadt Wien den "Kammergarten" des Belvedere für 90 Jahre zur Pacht erhalten. Nach zähen Verhandlungen erwarb Strauss jedoch das Grundstück und erbaute darauf eine Villa, das Richard Strauss-Schlössl, in Wien 3., Jacquingasse 8–10 (heute die Residenz des Botschafters der Niederlande; Gedenktafel mit Porträtrelief). Finanziert wurden Grundstück und Bau durch den Verkauf der Originalpartituren von "Rosenkavalier" und "Schlagobers", Einkünfte aus Auslandstourneen und ein Darlehen der Familie seiner Schwiegertochter.[1]
1922 dirigierte Richard Strauss bei den ersten Salzburger Festspielen, zu deren Anregern er gehört hatte, und wurde Ehrenmitglied der Festspielgemeinde. Seine Opern "Ariadne auf Naxos" (zweite Fassung 1916) und "Die Frau ohne Schatten" (1919) erlebten in Wien ihre Uraufführungen. Im Wiener Milieu spielen seine Opern "Der Rosenkavalier" (UA, Dresden 1911), "Arabella" (UA, Dresden 1933) sowie das Ballett "Schlagobers", das am 9. Mai 1924 im Rahmen der Feierlichkeiten zu seinem 60. Geburtstag in Wien uraufgeführt wurde; die Partitur dieses Balletts widmete er der Stadt Wien. Er komponierte weiters "Elektra" (UA, Dresden 1909), mit der die überaus fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Librettisten Hugo von Hofmannsthal begann, "Die ägyptische Helena" (UA, Dresden 1928) und, mit dem von Stefan Zweig empfohlenen Librettisten Joseph Gregor, "Friedenstag" (UA, München 1938), "Daphne" (UA, Dresden 1938) sowie "Die Liebe der Danae" – diese hätte anlässlich seines 80. Geburtstags bei den Salzburger Festspielen 1944 aufgeführt werden sollen, fiel aber der Schließung der Theater zum Opfer, weshalb die Uraufführung erst 1952 in Salzburg erfolgte. Weitere Kompositionen waren, mit Clemens Krauss als Textdichter, "Capriccio" (UA, München 1942), außerdem das Ballett "Josephs-Legende" (UA, Paris 1914).
Nach seinem Abgang von der Staatsoper am 30. Oktober 1924 ging er keine festen Berufsbindungen mehr ein. Die einzige Ausnahme bildete die Präsidentschaft der Reichsmusikkammer 1933 bis 1935. Zu dieser wurde Richard Strauss berufen, als er – nachdem Arturo Toscanini im Anschluss an die Machtübernahme Hitlers das Dirigat des "Parsifal" bei den Bayreuther Festspielen zurückgelegt hatte – dieses übernahm, was als Sympathiebekundung gewertet wurde.
Im Jahr 1926 konnte Richard Strauss an die Staatsoper als Gastdirigent verpflichtet werden. Insgesamt komponierte er 15 Opern, 60 bis 70 Orchesterwerke (darunter "Don Juan", "Tod und Verklärung", "Till Eulenspiegels lustige Streiche", "Also sprach Zarathustra", "Don Quixote", "Ein Heldenleben", "Eine Alpensinfonie"), Chorwerke, über 200 Lieder und zahlreiche Werke für Kammermusik.
Nach dem Erfolg seiner "Salome" (UA, Dresden 1905) hatte er eine Villa in Garmisch erworben; 1941 übersiedelte er nach Wien, 1947 wurde er österreichischer Staatsbürger.
Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe war Richard Strauss ab 1933 Präsident der Reichsmusikkammer. 1935 sah er sich allerdings gezwungen, diese Funktion zurückzulegen, da er sich für Stefan Zweig als Librettisten eingesetzt hatte. In Folge näherten sich Strauss und die NS-Spitze einander wieder an und 1936 gelangte seine "Olympia-Hymne" bei der Eröffnung der gleichnamigen Spiele zur Aufführung. Aufgrund Strauss‘ Ambition, seine künstlerischen Vorstellungen um jeden Preis durchzusetzen, blieb das Verhältnis zum NS-Regime allerdings bis zum Ende ambivalent. Dennoch wurde der als propagandistisch unverzichtbar erachtete Strauss 1944 sowohl auf die "Gottbegnadeten-Liste" als auch auf die Sonderliste der drei wichtigsten Musiker gesetzt.
1976 wurde in München die Richard-Strauss-Gesellschaft gegründet, die sich der Erforschung, Förderung und Pflege des Werks von Richard Strauss widmet (zahlreiche Veröffentlichungen seit 1977).
1981 wurde die Richard-Strauss-Straße im 23. Bezirk nach dem Komponisten benannt, ein Denkmal findet sich im Richard-Strauss-Hof.
Literatur
- Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 244
- Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 84–89
- Marijke van Ebbenhorst Tengbergen: De Richard Straussvilla in Wenen. 50 Jaar Nederlandse Residentie. Das Richard Strauss-Schlössl in Wien. 50 Jahre Niederländische Residenz. Wien: Selbstverlag 1999.
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
- Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 68
- Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830–1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138) (Künstlerwohnung), S. 169
- Ernst Krause: Richard Strauss. Gestalt und Werk. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1975
- Walter Deppisch: Richard Strauss. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1974 (Rowohlts Monographien 146)
- Erich Hermann Müller von Asow: Richard Strauss. Thematisches Verzeichnis. Wien [u. a.]: Doblinger 1955–1974
- Karl Schumann: Das kleine Richard Strauss Buch. Salzburg: Residenz 1970
- Franz Hadamowsky / Alexander Witeschnik: Hundert Jahre Wiener Oper am Ring [Jubiläumsausstellung]. Wien: Aktionskomitee 100-Jahr-Feier der Wiener Staatsoper 1969, S. 117 f.
- Marcel Prawy: Geschichte und Geschichten der Wiener Staatsoper. Wien [u. a.]: Molden 1969, S. 102 ff.
- Franz Grasberger: Richard Strauß und die Wiener Oper. Tutzing: Schneider 1969
- Willi Schuh [Hg.]: Richard Strauß. Briefwechsel mit Willi Schuh. Zürich [u. a.]: Atlantis-Verlag 1969
- Franz Grasberger: Richard Strauß. Hohe Kunst, erfülltes Leben. Wien: Rosenbaum 1965
- Hugo Riemann: Riemann Musiklexikon. Mainz: Schott 1959–1961
- Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u. a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 158
- Roland Tenschert: Richard Strauß und Wien. Eine Wahlverwandtschaft. Wien: Hollinek 1949
Einzelnachweise
- ↑ Marijke van Ebbenhorst Tengbergen: De Richard Straussvilla in Wenen. 50 Jaar Nederlandse Residentie. Das Richard Strauss-Schlössl in Wien. 50 Jahre Niederländische Residenz, Wien 1999, S. 6-9