Arbeiter-Krankenversicherungskasse Wien
48° 12' 48.04" N, 16° 22' 5.07" E zur Karte im Wien Kulturgut
Arbeiter-Krankenversicherungskasse Wien. Die Krankenversicherungs-Gesellschaft 1888 enthielt in dem die Bezirkskrankenkassen behandelnden Abschnitt die Bestimmung, dass für jeden Gerichtssprengel eine eigene Bezirkskrankenkasse zu errichten sei, dass aber die politischen Behörde auch für mehrere Gerichtsbezirke eines Landes eine gemeinsame Kasse errichten könne. Von den im Gesetz vorgeschriebenen fünf Kassenkategorien hatten in Wien drei (Bezirks-, Genossenschafts- und Vereinskrankenkassen) wesentliche Bedeutung. Da die Gebiete jenseits der Donau zum Zeitpunkt der Realisierung des Gesetzes noch nicht eingemeindet waren, entstanden die Wiener und die Floridsdorfer Bezirkskrankenkasse. Die älteste und größte Vereinskrankenkasse war die Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskasse in Wien (gegründet 1868 vom Arbeiterbildungsverein), daneben (vornehmlich für Angestellte) die "Einigkeit" (seit 1927 Versicherungskasse für Industrieangestellte), die "Collegialität" (eine Wahlkrankenkasse) und die (unbedeutende) "Aurora".
Genossenschaftskrankenkassen gab es um 1900 etwa 100, von denen sich manche sehr lange behaupteten. Das Kassenkonzentrationsgesetz 1919 und das Kassenorganisationsgesetz 1929 brachten eine wesentliche Veränderung. Die Wiener und die Floridsdorfer Bezirkskrankenkasse, die Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskasse sowie die noch bestehenden rund zwei Dutzend Genossenschaftskrankenkassen wurden zur Arbeiterkrankenversicherungskasse zusammengeschlossen, wobei sich Sekretär Stefan Huppert besondere Verdienste erwarb. Obmann der neuen Kasse wurde der ehemalige Obmann der Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskasse, Präsident des Nationalrats Matthias Eldersch, einer der Kenntnisreichsten auf dem Gebiet der Sozialversicherung.
Unter Mithilfe von Finanzstadtrat Hugo Breitner gelang es, für die neue Kasse das Gebäude der Verkehrsbank 1, Wipplingerstraße 28, Renngasse 18 (erbaut 1880-1883 von Friedrich Schachner) anzukaufen und zu adaptieren (wobei die Gegner des Sozialversicherungssystems erstmals von einem "Krankenkassenpalast" sprachen). Im Juni 1928 erfolgte die Betriebsaufnahme des zentralisierten Instituts.
Die Kasse verfügte über 20 Ambulatorien für Erwachsene und elf Kinderambulatorien. Nach einem Rückschlag nach dem Februar 1934 kam es 1938 im Zuge der Einführung des deutschen Sozialversicherungsrechts in Österreich erstmals zu einer Einheitskrankenkasse, in der sowohl die versicherungspflichtigen Arbeiterinnen und Arbeiter wie Angestellten erfasst wurden (Wiener Gebietskrankenkasse).
Literatur
- J. P.: Wie es zur Gründung der Arbeiterkrankenversicherungskasse Wien kam. In: Soziale Sicherheit 9 (1956), S. 148 ff.