Hernalser Wasserleitung
Die Hernalser Wasserleitung war die erste kommunale Wasserleitung Wiens und gewährleistete ausgehend von Quellen in den Vororten Dornbach und Ottakring die öffentliche Versorgung der Stadt mit Trink- und Löschwasser.
Anlass und Bau
Nach dem vom Cillierhof ausgehenden Stadtbrand von 1525 ordnete Erzherzog Ferdinand I. dem Stadtrat neben anderen Maßnahmen am 7. März 1526 an, ein Projekt zur Versorgung der Stadt mit Wasser auszuarbeiten. Das Ergebnis bestand darin, zur künftig wirksameren Bekämpfung von Feuersbrünsten ein fließendes Wasser durch die Stadt zu leiten und Brunnenrohrkästen, wie sie schon Maximilian I. eingerichtet hatte, einzuführen. Man entschloss sich, das Wasser aus Hernals herzuleiten.
Der Bau wurde durch die Erste Türkenbelagerung (1529) bzw. die Türkenkriege und den Neubau der Stadtbefestigung ab 1531 sowie den Ausbruch der Pest 1541 stark verzögert. Sowohl die Wasserleitung als auch die Stadtbrunnen wurden erst 1564/1565 errichtet, wie aus den städtischen Oberkammeramtsrechnungen hervorgeht.
Quellen aus dem Gebiet zwischen Hernals und Dornbach wurden in einem Brunnenkasten in Hernals gesammelt, von hier in unterirdischen Holzrohren bis zur Stadtmauer und von da in Bleirohren zum Brunnenhaus am Hohen Markt geleitet. Die Herren Adam und Simon Geyer von Osterberg hatten als die Grundherren für die über ihren Grund führende Wasserleitung der Stadt Wien einen Konsensbrief, datiert auf den 12. August 1565, ausgestellt.[1] 1565 konnte diese erste städtische Wasserleitung in Betrieb genommen werden. Als sich nach kurzer Meinungsverschiedenheit manifestiert hatte, dass die Quellen der Wasserleitung nicht auf Hernalser, sondern vielmehr auf Dornbacher Grund lagen, stellte auch der Abt des Benediktinerklosters St. Peter in Salzburg als Inhaber der Herrschaft Dornbach einen Konsensbrief für die Nutzung der Quellen auf seinem Herrschaftsgebiet und für die Errichtung der Leitung aus.[2] Die Wasserrohre wurden von Hernals auf den Platz Am Hof und dann weiter auf den Hohen Markt geführt. Vor dem Bau vermaß man die Strecke. Ihre Länge betrug ungefähr fünf Kilometer, die Kosten machten insgesamt in etwa vier Prozent des jährlichen städtischen Budgets aus.
Erweiterung
Trotzdem in der Folge immer weitere Quellen gefasst wurden, fand man mit der Quantität des zugeleiteten Wassers in der Stadt kein Auslangen. 1708 beispielsweise gestattete der Abt von St. Peter eine neue Quellfassung und Wasserleitung auf Klostergrund.[3] 1732 veranlasste der Stadtrat die Einleitung einer Hauptquelle des Alsbachs in die Wasserleitung. Diese Maßnahme sollte den Brunnen am Hohen Markt einen verstärkten Wasserzulauf ermöglichen. Durch die Ableitung des Alsbachs entzog man der lokalen Hernalser Mahlmühle mit Namen "Feierabend" soviel Wasser, dass deren Betrieb stark beeinträchtigt wurde, was sich in mehreren Beschwerden beim Stadtrat im Zeitraum von 1733 bis 1736 niederschlug.
Die Saugkanäle der Wasserleitung reichten bis auf Dornbacher Gebiet, von wo die Kanäle ab dem 18. Jahrhundert über einen gemauerten Kanal und über ein sechszölliges, gußeisernes Rohr in ein Reservoir außerhalb von Hernals geleitet und von dort in gußeisernen Rohren, die teilweise in gemauerten Kanälen verlegt waren, bis in die Stadt geführt wurden.
Versorgungsstellen der Hernalser Wasserleitung im 19. Jahrhundert
- Auslaufbrunnen in der Alserstraße
- Zwei Bassins Am Hof (Brunnen Am Hof)
- Zwei Bassins am Hohen Markt (Vermählungsbrunnen)
- Auslauf im Gebäude des Hofkriegsrats Am Hof (Wandbrunnen (1, Am Hof 2))
- Auslauf im Wiener Stadtbauamt Am Hof
- Auslauf im Bürgerlichen Zeughaus (Bellonabrunnen)
- Auslauf im Alten Rathaus (Andromedabrunnen)
- Auslauf im Staatsministerialgebäude
- Auslauf im ehemaligen Schrannengebäude am Hohen Markt und im Polizeigefangenenhaus in der Sterngasse
- Je ein Brunnen am Wildpretmarkt, im Fischhof und am Fischmarkt: Fischbrunnen
- Zwei Bassins am Universitätsplatz (Brunnen (1, Aula))
- Mehrere Privatgebäude in der Stadt (drei in der Wipplingerstraße (Nr. 2, 4 und 6), eines in der Rotenturmstraße (Nr. 25), eines am Hohen Markt (Nr. 2) und eines im Ledererhof (Nr. 3).
Situationsplan der Hernalser Wasserleitung (Lage Elterleinplatz), 1834
1879 abgerissene Brunnstube der Hernalser Wasserleitung mit den beiden Wiener Wappen, 1880
Bellonabrunnen, um 1900
Brunnen (1, Aula) an der Fassade der Aula
Ertrag
Abhängig von den Witterungsverhältnissen schwankte die Lieferungsfähigkeit der Wasserleitung im Jahr 1861 zwischen 8.000 und 10.000 Eimern täglich, hat aber durch die Verbauung der Gründe im Einzugsgebiet der Saugkanäle und infolge von Abholzungen der Wälder auf 700-800 Eimer pro Tag abgenommen, sodass die meisten der Ausläufe bereits vor 1873 von der Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung dotiert werden mussten. 1879 wurde die Brunnstube in Hernals (in etwa Ecke Hernalser Hauptstraße/Taubergasse) abgetragen, was das Ende der Wasserleitung bedeutete.
Bedeutung
Die Hernalser Wasserleitung war die erste kommunale Wasserleitung Wiens. Ihr Bau belastete die städtischen Finanzen mit gesamt ca. 7.100 Gulden (Kaufkraftrechner) in den Jahren 1564 und 1565 bei einem Jahresbudget von rund 172.000 Gulden. Wien wurde erstmals seit der Antike wieder mit fließendem Wasser versorgte, was die hygienische Situation einerseits verbesserte und andererseits im Falle eines Brandes die Verfügbarkeit von Löschwasser deutlich erhöhte.
Siehe auch:
- Hernalser Wasserleitung Markstein 1
- Hernalser Regierungswasserleitung
- Wasserleitungen
- Wasserversorgung
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv-Urkunden, U4/1.7323
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Oberkammeramt, B1/1. Reihe - Oberkammeramtsrechnung 1424-1768, Jg. 1564 und 1565
- Archiv der Erzabtei St. Peter, 4.53.3 Dornbach, Akt 1602 (1566-1843)
Literatur
- Felix Czeike: Das Feuerlöschwesen in Wien. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 18 (1962), S. 97 f.
- Josef Donner: Dich zu erquicken, mein geliebtes Wien ... Geschichte der Wiener Wasserversorgung von den Anfängen bis 1910. Wien: Norka-Verlag 1990, S. 14 ff.
- Archivalien aus acht Jahrhunderten. Ausstellung des Archivs der Stadt Wien. Dezember 1964 - Februar 1965. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1965 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 15) , Nr. 69
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, Die Trinkwasserversorgung der Stadt Wien von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Teil 2A (ungedruckte Dissertation Wien). Wien. 1999/2000, S. 142ff
- Richard Perger: Der Hohe Markt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 3), S. 62f.
- Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873, Wien: Wiener Gemeinderat 1873 S. 31-33