Charlotte Boskovits
Charlotte Boskovits, * 2. November 1872 Wien, † 1945 St. Gallen, Industriellengattin.
Biografie
Charlotte Boskovits wurde als Charlotte Pollak in Wien als drittes Kind des Ehepaares Wilhelm und Johanna (Jenny, geb. Kafka) Pollak nach den Brüdern Jacques Pal (1868 - 1956) und Felix (1869 -) geboren. Wilhelm Pollak war erfolgreicher Textilfabrikant. Zunächst war er Gesellschafter, später Eigentümer der Firma Jacob Pollak & Söhne, die auch in Budapest eine Niederlassung hatte. Vermutlich besuchte Charlotte eine höhere Mädchenschule und erhielt, wie in großbürgerlichen Kreisen üblich, eine gründliche musische Ausbildung. Am 8. Juni 1897 heiratete sie mit einer namhaften Mitgift ausgestattet den Industriellen Friedrich Boskovits. 1897 wurde die Tochter Maria, genannt Mary, geboren. 1908 kam ihre Schwester Alice auf die Welt. Die Familie wohnte damals der Wohnung in der Frankgasse 1/12, die Innenarchitektur stammte von Adolf Loos. Nachdem schon Mary anlässlich ihrer Hochzeit mit dem Beamten Friedrich Pal 1919 aus dem Judentum ausgetreten war, konvertierten auch Charlotte und ihre jüngere Tochter Alice 1924 zum evangelischen Glauben.
Im selben Jahr heiratete Alice den aus einer Schweizer Industriellenfamilie stammenden Hans Otto Wessner. 1927 bezogen Charlotte und Friedrich Boskovits mit dem jungen Paar und dem 1926 geborenen Enkelsohn Friedrich eine größere Wohnung in der Bartensteingasse 9. (heute (heute Loos-Räume der Wienbibliothek im Rathaus)
Friedrich Boskovits starb 1936. Charlotte war seine Universalerbin. Sie wiederum überschrieb im darauffolgenden Jahr namhafte Vermögensanteile an ihren Schweizer Schwiegersohn Hans Otto Wessner und hat sie so rechtzeitig dem Zugriff des NS-Regimes entzogen. Die familiäre Beziehung zu einem Schweizer Staatsbürger ermöglichte ihr und ihrer Tochter auch die Ausreise nach St. Gallen, wo sie ab 1939 ausschließlich lebten.
Literatur
- Sylvia Mattl-Wurm [Hrsg.]: "Jeder sei sein eigener Dekorateur". Zur Geschichte der Loos-Räume in Wien I., Bartensteingasse 9. Wien: Metroverlag / Wienbibliothek im Rathaus 2013