Fleischmarkt

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Griechenbeisl (1., Fleischmarkt 11) (1953)
Daten zum Objekt
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48° 12' 38.60" N, 16° 22' 35.13" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Fleischmarkt (1.).

Fleischmarkt 14 (Juni 2019)
Fleischmarkt 19 (Juni 2019)

Der Fleischmarkt im Mittelalter

Er gehört zu den ältesten Straßenzügen im babenbergerischen Stadterweiterungsgebiet und wird bereits 1220 als "carnifices Viennensis" erwähnt. Hier war nicht nur der älteste Marktplatz für Fleisch, sondern zugleich auch der älteste Sitz der Fleischhacker; nach der Metzgerordnung von 1333 hatten die Metzger hier ihr Innungshaus. Vor 1256 wird der Fleischverkauf auf den Lichtensteg verlegt; 1285 findet sich erstmals die Bezeichnung "Alter [ehemaliger] Fleischmarkt" ("domus in antiquo foro carnium"), doch erfolgte die Benennung nicht einheitlich (1314 "in foro carnium"). In der Metzgerordnung von 1333 wird am Fleischmarkt das Innungshaus erwähnt; unter den Hausbesitzern lassen sich noch bis ins 15. Jahrhundert unter den hier ansässigen reichen Patriziern viele Fleischhauer nachweisen (etwa die Familie Öczestorffer). Das Aussehen der Gegend veränderte sich durch die Errichtung der (Alten) Universität südlich des Ostendes des Straßenzugs (Studentenhäuser, Sesshaftigkeit gelehrter Gewerbe). Um diese Zeit beschränkte sich die Bezeichnung "Alter Fleischmarkt" auf den Teil zwischen Hafnersteig und Dominikanerkloster.

In unruhigen Zeiten (beispielsweise um 1450/1460) waren die "Koderien" (Speisehäuser) des Fleischmarkts, die sich mitten unter den Fleischerhäusern befanden, Sammel- und Tummelplätze vieler aufrührerischer Elemente. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurden auch die an den (alten) Fleischmarkt grenzenden Häuser in der Drachen-, Wolfen-, Griechen- und Postgasse sowie des Laurenzersteigs zum Fleischmarkt gerechnet; die Drachengasse hieß "Gässel beim Fleischmarkt", der Steyrerhof "Hinter dem alten Fleischmarkt auf der Höhe".

Neuzeit

1683 litt der Fleischmarkt stark unter dem türkischen Beschuss von der Leopoldstadt her. Eine Zeitlang wurde auf dem Fleischmarkt auch der Holzmarkt abgehalten, bis er 1742 in die Roßau verlegt wurde. 1759 stieß man bei Fundamentierungsarbeiten auf ergiebige Römerfunde (Steinsärge).

Von Bedeutung wurde im 18. Jahrhundert (insbesondere nach dem Frieden von Passarowitz 1718) der Zuzug von Griechen, in deren Händen der ganze Handelsverkehr nach dem Balkan und in die Levante lag und durch die ein neues Bevölkerungselement auftaucht; die Spuren sind noch heute deutlich erkennbar (Nummer 11: Griechenbeisl; Nummer 13: Griechisch-orientalische Kirche; Nummer 20-22: Wohnpalais des griechischen Bankiers, Handelsmannes und königlich-griechischen Gesandten Simon Georg Freiherr von Sina). Gleichzeitig wurde der Straßenzug, der bis heute einige im Baukern gotische Häuser aufweist (Nummer 3, Fundamentierung; Nummer 9, Zur Mariahilf; Nummer 11, Zum roten Dachel), zum Teil barockisiert (etwa Nummer 15, Schwindhof).

19. und 20. Jahrhundert

Anfang des 19. Jahrhundert entstanden neue Häuser am Ostende des Straßenzugs (etwa Nummer 16, 20-22). 1848 führte die Straße während der Revolution kurze Zeit die Bezeichnung "Barrikadenstraße" (am 6. Dezember 1848 erfolgte die Rückbenennung). Die heutige Bezeichnung Fleischmarkt führt der Straßenzug seit 1862.

Anfang 20. Jahrhundert drang der Jugendstil vor (Nummer 1 [ Residenzpalast ], 3, 5, 7 [ Meinl ], 14). Der Fleischmarkt wurde ab 21. April 1911 (Stadtrat) (über die Rotenturmstraße hinaus) über die Einmündung des in diesem Jahr über den Hohen Markt nach Norden verlängerten Bauernmarkts bis zur Fleischmarktstiege geführt, die eine Verbindung zur (höher gelegenen) Judengasse bildet; da die Nummerierung im alten Teil unverändert blieb, ergab sich im neuen Teil eine ungeklärte Häusernummerierung (die zum Teil gegenläufig mit 1a und so weiter gelöst wurde). Auf dem Fleischmarkt, der sich schon sehr frühzeitig zu einem vornehmen Straßenzug entwickelt hatte, befanden sich auch Einkehrwirtshäuser (Nummer 2 und 24).

1., Fleischmarkt; Drachengasse, um 1940

Gebäude

Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.

Quellen

Literatur

  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 40 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 67 f.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Leopold Mazakarini: Kleiner Führer durch Wien. Hg. v. d. Gesellschaft für Natur- und Heimatkunde. Band 12: Der Fleischmarkt. Wien: Ges. für Natur- u. Heimatkunde 1981
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 50 f.
  • Helmut Kretschmer: Wiener Musikergedenkstätten. Wien: Jugend & Volk ²1990, Register
  • Andreas Lehne: Jugendstil in Wien. Architekturführer. Wien: J & V Ed. ²1990, S. 14 f.
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959, S. 26 f.
  • Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 76
  • Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 57 f.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 450 ff.
  • Philipp Jakob Lambacher: Beschreibung und Erklärung der im Jahre 1759 auf dem alten Fleischmarkte zu Wien ausgegrabenen zwey alten römischen Särge, und anderer dabey gefundenen Alterthümer, in einem Sendschreiben abgefasset. Wien: Ghelen 1759
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 452 f.
  • Anna Ransmayr, Andrea Ruscher: „Ein Grieche konnte ein Türke sein“. Osmanische Händler in Wien (Wien Museum Magazin, 2024)