Bürgerspitalbad
48° 12' 20.25" N, 16° 22' 21.11" E zur Karte im Wien Kulturgut
Bürgerspitalbad ("Bei der Himmelpforte", Konskriptionsnummer 965; 1., Himmelpfortgasse 6), auch "Himmelpfortbad" genannt.
Bürgerspitalbad
1314 wird dieses Bad erstmals erwähnt. Laut Czeike (Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien) kam es 1392 in den Besitz des Abts von Heiligenkreuz, doch sei der Verkauf vom Grundherrn (Schottenstift) angefochten worden. 1615 sei das Bad in das Eigentum des Bürgerspitals gekommen. Harrer (Paul Harrer: Wien, seine Häuser) hingegen schreibt, dass die Badstube bereits vor 1392 in den Besitz des Stifts Heiligenkreuz gekommen sei. Laut einer Urkunde vom 12. Juni 1392 habe das Stift Heiligenkreuz das gesamte Eigentum des Bürgerspitals um 700 Pfund Wiener Pfennig erworden, wobei nur 400 Pfund in bar bezahlt worden seinen und statt der restlichen 300 Pfund dem Bürgerspital das Bad überlassen worden sei. Die Anfechtung dieser Transaktion durch den Abt des Schottenstifts habe dazu geführt, dass ein Schadlosbrief ausgestellt worden sei, in dem die Ansprüche des Schottenstifts bestätigt wurden. Danach sei das Bad bis 1615 im Besitz des Bürgerspitals gestanden. Fest steht aber, dass die Bader bis 1615 nur Pächter waren. Zwischen 1628 und 1644 gehörte das Bad dem Himmelpfortkloster.
Heutiges Haus
In den 1720er Jahren wurde das Bad aufgelassen. Das Gebäude wurde abgetragen und durch das vierstöckige Barockhaus in der Art des Johann Lucas von Hildebrandt (reich ornamentierte Fassade, Fensterbekrönungen mit Kopfmasken, im Giebel des Mittelfensters über dem Portal Madonna auf Wolken) ersetzt, das auf einer Grundfläche von 845 Quadratmetern steht. 1792 kam es in den Besitz des Hoftraiteurs und bürgerlichen Kochs Ignaz Jahn und seiner Gattin Katharina. Er eröffnete hier das Restaurant "Jahns Traiteurie", in dem beste Tafelmusik gepflegt wurde. Unter anderem wurde in diesem Lokal am 6. April 1797 Beethovens Quintett opus 16 ("Quintett auf dem Fortepiano mit 4 blasenden Instrumenten akkompagnirt") uraufgeführt. Im ersten Stock befanden sich Souper- und Spielzimmer sowie ein Salon. Bei Tanzveranstaltungen wurden pro Paar fünf Gulden Eintritt verlangt, wofür man aber die ganze Nacht über mit warmen und kalten Speisen und Getränken bedient wurde, bei den Redouten musste dieser Service extra bezahlt werden. Berühmt waren auch die "Privatpiqueniques", bei denen die eigene Hauskapelle (rote Uniformen mit goldenen Borten) aufspielte. Außerdem wurden Kinder- und Wohltätigkeitsbälle abgehalten. 1802 trat hier der Clown Basilius Bohdanowicz auf und spielte mit seiner Familie achthändig auf einem Klavier.
Das Lokal bestand bis in die 1820er Jahre, danach wurde ein Kaffeehaus eröffnet, dessen Türbalken von zwei lebensgroßen Figuren geschmückt wurden, die 1827 vom Historienmaler Erasmus Engerth geschaffen worden waren. Eine stellte den angeblich ersten Wiener Kaffeesieder Georg Franz Koltschitzky dar. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Café durch Johann Zizula umgestaltet. Später erhielt es den Namen Café Frauenhuber, den es noch heute führt.
Das Haus selbst wurde am 12. April 1832 vom Historienmaler Johann Nepomuk Ender und dessen Frau erworben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte es den Namen "Zum Hopfenstock". 1877 wurde das Gebäude renoviert. Im Häuserkataster von 1885 ist es als Eigentum der "Wiener Versicherungsgesellschaft" ausgewiesen (wann dieser Kauf stattfand, ist nicht bekannt, da die entsprechenden Grundbücher beim Brand des Justizpalastes im Jahr 1927 vernichtet wurden). Mit Vertrag vom 26. Oktober 1898 wurde es vom Staat angekauft und adaptiert. Seither sind hier Abteilungen des Finanzministeriums untergebracht, das seit 1848 im angrenzenden ehemaligen Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen seinen Sitz hat.
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
- Restaurant "Jahns Traiteurie"
- Café Frauenhuber
Literatur
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 56
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 585
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 2: Die Gemeinde, ihre Verwaltung und sozialen Belange, Wirtschaftsleben, Handel, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, Volkskunde, Naturwissenschaft, Klimatologie, Meteorologie, Naturereignisse, Varia und Kuriosa. Wien: Jugend & Volk 1955, S. 52 (Himmelpfortbad)
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 1. Teil. Wien ²1955 (Manuskript im WStLA), S. 188-192