Hernals (Vorort)
Hernals (17.), Vorortgemeinde im Alsbachtal (Längsangerdorf zwischen Hernalser Hauptstraße und Jörgerstraße), die im Nordwesten in den Wienerwald reicht (Heuberg, Schafberg); seit 1890/1892 Hauptbestandteil des gleichnamigen 17. Bezirks Hernals, in den auch Teile von Dornbach und Neuwaldegg eingegliedert wurden.
Die erste Besiedlung erfolgte (wie Bodenfunde beweisen) in der Jungsteinzeit, die erste urkundliche Nennung geht auf das Jahr 1044 zurück, als Graf Sighard IV. dem Salzburger Stift St. Peter zwei Edelhuben (behauste Hofstätten) schenkte (Als; es muss offen bleiben, ob hier Hernals oder Dornbach gemeint ist).
1135 kam Hernals als Lehen an die Brüder Diepold und Nendingus (oder Hendingus) de Alse (die als Zeugen im Salbuch des Augustiner-Chorherrenstifts Klosterneuburg aufscheinen). Die Herren von Als waren Ministerialen der österreichischen Herzöge; ihr Hof stand auf einer Anhöhe gegen Süden, der Hügel war mit Wassergraben und Ringmauer umgeben (St.-Bartholomäus-Platz). Nach dem Aussterben des alten Herrschergeschlechts wurde Hernals landesfürstlich und an verschiedene Herren (Roggendorf und Geyer von Osterberg, 1587 schließlich die Freiherren von Jörger) verliehen.
Hernals lag im Mittelalter inmitten eines berühmten Weingebiets; der Weinbau, dessen Blütezeit vom 13. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts anzusetzen ist, war die Haupterwerbsquelle der Bewohnerinnen und Bewohner. Im 15. Jahrhundert beginnt allmählich die Umwandlung der Weingärten in Äcker, weil die Ungarnkriege eine wirtschaftliche Rezession auslösten, sich durch stärkere Konkurrenz Absatzschwierigkeiten ergaben und überdies der Weinkonsum zurückging. Bis 1565 wurde von Hernals nach Wien eine 1526 beschlossene Wasserleitung gebaut (Hernalser Wasserleitung). Die aquarellierte Federzeichnung eines unbekannten Künstlers (um 1580) im Germanischen Nationalmuseum ist die älteste bekannte Ansicht von Hernals (mit Herrenhaus, dreiflügeligem Schlosshof, Bartholomäuskirche inmitten des Friedhofs und Pfarrhaus).
Unter den Freiherren von Jörger wurde Hernals um 1600 ein Hauptsitz der Protestanten in der näheren Umgebung Wiens; als der letzte Lehensträger, Helmhard von Jörger, 1620 geächtet wurde, fiel der Besitz dem Domkapitel von St. Stephan zu, das auf Vorschlag des Jesuiten Carl Mussard den Beschluss fasste, bei der Kirche ein Heiliges Grab zu bauen (1639) und von St. Stephan aus dorthin einen Passionsweg mit sieben Stationskapellen anzulegen; nach der Zerstörung der Andachtsstätten durch die Osmanen (1683) wurde 1709-1714 ein Kalvarienberg mit einer Grabeskirche errichtet (Hernalser Kalvarienberg), um die Wallfahrten wiederzubeleben; der vorösterliche Fastenmarkt erinnert an diese Zeit. Aus 1649 existiert ein Merian-Stich von Hernals.
Das bis zum 17. Jahrhundert zu einer stattlichen Gemeinde angewachsene Hernals wurde 1683 vom osmanischen Heer verwüstet. Zum Andenken an die Befreiung von den Osmanen wurde der bekannte Eselritt eingeführt. Ende des 17. Jahrhunderts musste der Weinbau endgültig dem Ackerbau weichen und verlor Ende des 18. Jahrhunderts vollends seine Bedeutung. Parallel dazu wurden Gartenkulturen bevorzugt, weshalb sich Hernals im 18. Jahrhundert zu einer beliebten Sommerfrische begüterter Wiener Bürger entwickelte. Die Betreuung der Kirche wurde 1721 dem Paulinerorden übertragen, der sie 1766-1769 neu erbaute (Hernalser Kirche). 1713 beeinträchtigte die Pest, Anfang des 19. Jahrhunderts die Franzoseninvasion die Entwicklung des Orts. Danach wandelte sich Hernals zum Industriestandort, womit auch ein sozialer Umschichtungsprozess der Bevölkerung eingeleitet wurde. In Ungers Casino dirigierte Johann Strauß (Vater) den "Marsch der Studentenlegion", die Hernalser Nationalgarde hatte ihren Sitz in der Bergsteiggasse.
Im Oktober 1848 kam es zu Kämpfen an der Hernalser Linie, die am 30. Oktober von den kaiserlichen Truppen eingenommen wurde. Ab 1864 dehnte sich Hernals nach Norden bis zur Schumanngasse und nach Westen bis zur Rokitanskygasse aus. Ab 1865 bestand eine Pferdetramwayverbindung mit Wien; 1877 war mit der Einwölbung der Als beim Linienwall begonnen worden, wodurch sich das Ortsbild stark veränderte und durch Planierungen beziehungsweise Anschüttungen neue Bauflächen entstanden; die zahlreichen Neu- und Umbauten verschafften Hernals ein städtisches Aussehen, wenngleich es sich bis in die 90er Jahre noch seinen eigenständigen Charakter bewahren konnte und die bekannten Vergnügungslokale (Gschwandner, Stahlehner, Weigl, Güldene Waldschnepfe) mit volkstümlicher Musik (Brüder Schrammel, Dänzer, Strohmayer) und Volkssängern wie in alten Zeiten das Publikum anzogen. Am 1. August 1887 wurde ein für die Gemeinden Hernals, Ottakring, Neulerchenfeld und Währing bestimmtes Schlachthaus eröffnet (Richthausenstraße-Lidlgasse).
In den 1870er Jahren war Hernals durch Zuzug so sehr gewachsen, dass man daran dachte, es zur Stadt zu erheben. Am 29. September 1883 erfolgte die Schlusssteinlegung zum Hernalser Rathaus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Ortskern von Hernals rasch verbaut und industrialisiert (Mikroskop-, Radio-, Nähmaschinen-, Schokoladen-, Karton-, Papier-, Büroartikel- und Milchwarenerzeugung). Durch den am 18. Juli 1892 sanktionierten Bau der Stadtbahn (in deren Programm auch der Bau einer "Äußeren Gürtelbahn" enthalten war [ Vorortelinie ]), erhielt Hernals mit den Stationen Alser Straße (Stadtbahn) und Hernals (Vorortelinie) neue Verkehrsanbindungen.
Siegel
Der Vorort Hernals führte ein Siegel, das auf einem Rasen den heiligen Bartholomäus als ganze Figur nimbiert zeigt, in der Rechten ein Messer. Seitwärts von dem Heiligen oder zu seinen Füßen erscheint der österreichische Bindenschild. Umschriften: a) *SIEGEL DER GEMEINDE HERNALS; b) wie a), aber ohne Stern.
Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Hernals.
Häuser
- 1587: 95
- 1590: 86
- 1660: 80
- 1680: 95
- 1713: 95
- 1751: 96
- 1780: 114
- 1787: 109
- 1795: 130
- 1814: 147
- 1820: 147
- 1823: 147
- 1827: 155
- 1830: 161
- 1840: 215
- 1843: 252
- 1846: 295
- 1851: 348
- 1857: 452
- 1869: 818
- 1880: 1.234
- 1890: 1.386
Einwohner
- 1646: 480 (Pfarre)
- 1666: 378 (Kommunikanten)
- 1780: 2.362
- 1795: 2.840
- 1814: 2.415
- 1820: 3.163
- 1823: 2.680
- 1830: 3.875
- 1840: 5.150
- 1843: 6.355
- 1846: 8.747
- 1850: 10.708
- 1857: 14.437
- 1869: 32.825
- 1880: 60.307
- 1890: 70.933
Häuserschematismen
Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.
- Carl Schwab: Neuer, verbesserter Häuser-Schema der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien mit ihren 34 Vorstädten, allen Neubauten und den angränzenden nahen Ortschaften. Wien: Singer und Goering 1843
- Neues, verbessertes und vermehrtes Häuser-Schema der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien. Wien: Singer und Goering 1847
- Peter Smöch: Häuser-Schema der K. K. Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien: mit deren zehn Bezirken und den Vororten. Wien: F. Olischer & F. Höllrigl 1875
- Kataster der Vororte Wiens. Wien: Lechner 1888
Bürgermeister
- Michael Weiß (bis 1865; Weißgasse)
- Josef Steiner (1865-1870)
- Johann Georg Elterlein (1870-1882)
- Franz Helbling (1882-1891, danach bis 1903 Bezirksvorsteher des 17. Bezirks; 1831-1904; Helblinggasse)
Pfarrer
- Vergleiche Festschrift 200 Jahre Kalvarienbergkirche Hernals (1969), S. 18 f. (ab 1252)
Siehe auch
Hernals (17. Bezirk), Hameau, Neuwaldegger Park, Rohrerhütte, Beginn der Höhenstraße, Engelmann
Quellen
Literatur
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XVII, Taf. K
- Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 34
- Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964-1975, 3/1, S. 88
- Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 107 f.
Weitere Literatur: siehe Hernals (17. Bezirk)
Bevölkerungsgeschichte
- Historisches Ortslexikon. Statistische Dokumentation zur Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte. Wien: http://www.oeaw.ac.at/vid/download/histortslexikon/Ortslexikon_Wien.pdf