Rotenturmstraße
48° 12' 37.68" N, 16° 22' 28.55" E zur Karte im Wien Kulturgut
Rotenturmstraße (1.), benannt (1862) nach dem Roten Turm, zu dem sie führte. Ursprünglich hatten die einzelnen Abschnitte der Rotenturmstraße verschiedene Bezeichnungen:
- Das Teilstück zwischen Stephansplatz und Lugeck hieß zwischen 1367 und 1547 Am Lichtensteg; für die heute ungerade nummerierten Hausfronten galten daneben die Bezeichnungen Gegenüber St. Stephanspfarrhof (1393) beziehungsweise -propsthof (1418), Bischofshof (1483) und Erzbischofshof (1776); 1796-1862 hieß der Abschnitt Bischofsgasse.
- Das Teilstück zwischen Lugeck und Fleischmarkt hieß schon 1288 und noch 1848 Haarmarkt (= Flachsmarkt).
- Das (ursprünglich sehr enge und steile) Teilstück zwischen Fleischmarkt und Franz-Josefs-Kai (1830-1837 wurde die Passage durch den Abbruch einiger Häuser und eine zurückgenommene Baulinie erleichtert) wurde schon 1288 Beim Roten Turm genannt, 1563 und 1776 Gegen den Roten Turm; daneben galten die Bezeichnungen Auf dem Steig (1547, 1710; Kennzeichnung des Geländeabfalls gegen die Donau), ab 1786 auch Rotenturmgasse beziehungsweise Rotenturmstraße.
- Die platzartige Erweiterung vor den heutigen Hausfronten Nummer 21 und 23 hieß Rabensteig (Rabenplatz); dort stand 1404 und noch 1438 ein Fächtbrunnen (fechen [auch fachen, vechen] = eichen von Hohlmaßen). In der Rotenturmstraße standen verschiedene große Gasthöfe (beispielsweise Zum goldenen Hirsch, Zur goldenen Sonne, Zum goldenen Wolf).
- Das Ende der Rotenturmstraße, das dem Donaukanal zugekehrt war, hieß "auf dem fleckh da man den Salczhandel treibt".
Gebäude
- Nummer 1 (Brandstätte 2): bis 1945 Thonethof;
- Nummer 1-3: Zum Primas von Ungarn bzw. Kennedyhof (Gedenktafel für J. F. Kennedy). Neubau und Adaptierung (Portal und Inneneinrichtung) der Zweigstelle der Creditanstalt-Bankverein durch Carl Appel (1962-64).
- Nummer 2: Bischofshof, Erzbischöfliches Palais, Propsthof.
- Nummer 4: Laderhof.
- Nummer 6 (Lugeck 7): Großer Federlhof.
- Nummer 8: Germaniahof.
- Nummer 11: "Zum goldenen Einhorn".
- Nummer 12: Restaurant "Zur Linde"; am Eingang zwei Bronzereliefs (Wien um die Mitte des 15. Jahrhunderts), beim Abgang zum Restaurant ist rechts eine beim Abbruch des Vorgängerbaus (1876) aufgefundene Inschrifttafel (1453) eingemauert, die auf die in diesem Jahr fertiggestellte Hauskapelle Bezug nimmt (Tympanonrelief derselben im Historischen Museum Wien).
- Nummer 13: Ertlsches Stiftungshaus.
- Nummer 14: Zum goldenen Stern (erbaut 1840/1841 nach Plänen von Josef Kornhäusel, im Hof Wandbrunnen, Balkongitter).
- Nummer 15: Sterbehaus Johann Lukas von Hildebrandts. Das heutige Gebäude ist 1935 mit Unterstützung des Wiener Assanierungsfonds entstanden.
- Nummer 16: Langes Haus, Durchhaus zur Köllnerhofgasse, in dem sich ein berüchtigtes unterirdisches Schanklokal, der Mirakelkeller, befand; 1843 wurde das Lange Haus in modernem Stil umgebaut, der Hofraum mit Glas gedeckt und in den "Kölner-Hof-Basar" umgewandelt.
- Nummer 18: Österreichischer Hof (ehemals Zum goldenen Wolf).
- Nummer 19: Maut- und Waaghaus, Van-Swieten-Hof.
- Nummer 20 (Fleischmarkt 1): Zum goldenen Hirschen, Reiner Hof. Hier befand sich 1883-1989 die erste Rettungsstation (Rettungswesen, sub 4). Geburtshaus von Franz Schalk (Gedenktafel am Neubau, 1963); Wohnhaus von Adele Sandrock. Residenzpalast (erbaut 1909/1910), Warenhaus Orendi, Kammerspiele (ehemals Residenztheater).
- Nummer 21 (Rotgasse 10): Zu den drei Raben. Am Neubau Gedenktafel für den griechischen Lyriker und Freiheitshelden Konstantinos Rigas (* 24. November 1757 Velestinon, Thessaloniki, † 17. Juni 1798 Belgrad Hinrichtung), dessen revolutionäre Schriften zur Befreiung der Griechen und der Balkanvölker in der Druckerei des Markides Puliu (die sich im Vorgängergebäude befand) gedruckt wurden. Wohnhaus von Marie von Ebner-Eschenbach. Am Neubau keramischer Fassadenschmuck (Mann und Frau).
- Nummer 23: An der Hauswand großflächiges Mosaik mit Darstellung des Roten Turms.
- Nummer 24: ehemals Hotel Habsburg.
- Nummer 25: "Zum schwarzen Elefant".
- Ehemals Nummer 26 (Adlergasse 1, Franz-Josefs-Kai 21): Müllersches Gebäude (seit 1945 unverbaut).
- Ehemals Nummer 37: Schab-den-Rüssel-Haus; Paradis, Maria Theresia.
Pfarrzugehörigkeit bis 1938
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
- ab 1863: ungerade Orientierungsnummern (ONr.) 1-39 und gerade ONr. 2-22: Pfarre St. Stefan; gerade ONr. 24-26: Pfarre Dominikaner
- ab 1908: ungerade ONr. ab 1 und gerade ONr. 2-18: Pfarre St. Stefan; gerade ONr. 20-26: Pfarre Dominikaner
Neugestaltung 2019
Von Juni bis November 2019 wurde die Rotenturmstraße neugestaltet. Bei zwei Dialogveranstaltungen im Herbst 2018 wurden Ideen, Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung gesammelt.
Der gesamte Straßenbereich wurde auf einer Ebene ausgestaltet. Fußgängerinnen und Fußgänger bekommen dadurch mehr Platz. Autos und Busse können weiterhin die Straße benutzen. Ladezonen, Garagen und Taxistandplätze bleiben erhalten. Das Radfahren ist in beide Richtungen zwischen Schwedenplatz und Lichtensteg möglich. So entstand im Herzen Wiens eine Straße nach dem Modell einer Begegnungszone. Dort sind alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt, Fußgängerinnen und Fußgänger dürfen die gesamte Straße benutzen. Tempo 20 sorgt für maximale Verkehrssicherheit. 16 neue Japanische Schnurbäume, vier Brunnen und eine helle Ausgestaltung sorgen für Kühlung im Sommer.
Die Gesamtkosten des Projekts betrugen rund 11 Millionen Euro.
Bilder
Quelle
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Presse- und Informationsdienst, FC2: 56170/1d
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Rotenturmstraße
Literatur
- Josef Bergauer: Das klingende Wien. Erinnerungsstätten berühmter Tondichter. Wien: Günther 1946, S. 25, S. 26, S. 69
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 143 ff.
- Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
- Auguste Groner: So war mein Wien. S. 13, S. 23 ff., S. 89 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 478
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 626
- Robert Mucnjak: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. Wien: Der Museumsverein Innere Stadt 1980 (Schriftenreihe des Bezirksmuseums, 3)
- Hans Pemmer, Ninni Lackner: Die Rotenturmstraße. In: Wiener Geschichtsblätter 25. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1970, S. 6 ff., S. 35 ff
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 87
- Andreas Suttner: Das schwarze Wien. Bautätigkeit im Ständestaat. Wien: Böhlau 2017
- Karl Uhlirz: Das Haus Wien, Rotenturmstraße 19. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Alterthumsverein zu Wien 1884-1918. Band 11, 1894, S. 85 f.
- Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 72
- Siegfried Weyr: Wien. Magie der Inneren Stadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 179 ff.