Bürgerhaus
Als Bürgerhaus bezeichnet man das städtische Familienwohnhaus eines Bürgers. Teilweise konnten in diesen Häusern auch Werkstätten, Wirtschafts- oder Geschäftsräume untergebracht sein, die sich zumeist im Erdgeschoß befanden. Typischerweise grenzte die Fassade des Bürgerhauses direkt an die Straße mit lückenlos angeschlossenen weiteren Bürgerhäusern zu beiden Seiten.
Beim Begriff Bürgerhaus handelt es sich um einen kunsthistorischen Begriff, der einen städtischen Häusertypus von der Entstehung des Bürgertums im 12. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert beschreibt. Ihren Höhepunkt fanden die Bürgerhäuser in den Stilepochen der Romanik, der Gotik, der Renaissance und des Barock. Im Laufe des 19. Jahrhunderts verlor das Bürgerhaus an Bedeutung. Während zahlreiche wohlhabende Bürger in freistehende Villen am Stadtrabd zogen, setzte sich im dicht verbauten Gebiet das Zinshaus als neuer Typus durch.
Bürgerhäuser sind kein einheitlicher Typus, sondern spiegeln die soziale und wirtschaftliche Stellung der darin lebenden Bürger wider. Daher beschreibt dieser Begriff sowohl prunkvolle Patrizierbauten im Stadtzentrum ebenso wie kleinere Gebäude in den Vorstädten. Die Häuser haben den Bedürfnissen von Kaufleuten und Handwerkern zu entsprechen, wobei die Abgrenzung zum Bauernhaus oft schwierig ist. Auch Einflüsse des adeligen und kirchlichen Bauwesens sind zu finden.
Charakteristisch ist die ab 1250 im städtischen Bereich vermehrt angewandte Steinbauweise, die den Pfostenbau im Holzbau langsam ablöste. Gleichzeitig wurde die vormals aus eher kleineren Gebäuden bestehende lockere Bebauung durch zusammenfassende Baueinheiten ersetzt, wo es gerade im Stadtzentrum zu einer hohen Verdichtung kam.
Das Bürgerhaus im Stadtbild
Eine wichtige Quelle, um Fragen zur Giebel- und Traufenstellung der Dächer zu beantworten, sind die historischen Ansichten Wiens, die teilweise einen hohen Detailgrad aufweisen. Pläne wie die Vogelschau von Wien von Jakob Hoefnagel aus 1609 geben einen guten Eindruck davon, wie das Stadtbild in der Frühen Neuzeit ausgesehen hat. Die Häuser innerhalb der Stadtbefestigung waren überwiegend zumindest dreigeschoßige Giebelhäuser mit steilen Dächern. Eine Ausnahme bildeten größere Hofkomplexe, deren Dächer situationsbedingt traufständig waren. Höfe oder Laubengänge sind aufgrund der dichten Bauweise kaum erkennbar.
In den Vorstädten dominierten einstöckige Wohnhäuser, die großen Häuser in Massivbauweise befanden sich hier entlang der Hauptverkehrsrouten. Über die verwendeten Baumaterialien lässt sich meist nur spekulieren, generell dürften die größeren Häuser jedoch als Backsteinbau errichtet worden sein, die eher landwirtschaftlich genutzten Gebäude als Holzbau. Vereinzelt sind in diesen bildlichen Quellen auch Fachwerkbauten erkennbar.
Über die innere Aufteilung der frühesten Bürgerhäuser ist wenig bekannt, die Stube dürfte jedoch der zentrale Wohnraum gewesen sein. In der Stube, die je nach Status mehr oder weniger prunkvoll ausgestattet war, zum Beispiel mit geschnitzten Holzwänden, befand sich auch der Ofen. In gehobenen Bürgerhäusern finden sich im Laufe der Zeit neben der Wohnstube auch eine Schreibstube, eine Badstube oder eine Gästestube.
Beispiele
- Regensburger Hof: 15. Jahrhundert
- Zur Mariahilf: 15./16. Jahrhundert
- Zum gelben Adler: 17. Jahrhundert
- Urbanihaus: um 1715 (mit älteren Bauteilen)
- Dreimäderlhaus: um 1800
Literatur
- Johann Kräftner: Bürgerhäuser. Ensembles, Einzelbauten und Details in Österreich und den angrenzenden Gebieten seiner Nachbarländer. Wien 1984.
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus (=Österreichische Heimat 20), Wien 1957
- Rudolf Eitelberger von Edelberg / Heinrich Ferstel: Das bürgerliche Wohnhaus und das Wiener Zinshaus: ein Vorschlag aus Anlaß der Erweiterung der innern Stadt Wien's, Wien 1860
Weblinks
- Bürgerhaus, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte Labor [Stand: 17.01.2022]
- Bürgerhäuser (Spätmittelalter), in: Historisches Lexikon Bayerns [Stand: 17.01.2022]