Brandstatt (1)

Aus Wien Geschichte Wiki
(Weitergeleitet von Brandstatt)
Wechseln zu:Navigation, Suche
Die Brandstatt am Huber-Plan
Daten zum Objekt

Brandstatt (1.; Brandstätte).

Die mittelalterliche Brandstatt (die nicht mit dem heutigen Straßenzug Brandstätte ident ist) umfasste das (ursprünglich vor der Burgmauer gelegene) Areal gegenüber dem romanischen Westwerk des Stephansdoms, begrenzt von den heutigen Straßenzügen Brandstätte, Bauernmarkt und Jasomirgottstraße (beidseitige Verbauung) sowie dem Stephansplatz.

Um 1260 noch unverbaut, 1326-1381 taucht urkundlich die Bezeichnung „Unter den Drechslern" auf, doch dürften diese hier schon länger ansässig gewesen sein. Es handelte sich um eine Reihe kleiner Häuschen, die sich unter dieser Ortsangabe bis Ende 14. Jahrhundert verfolgen lassen. Im Zusammenhang mit der Person eines Heinrich an der Brandstatt (17. Juli 1373, Urkunde im Stadtarchiv Klosterneuburg) begegnet erstmals die neue Ortsbezeichnung. Es ist daher unrichtig, die Brandstatt auf den Stadtbrand von 1276 (Fassadendekor 1, Brandstätte 3-5) oder jenen von 1327 zurückzuführen.

Erstmals 1326 und noch 1381 ist die Häuserzeile Unter den Drechslern nachweisbar, die um 1390 abbrannte und nicht wieder aufgebaut wurde. 1393 ist ein auf drei Seiten von Häusern umgebener, jedoch gegen die Stephanskirche hin offener Platz nachweisbar, der an dieser Seite erst 1560 abgeschlossen wurde. Seit 1393 standen auf der Brandstatt Kramläden, seit 1421 auch Wechselbänke (die zuvor auf dem Hohen Markt gestanden waren). Bis 1444 wurden auf der Brandstatt am Faschingsdienstag in Anwesenheit von Bürgermeister und Rat sogenannte Bürgerstechen (Turnierspiele) abgehalten. Später entwickelte sich die Brandstatt zu einem Gewandmarkt.

1560 kam es zu einer planmäßigen Neuverbauung des Platzes; die damals noch bestehenden acht Wechselbänke wurden von der Stadt abgelöst, 1561 wird ein „städtisches Wechselambt" erwähnt. Zuerst entstand (langgestreckt bis in die heutige Rotenturmstraße reichend) das Bauernfeindsche Haus (Zentrum: 1, Brandstätte 1); das heutige Haus 1, Brandstätte 3 steht auf einem Teil des Hofraums der Brandstatt.

Im hinteren Teil der Brandstatt befand sich der Gundelhof (1, Bauernmarkt 4, Brandstätte 5), neben diesem der ausgedehnte Margarethenhof (1, Bauernmarkt 2-2a, Jasomirgottstraße 5, 6, 7); in beiden Patrizierhäusern gab es Hauskapellen (Sankt-Thomas- beziehungsweise Sankt-Margarethen-Kapelle). Im Nachbarhaus (1, Jasomirgottstraße 4) war Ende 18. Jahrhundert das bekannte BierlokalZur weißen (auch: nassen) Bürste" untergebracht. Außerhalb der mittelalterlichen Brandstatt, mit der Front gegen die Bischofgasse (Rotenturmstraße), stand ein Gebäude, das mit dem Bauernfeindschen Haus durch einen Schwibbogen verbunden war. Dieses Eckhaus (1, Rotenturmstraße 1-3, Teil, Brandstätte 2; siehe Kennedyhof) erhielt im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts das Schild „Zum Primas von Ungarn"; erwähnenswert sind hier das GasthausZur (deutschen) Eiche" und der im 16. Jahrhundert von Einheimischen und Fremden stark besuchte Laden der Buchhändlerfirma Alantsee.

In den Jahren 1872/1873 wurde die alte Brandstatt, auf der zuletzt der Gänsemarkt abgehalten wurde (siehe Gänsemädchenbrunnen, hier aufgestellt 1865), demoliert und für eine gründerzeitliche Verbauung freigegeben. Unmittelbar vor der Demolierung war die Brandstatt von sechs Häusern begrenzt, zu denen unter anderem das Haus „Zum goldenen Stern" zählte, in dem sich das Gasthaus „Zum großen Christoph" (Anfang 18. Jahrhundert) und das bereits erwähnte Bierhaus „Zur nassen Bürste" befanden (1, Jasomirgottstraße 4).

In das regelmäßige, geschlossene Viereck der Brandstatt konnte man durch zwei Schwibbogentore gelangen (vom Stephansplatz beziehungsweise vom Bauernmarkt durch den Gundelhof). 1865 stellte man auf der Brandstatt den Gänsemädchenbrunnen auf (seit 1879 im sechsten Bezirk), 1872/1873 wurde der Platz verbaut; mit der Brandstätte und der Jasomirgottstraße entstanden neue Straßenzüge. Die Erinnerung wird nur durch die Straßenbezeichnung Brandstätte aufrechterhalten.

Pfarrzugehörigkeit bis 1938

Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.

Literatur

  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 20 f.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 449
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur, Wien ²1951 ff (Manuskript im WStLA), Band 1, S. 754 ff.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 87 ff.
  • Robert Messner: Wien vor dem Fall der Basteien. 1958, S. 124 f.
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)