Erdbeben
Wien wurde seit dem Mittelalter des öfteren von Erdbeben heimgesucht, allerdings lag das Epizentrum niemals im engeren Stadtgebiet.
Die älteste Nachricht stammt aus dem Jahr 1267. Für den 29. Oktober sind zwei Erdbeben in kurzer zeitlicher Abfolge belegt: Eines mitten in der Nacht, eine weiteres beim ersten Hahnenschrei. Für den 25. November ist ebenfalls ein Erdbeben, begleitet von Donner, Blitz und starkem Nebel belegt. Im Jahr 1443 gab es ein Erdbeben, dass unter anderem Beschädigungen an der Schottenkirche verursachte. Eine spätere Quelle berichtet über ein Erdbeben am 1. Juni 1485 (nach dem Einzug des Matthias Corvinus). Durch das Erdbeben am 15./16. September 1590 (Epizentrum Neulengbach, Tullnerfeld, Niederösterreich) wurden der Stephansdom, die Michaelerkirche (Einsturz der Turmkrone), Jesuiten- und Schottenkirche sowie der Gasthof „Zur roten Sonne" (1, Rotenturmstraße) zum Teil schwer beschädigt; man schätzt die Stärke des Bebens aufgrund der vorliegenden zeitgenössischen Berichte auf eine Stärke von VII-VIII Seismische Intensitätsskale. 1734 hatte ein Erdbeben seinen Herd bei Baden-Gumpoldskirchen, am 27. Februar 1768 im Raum Bad Fischau-Brunn-Wiener Neustadt (Starkbeben mit Schäden in Wien), 1794 bei Leoben, Steiermark. Kleinere Erdbeben kennen wir aus den Jahren 1873 (Eichgraben), 1875 (östlich von Altlengbach) und 1876 (Scheibbs). Weiter von Wien entfernt wurde am 1. Mai 1885 ein Erdbeben mit dem Epizentrum in Kindberg registriert. Das Erdbeben von 1895 ist als "Neulengbacher Beben" bekannt geblieben. 1907 gab es Erdbeben mit Herden in den Räumen von Admont und Kindberg. Im 20. Jahrhundert gab es Erdbeben in Kirchberg/Wechsel (22. Dezember 1920), Schwadorf, Niederösterreich (8. Oktober 1927, Starkbeben mit leichten Schäden in Wien), Ebreichsdorf, Niederösterreich (8. November 1938) und Puchberg am Schneeberg, Niederösterreich (18. September 1939). Nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Erdbeben am 16. April 1972 (Seebensteiner Starkbeben, Gebäudeschäden in Wien) und 15. April 1984 zu nennen. Am 11. Juli 2000 wurde Ostösterreich und damit auch Wien von einem Erdbeben betroffen, das eine Stärke von 4,8 auf der Richter-Skala erreichte.
Die Akademie der Wissenschaften gründete 1895 zur Erdbeben-Forschung eine "Erdbeben-Kommission", die Seismographische Stationen einrichtete (unter anderem 1902 in Wien). 1914 wurde die Wiener Station mit dem Erdbeben-Dienst und dem Erdbeben-Archiv der Meteorologischen Anstalt übergeben, die seither den Namen „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik" führt. 1952 wurde die Geophysikalische Kommission der Akademie der Wissenschaften gegründet.
Literatur
- Rolf Gutdeutsch [u.a.]: Erdbeben als historisches Ereignis. Die Rekonstruktion des Bebens von 1590 in Niederösterreich. Berlin [u.a.]: Springer 1987
- Heinrich Berg: Das Erdbeben von 1590. In: Wiener Geschichtsblätter. Band 45. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1990, S. 166 ff.
- Rolf Gutdeutsch / Kay Aric: Erdbeben im ostalpinen Raum. Beobachtungsmethoden und tektonische Deutungsversuche. Wien: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1976 (Arbeiten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, 19)
- Heimatjahrbuch Wien-Mauer 24 (1990) (darin chronologische Auflistung auch unbedeutender, jedoch im Wiener Raum wahrgenommener Beben)
- Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitgenossen berichten. 1995