Christine Touaillon
Christine Touaillon, * 27. Februar 1878 Iglau (Jihlava, Tschechische Republik), † 15. April 1928 Graz, Literaturhistorikerin, Schriftstellerin.
Biographie
Christine Auspitz war die Tochter des späteren k. u. k. Generalmajors Leopold Auspitz und seiner Gattin Henriette, geborene Eggenberg. Ihre Affinität zur Literatur war ein Erbteil des Vaters, der sowohl selbst schriftstellerisch produktiv war, als auch als Herausgeber belletristischer Anthologien hervortrat. Die Mutter Henriette starb 1895 mit 49 Jahren, als Christine Auspitz 17 Jahre alt war. Christine Auspitz absolvierte die Volksschule und Bürgerschule in St. Pölten, dann die höhere Töchterschule und die Lehrerinnenbildungsanstalt des k. u. k. Zivilmädchenpensionates.
Sie erwarb dort 1897 die Lehrbefugnis zum Unterricht an öffentlichen Volksschulen. Neben ihrer Unterrichtstätigkeit als Lehrerin inskribierte sie 1897 als außerordentliche Hörerin, um Literaturgeschichte zu studieren. Daneben nahm sie Privatunterricht, um das Gymnasium nachzuholen. Im Sommer 1902 maturierte sie am Staatsgymnasium in Salzburg und inskribierte im Herbst des gleichen Jahres an der Wiener Universität als ordentliche Hörerin. 1904 heiratete Christine Auspitz den Juristen Heinrich Touaillon und zog mit ihm nach Vorau in die Steiermark. Ein Jahr nach ihrer Verehelichung und Übersiedlung promovierte sie bei dem Germanisten Jakob Minor in Wien über "Zacharias Werners Attila König der Hunnen. Eine romantische Tragödie". Mangels einer geeigneten Bibliothek betrieb sie in ihrer Vorauer Zeit Privatstudien anhand der ihr zugänglichen Literatur: Sie beschäftigte sich mit damaliger Gegenwartsliteratur, mit der Geschichte der deutschen Kinderliteratur und schrieb für verschiedene Zeitschriften. Sie veröffentlichte unter anderem in der Zeitschrift "Wissen für Alle“ und gab zunächst gemeinsam mit Auguste Fickert die Zeitschrift "Neues Frauenleben“ heraus.
Nach ihrer Übersiedlung nach Stainz begann sie im Herbst 1910 an der ersten Gesamtdarstellung des deutschen Frauenromans des 18. Jahrhunderts zu arbeiten, die 1919 im Verlag Wilhelm Braumüller erschien, und die sie im gleichen Jahr erstmals an der philosophischen Fakultät in Graz als Habilitationsschrift vorlegte. Eine Kommission der philosophischen Fakultät Graz legte in der Vollzugsanweisung vom 20. September 1920 fest, die Anforderungen an die weiblichen Habilitationsbewerberinnen deutlich höher zu setzen als für die männlichen Bewerber. Im Oktober 1920 zog sie ihren Antrag zurück und reichte ihr Gesuch in Wien ein. 1921 habilitierte sie als eine der ersten weiblichen akademischen Lehrerinnen an der Universität Wien. Auch auf sozialem Gebiet entfaltete Christine Touaillon eine vielgestaltige Tätigkeit. Sie war Vizepräsidentin der Internationalen Liga für Frieden und Freiheit und Ausschussmitglied der Ethischen Gemeinde; sie widmete sich den Interessen der Volksbildung in zahlreichen Vorträgen und fand daneben noch Zeit für wissenschaftliche Arbeiten.
2012 wurde in der Seestadt Aspern die Christine-Touaillon-Straße nach der Literaturhistorikerin benannt.
Quellen
Literatur
- Hanna Bubenicek: Wissenschaftlerin auf Umwegen: Christine Touaillon, geb. Auspitz (1878–1928). Versuch einer Annäherung. In: Beate Frakele [Hg.]: Über Frauenleben, Männerwelt und Wissenschaft. Österreichische Texte zur Frauenforschung. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1987, S. 5–17
- Michaela Gigerl: Christine Touaillon, geb. Auspitz (1878–1928). In: Laufschritte 1 (1995), S. 22–24.
- Rainer Leitner: Christine Touaillon, geb. Auspitz : Gelehrte und Feministin (1878–1928). In: Alois Kernbauer [Hg.]: Frauenstudium und Frauenkarrieren an der Universität Graz. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1996, S. 210–247
- Hanna Schnedl-Bubenicek: Wissenschaftlerin auf Umwegen: Christine Touaillon, geb. Auspitz (1878–1928). Versuch einer Annäherung. In: Unterdrückung und Emanzipation. Festschrift für Erika Weinzierl zum 60. Geburtstag. Wien: Geyer-Edition 1985, S. 69–81
- Gertrud Simon: "Durch eisernen Fleiß und rastloses, aufreibendes Studium". Die Anfänge des Frauenstudiums in Österreich. Pionierinnen an den Universitäten Wien und Graz. In: Ilse Brehmer [Hg.]: Geschichte der Frauenbildung und Mädchenerziehung in Österreich. Ein Überblick. Graz: Leykam 1997, S. 205–219