Brigittaspital
48° 14' 24.71" N, 16° 22' 46.04" E zur Karte im Wien Kulturgut
Brigittaspital (20., Stromstraße 72, heute Stromstraße 34), ehemaliges Spital und "Entbindungsheim“ der Stadt Wien (heute: Schülerheim).
Geschichte bis 1945
Nachdem 1901 vom Verein "Verein Lucina für Begründung und Erhaltung von Wöchnerinnenasylen" das Kaiserin Elisabeth-Wöchnerinnenheim (10., Knöllgasse 22-24) eröffnet worden war, wurde 1914 dasauf städtischem Grund erbaute Spital "Lucina Entbindungs- und Operationsheim für arme Frauen" als Entbindungs- und Operationsheim für arme Frauen mit ursprünglich 37 Betten im Oktober 1914 in Betrieb genommen. 1924 wurde es wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten von der Gemeinde Wien übernommen und daraufhin von dieser modernisiert und erweitert. Als verantwortlicher Architekt fungierte Josef Joachim Mayer; die Fassadenlösung galt als unkonventionell, jedoch funktionsgerecht. Am 18. Oktober 1926 wurde die Anstalt, um ein Ambulatorium und eine Mutterberatungsstelle erweitert, als rein geburtenhilflich-gynäkologisches "Entbindungsheim der Stadt Wien - Brigittaspital" wieder eröffnet (Kapazität: 123 Betten). Die Finanzierung des laufenden Spitalsbetriebs erfolgte durch die von der Gemeinde Wien unter Finanzstadtrat Hugo Breitner eingeführte zwei-, später vierprozentige Fürsorgeabgabe.
Am 16. Mai 1930 wurde Friedrich Gulda hier geboren.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde Margarethe Lorenz, die Ehefrau von Konrad Lorenz, als kommissarische Leiterin des Brigitta-Spitals eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude schwer beschädigt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Von 1945 bis 1955 wurde das Brigitta-Spital von der sowjetischen Besatzungsmacht requiriert. Danach stand das Gebäude leer; im Zuge des ungarischen Aufstands von 1956 diente es als Heim für Ungarnflüchtlinge. 1958/1959 erfolgte schließlich auf Vorschlag des Wiener Stadtschulratspräsidenten Leopold Zechner die Umwandlung in ein Schülerheim. Das am 9. Oktober 1959 von Bürgermeister Franz Jonas offiziell eröffnete, vom Verein "Erziehungsheime“ geleitete Internat war das erste in Österreich, in dem beide Geschlechter sowie körperbehinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam in einem Gebäude betreut wurden. Es bot als integrative Einrichtung Platz für insgesamt 175 Personen.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Wien/Stadtbauamtsdirekton (Hg.): Das Entbindungsheim der Stadt Wien, "Brigittaspital" im 20. Bez., Stromstrasse. Wien: Gemeinde Wien (ca. 1926)
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Brigittaspital
Literatur
- Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Wien: Jugend & Volk 1959 (Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien, 2) (Wiener Schriften, 11), S. 255 ff.
- Das Entbindungsheim der Stadt Wien "Brigittaspital". Wien: Eigenverlag 1927
- Das neue Wien. Städtewerk. Hg. unter offizieller Mitwirkung der Gemeinde Wien. Wien: Elbemühl 1926-1928, Band 3, S. 43 f.
- Roland P. Herold: Brigittenau – Von der Au zum Wohnbezirk. Wien: Mohl Verlag 1992
- Anton Holzer: Elly Niebuhr – Fotografien aus Wien. Alltag und Haute Couture. Wien [u.a.]: Böhlau Verlag 2009, S. 24 ff.
- Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919–1934. 2., vollkommen überarb. Auflage. Wien: Promedia 2002, S. 424 f.