Hoher Markt

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Der hohe Markt. Stich aus dem Verlag Artaria. Rechts im Bilde das Schrannengebäude mit dem Balkon, auf welchem die Verbrecher vor des Volke "ausgestellt" wurden.
Daten zum Objekt
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48° 12' 39.00" N, 16° 22' 22.93" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Hoher Markt (1., mittelalterliche Bedeutung Hauptmarkt).

Fischer von Erlachs Ansicht vom Hohen Markt aus dem Jahr 1719.

In der Nähe des Historischen Museums befand sich in der Antike im Römerlager Vindobona das Prätorium, der Palast des Festungskommandanten, in dem Marc Aurel längere Zeit wohnte (Gedenktafel [Marmorrelief von Ferdinand Georg Waldmüller mit Darstellung von zwei Legionären] im Durchgang des Hauses Nummer 4).

Im Mittelalter ist der Platz wohl ident mit dem erstmalig 1208 (sowie 1210 und 1213) erwähnten Markt zu Wien, der erstmalig 1233 als Hoher Markt bezeichnet wird. Dieser allgemein als ältester Markt Wiens angesehene Marktplatz fand im Jahr 1233 als "forum altum" Erwähnung. Aus Dokumenten des Jahres 1282 geht hervor, dass am Hohen Markt der Fischmarkt der Stadt abgehalten wurde. Von Beginn des 14. bis ins 15. Jahrhundert gab es auch einen regen Handel mit Brot. Er wurde von Bäckern mit ihren Brottischen durchgeführt. Weiters wurde am mittelalterlichen Hohen Markt mit tierischem Fett, dem Schmer (rohes Fett) und dem Unschlitt (ausgebranntes Fett), mit Bienenwachs, Textilien und Schuhen gehandelt. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts ging der Verkauf handwerklich angefertigter Gegenstände immer mehr zurück. Die Handwerker gingen dazu über, die von ihnen hergestellten Gegenstände in ihren eigenen Werkstätten zum Verkauf anzubieten. Er war ein Zentrum des städtischen Lebens; hier befanden sich das städtische Gerichtsgebäude (die ältere [um 1311/1325 erstmalig erwähnt] Schranne stand zwischen Nummer 1 und 11-12 frei auf dem Platz und brannte 1437 ab, die jüngere wurde 1438-1441 auf Nummer 5 erbaut und stand bis 1850 in Verwendung) und verschiedene Zunfthäuser und Verkaufsstätten (Kürsenhaus [Kürschnerhaus], Leinwandhaus, Riemhaus, Schmerhaus Schmergrübel, Schuhhaus, Taschnerhaus). Im 15. und 16. Jahrhundert gehörte der Hohe Markt samt den angrenzenden Straßenzügen zum vornehmsten Teil Wiens, zahlreiche Honoratioren hatten hier (wie noch aus Hoefnagels Ansicht von 1609 ersichtlich) vornehme Stadthäuser. Am Hohen Markt wurde auch Markt gehalten (1282-1753 Fischmarkt [dann Verlegung zum Schanzel] mit Fischbrunnen [1547 bereits von freistehendem Gebäude überwölbt, bis 1801 bestehend] und Röhrenbrunnen [Endpunkt der 1526-1565 errichtet Hernalser Wasserleitung, 1725 beseitigt]); vor Nummer 4 fand im 14. Jahrhundert der Grasmarkt statt. Auch der Narrenkotter und der Pranger (1384 zwischen der Front des heutigen Hauses Nummer 12 und dem späteren Josephsbrunnen, entfernt 1706) standen am Hohen Markt. In den Jahren 1729-1732 wurde der heutige Vermählungsbrunnen (Josephsbrunnen) errichtet.

Im August 1753 wurde der Fischmarkt durch eine Verordnung aus der Stadt an das Ufer der Donau verlegt. Obwohl durch die Absiedlung des Fischmarktes der Hohe Markt seine Attraktivität als Marktplatz verlor und immer weniger Händlerinnen und Händler hier ihre Waren feilboten, hatte er noch bis ins Jahr 1939 als Wochenmarkt Bestand.

Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Hohe Markt baulich wesentlich umgestaltet. Beim Umbau einiger alter Häuser, die 1842 bis 1854 abgerissen wurden, stieß man auf die Reste der ältesten Stadtmauer, die entlang der Rotgasse verlief. Von den Häusern der südwestlichen Langseite des Historischen Museums stammten die meisten aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Bei den Luftangriffen am 15. Jänner und am 12. März 1945 kamen einzelne Häuser zu Schaden. Der größte Teil des Hausbestands fiel im April 1945 den Flammen zum Opfer (hervorzuheben sind das Sinapalais [Abbruch] und der Ankerhof [Wiederaufbau 1956]). Am 14. April war mit Ausnahme des Hauses Nummer 5 nur ein rauchender Schutthaufen übrig.

1., Hoher Markt, um 1940
1., Hoher Markt, Judengasse, um 1940

Verschiedene topographische Bezeichnungen

Der Platz hatte in seinen Teilen verschiedene topographische Bezeichnungen (nachfolgend Auflistung nach heutigen Hausnummern):

  • Nummer 1 grenzte an den Hühnerbühel (Hühnergässchen Bauernmarkt).
  • Nummer 3 lag im 14. Jahrhundert hinter den Wechselbänken (die später auf die Brandstatt verlegt wurden), Hypocaust.
  • zwischen Nummer 3 und 4 mündete das Linnengässchen ein.
  • Nummer 4 und 5 hatten gewölbte Lauben (Gewandkeller für den Tuchhandel), worauf sich Bezeichnungen wie "Unter den Lauben" (14. Jahrhundert) oder "Unter den kurzen Tuchlauben" (15./16. Jahrhundert) bezogen.
  • Nummer 6 hieß "Unter den Scherlauben" beziehungsweise "Unter den Scherläden" (Heimstatt der Tuchscherer [Appreteure]).
  • Nummer 7 Gegenüber dem Fischmarkt, Hypocaust.
  • für Nummer 8 und 9 kennen wir die Bezeichnung "Unter den Wendkremen" (14.-16. Jahrhundert); bei der Einmündung der Judengasse.
  • zwischen Nummer 9 und 10 findet sich die Bezeichnung "Am Silberbühl" (Ende 14. Jahrhundert)
  • zwischen Nummer 10 und 11 "Am Häutbühl" (nach Tierhäuten für die Lederverarbeitung) beziehungsweise "Bei den Sohlschneidern" (nach Erzeugern von Schuhsohlen).
  • Nummer 12 lag "Hinter den Schmertischen" (für Schmalzverkauf); die Gegend bei der Einmündung des Lichtenstegs hieß "Unter den Messerern" (1296, 1341) beziehungsweise "Unter den Taschnern" (1391). Die Marc-Aurel-Straße hieß "Als man vom Hohen Markt an den Kienmarkt geht", die Salvatorgasse "Als man vom Hohen Markt zu der Stadt Rathaus geht". Im 16. Jahrhundert kamen diese Bezeichnungen ab, ebenso die Verkaufsstätten in einzelnen Häusern (Kursen-, Leinwand-, Riem- und Schuhhaus).

Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Hohe Markt baulich wesentlich umgestaltet. Beim Umbau einiger alter Häuser, die 1842-1854 abgerissen wurden, stieß man auf die Reste der ältesten Stadtmauer, die entlang der Rotgasse verlief. Von den Häusern der südwestlichen Langseite des Historischen Museums stammten die meisten aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

Bei den Luftangriffen am 15. Jänner und am 12. März 1945 kamen einzelne Häuser zu Schaden. Der größte Teil des Hausbestands fiel im April 1945 den Flammen zum Opfer (hervorzuheben sind das Sinapalais [Abbruch] und der Ankerhof [Wiederaufbau 1956]). Am 14. April war mit Ausnahme des Hauses Nummer 5 nur ein rauchender Schutthaufen übrig.

Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.

Gebäude

  • Nummer 1 (Bauernmarkt 5, Landskrongasse 2): ehemaliges Hausschild "Zum schwarzen Hund".
  • Nummer 3: Abgang zur römische Ruinenstätte (siehe am Ende des Stichworts).
  • Nummer 4: Hier standen im 15. Jahrhundert Zunfthäuser (Leinwandhaus und Schuhhaus), die im 16./17. Jahrhundert als Schuldenarrest Verwendung fanden. 1861 entstand ein Neubau (1877 von der

Ersten österreichischen Spar-Casse erworben), der 1945 durch Bomben und Brand zerstört wurde. Im Durchgang des heutigen Hauses (erbaut 1949/1950) Relief "Wien im Mittelalter" mit Gedenktext; auf dem Gehsteig vor dem Haus Trinkbrunnen von Hans Muhr, gestiftet von Hannes Lintl (1990).

  • Nummer 5 (Tuchlauben 22, Landskrongasse 10): klassizistisches Wohnhaus (erbaut 1855); ehemalige Schranne (mit Zubau; die ehemalige Schrannenuhr auf dem Neubau), Sitz des Wiener Stadt- und Landgerichts.
  • Nummer 6 (Schultergasse 2, Wipplingerstraße 1): 1884 wurden die auf dem Areal bestehenden zehn kleinen Häuser von den Brüdern Eduard und Heinrich Schmid aufgekauft, demoliert und durch den noch bestehenden Neubau ersetzt.
  • Nummer 7 (Wipplingerstraße 2, Marc-Aurel-Straße 1, Salvatorgasse 1): erbaut 1899/1900 anstelle von zwei Häusern, die ihrerseits auf dem Areal sieben älterer Häuser errichtet worden waren.
  • Nummer 8-9: Das ehemalige Sinapalais wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach durch einen Neubau ersetzt (an den Ecken je drei Figuren in historischen Tracht mit Gedenktext, Sgraffiti von H. Bachmann).
  • Nummer 10-11: Ankerhof (Gedenktafel)
  • Zwischen Nummer 10-11 und 12: Schwibbogen mit Ankeruhr
  • Nummer 12: Apotheke "Zum roten Krebs"

Römische Ruinen

Im Zuge der Wiederaufbauarbeiten wurden 1948 vor dem Haus Nummer 3 hervorragend erhaltene römische Mauerreste gefunden. In den von Alfred Neumann geleiteten Ausgrabungen traten die Reste zweier Offiziershäuser zutage, zwischen denen eine schmale Gasse verlief. Die Räume gruppierten sich um einen Innenhof, waren teilweise mit Boden- und Wandheizungen ausgestattet und gaben wichtige Funde frei. Mehrere Umbauphasen zwischen dem beginnenden zweiten und dem fünften Jahrhundert nach Christus sind zu erkennen. Dadurch stieg das Niveau so stark an, dass die Böden der jüngsten römischen Periode nur knapp unter dem heutigen Straßenniveau liegen. Die Ausgrabung wurde zu einem kleinen Museum ausgebaut, das mehrmals umgestaltet wurde (leider stört die Teilung durch eine [statisch nötige] Trennmauer den Gesamteindruck). Die museal eingerichtete Ruinenstätte wurde am 24. Juni 1954 eröffnet und wird vom Historischen Museum betreut.

Video

  • Hoher Markt in der Antike

Quellen

Literatur

  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien 1993, S. 93 ff.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 78 ff.
  • Robert Mucnjak senior: Führer durch Alt-Wien. Innere Stadt. In: Schriftenreihe des Bezirksmuseums Innere Stadt 3 (1980), S. 52 f.
  • Richard Perger: Der Hohe Markt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 3), S. 74 ff.
  • Siegfried Weyr: Wien. Magie der Inneren Stadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 365 ff.
  • Hubert Kaut: Der Hohe Markt. In: Wien aktuell. Revue einer europäischen Metropole. Wien: Jugend & Volk 4 (1967), S. 38 ff.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 28 ff.
  • Felix Czeike: Der Hohe Markt. In: Wiener Monatshefte 10 (1963), S. 26 ff.
  • Felix Czeike: Zur Geschichte des Hohen Markts. In: Amtsblatt der Stadt Wien. Wien: Stadt Wien - Presse- und Informationsdienst 7 (1959), S. 3 ff.
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 37 ff.
  • Alfred Neumann: Die römischen Ruinen unter dem Hohen Markt. Wien 1958
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 58
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956 S. 470
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 85
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 2. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 399 f.
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 21 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde 1929
  • Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 77
  • Hermine Cloeter: Häuser und Menschen von Wien. 1920, S. 116
  • Hugo Hassinger: Kunsthistorischer Atlas der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und Verzeichnis der erhaltenswerten historischen, Kunst- und Naturdenkmale des Wiener Stadtbildes. Wien: Schroll 1916 (Österreichische Kunsttopographie, 15), S. 63
  • Ortolf Harl: Römische Ruinen unter dem Hohen Markt. Wegweiser
  • Alexander Hengl: Festschrift 175 Jahre Marktamt. 2014
  • Richard Perger: Straßen (Grundlage für die obigen topographischen Bezeichnungen)
  • Magistratsabteilung 59 - Marktamt