Bund der religiösen Sozialisten (BRS)
Bund der religiösen Sozialisten (BRS), sozialdemokratische Vorfeldorganisation, die eine Vermittlung sozialistischer und christlicher Zielsetzungen anstrebte.
Gründung
Der Bund der religiösen Sozialisten (BRS) wurde im Jahr 1926 gegründet mit dem erklärten Ziel gegründet, die (sozial-)politischen Berührungspunkte zwischen christlichen und sozialistischen Wertvorstellungen herauszuarbeiten und vor diesem Hintergrund eine gemeinsame Operationsbasis für sozialistisch gesinnte Christen bzw. christliche Sozialisten sicherzustellen. Der BRS bewegte sich damit auf der Grundlage des Linzer Programms der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) von 1926. Hier wurde postuliert, dass die SDAP keineswegs die religiösen Überzeugungen der einzelnen Individuen, wohl aber die Kirchen und Religionsgemeinschaften bekämpfe, „welche ihre Macht über die Gläubigen dazu benützen, dem Befreiungskampf der Arbeiterklasse entgegenzuwirken und dadurch die Herrschaft der Bourgeoisie zu stützen“.
Vorsitzender des BRS war der Metallarbeiter Otto Bauer, im Unterschied zum stellvertretenden Parteivorsitzenden der SDAP der „kleine Otto Bauer“ genannt. Im Jahr 1933 versuchte der BRS vergeblich, die Kirche als Vermittlerin zwischen Regierung und sozialdemokratischer Arbeiterbewegung zu gewinnen. Als Folge des österreichischen Bürgerkriegs 1934 (Februarkämpfe) wurde der BRS wie alle Vorfeldorganisationen der SDAP vom austrofaschistischen Regime aufgelöst und verboten. Otto Bauer emigrierte schließlich im Jahr 1938 in die USA.
Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg
Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete eine Zäsur in den Beziehungen zwischen der offiziellen Kirchenführung und der Sozialdemokratie. Während erstere ihre in der Zwischenkriegszeit an den Tag gelegte feindselige Haltung gegenüber der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung nivellierte, nahm auch die SPÖ eine zunehmend tolerantere Position gegenüber der Kirche ein. Dennoch herrschte in weiten Teilen der jeweiligen Organisationen gegenseitige Skepsis weiterhin vor.
Zu einer institutionellen Wiederbelebung des BRS kam es jedoch nicht. Ausgehend von einem 1951 am Institut für Wissenschaft und Kunst etablierten Kreis um Albert Massiczek und August Zechmeister („Arbeitsgemeinschaft für Kirche und Sozialismus“), der sich um die Vermittlung zwischen Arbeiterbewegung und Kirche bemühte, erfolgte im Jahr 1959 die Konstituierung der „Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Katholiken“ innerhalb der SPÖ. Dies war ein Verdienst von Justizminister Otto Tschadek (selbst sozialistischer Katholik) und Zentralsekretär Alois Piberger, während Teile des Parteivorstands und viele Funktionäre mit Vorbehalten reagierten.
Aus der „Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Katholiken“ entstand nach dem Beitritt von Angehörigen anderer christlicher Konfessionen im Jahr 1967 schließlich die „Arbeitsgemeinschaft für Christentum und Sozialismus“ (ACUS), wobei zehn Jahre später die Präposition „für“ entfiel und nach einem weiteren Jahrzehnt „Sozialismus" durch „Sozialdemokratie" ersetzt wurde.
Quellen
Literatur
- Josef Außermair: Kirche und Sozialdemokratie. Der Bund der religiösen Sozialisten 1926– 1934. Wien: Europa-Verlag 1979
- Gerhard Steger: Zum Verhältnis von Christentum und Sozialismus in Österreich. Wien: Univ. Diss. 1980
- Gerhard Steger: „Der Brückenschlag“. Katholische Kirche und Sozialdemokratie in Österreich. Wien [u.a.]: Verlag Jugend und Volk 1982
- Gerhard Steger: Rote Fahne, schwarzes Kreuz. Die Haltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs zu Religion, Christentum und Kirchen von Hainfeld bis 1934. Wien [u.a.]: Böhlau 1987