Ottakring (Vorort)
Ottakring (16.), ehemalige Vorortgemeinde, die 1890/1892 (trotz heftigen Widerstands der Gemeindevertreter) mit Neulerchenfeld als 16. Bezirk nach Wien eingemeindet wurde (Ottakring [16. Bezirk]).
Bei der Gründung des Stifts Klosterneuburg durch Markgraf Leopold III. fiel jener Landstrich des Wienerwalds, in dem die Siedlung lag, dem Kloster als Schenkung zu; Klosterneuburg besaß bis 1848 die grundherrschaftlichen Rechte. Es entstanden Freihöfe, von denen einer, der spätere Schottenhof (Ottakringer Freihof), bis 1964/1965 bestehen blieb.
Ottakring besitzt zwei Siedlungskerne, die beide in die Zeit vor der ersten urkundlichen Nennung (1147/1167) zu setzen sind. Der ältere, heute völlig verschwundene Kirchweiler um die Lambertkirche (die bis in die 80er Jahre des 18. Jahrhunderts nächst der Gabelung Johann-Staud-Straße-Gallitzinstraße anstelle des heutigen Friedhofs stand) geht als echter Ort mit der Endung -ing sicherlich auf das 9. Jahrhundert zurück. Der jüngere Siedlungskern, ein Grabendorf, ist im 11. Jahrhundert entstanden, liegt an den Ufern des Ottakringer Bachs und ist noch heute an der oberen Ottakringer Straße zwischen Sandleitengasse und Vorortelinie zu erkennen. Die älteste Kirche war dem heiligen Lambert geweiht; sie hieß "Bei den sieben Nußbäumen" und wird urkundlich 1230 erwähnt. Um das Kirchlein entstanden die meisten Häuser des ältesten Teils von Ottakring, die jedoch während der Zweiten Türkenbelagerung (1683) weitgehend zerstört wurden. Vorher hatte sich um das 1416 geweihte Wolfgangkirchlein eine andere Ansiedlung entwickelt, die nun den wichtigeren Teil Ottakrings bildete.
Der Ort konnte sich von den durch Matthias Corvinus, die Osmanen (1529, 1683), die Pest (1679, 1713) und die Franzosen erlittenen Schäden nur schwer erholen. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts blieb Ottakring ein größtenteils von bäuerlicher Bevölkerung bewohntes Dorf (im Gegensatz zu dem näher der Stadt gelegenen Neulerchenfeld mit seiner vorwiegend aus Arbeitern und Handwerkern zusammengesetzten Bevölkerung), war allerdings auch als Heurigenort bekannt. Am 11. Mai 1835 vernichtete ein Brand einen großen Teil der Gemeinde (von 82 Häusern brannten 52 gänzlich ab). Im 19. Jahrhundert entstand auf einem der Gemeinde Alt-Ottakring gehörenden Grund zwischen dem alten Ortskern und dem jungen Neulerchenfeld ein weiterer Gemeindeteil, der Neu-Ottakring benannt wurde; hier entstand eine Reihe von Fabriken, sodass Neu-Ottakring (ebenso wie Neulerchenfeld) um 1870 bereits städtischen Charakter aufwies (1848 war die Einwohnerzahl fünfmal so groß als jene von Alt-Ottakring, das noch zur Zeit der Eingemeindung den Eindruck eines Bauerndorfs erweckte).
Siegel
Der Vorort Ottakring führte ein Siegel, das teils einen oben und unten gebogenen, teils rechts und links geschweiften, teils einen ornamentierten, mit Festons geschmückten Schild, darin ein auf einem (Drei-)Berg stehendes Schildchen, darin ein Kreuz, über dem Schildchen eine Inful. Umschriften: a) ¤ [Rosette] S * OTTOCGARINGENSE ¤ [Rosette]. Rechts vom Schild die Zahl 16, links 94 (1694); b) GEMEINDE OTTAKRING; c) ¤ [Rosette] GEMEINDE OTTAKRING. Recht vom Schild die Zahl 18, links 84 (1884).
Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Ottakring.
Häuser
- 1258: 30
- 1340: 44
- 1408: 67
- 1493: 58
- 1516: 67
- 1590: 70
- 1646/1683: 70/80
- 1713: 49
- 1751: 66
- 1771: 70
- 1787: 73
- 1794: 74
- 1822: 80
- 1830: 87
- 1835: 82
- 1849: 282
- 1851: 294
- 1869: 555
- 1880: 972
- 1890: 1.404
Einwohner
- 1569: 80 (Kommunikanten)
- 1581: 212 (Kommunikanten)
- 1628: 286 (Kommunikanten)
- 1630: 300(Kommunikanten)
- 1644: 367 (Kommunikanten)
- 1713: 336
- 1762: 666
- 1783: 829
- 1794: 864
- 1822: 1.095
- 1830: 998
- 1835: 1.203
- 1837: 1.441
- 1843: 3.903
- 1846: 6.226
- 1849: 6.431
- 1851: 7.494
- 1857: 12.468
- 1869: 21.269
- 1880: 37.417
- 1890: 61.817
Häuserschematismen
Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.
- Orientirungs-Schema der Gemeinde Ottakring (nächst Wien) : mit einem Orientirungs-Plane. Wien: Selbstverlag der Gemeinde Ottakring 1868
- Peter Smöch: Häuser-Schema der K. K. Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien: mit deren zehn Bezirken und den Vororten. Wien: F. Olischer & F. Höllrigl 1875
- Kataster der Vororte Wiens. Wien: Lechner 1888
Ortsrichter
(ab 1700; vollständige Liste ab dem 15. Jh. bei Karl Schneider: Geschichte Gemeinde Ottakring. 1892, S. 699 f.)
- Georg Strasser (1700-1706)
- Jakob Gulden (1706-1712)
- Josef Graimetstetter (1712-1716)
- Andreas Schifer (1716-1730)
- Franz Kroismayr (1730-1734)
- Anton Gulden (1734-1735)
- Andreas Schifer (1735-1738)
- Johann Adam Schwach (1738-1742)
- Mathias Viertl (1742-1756)
- Franz Paltauf (1756-1768; † 20. Juli 1783; Paltaufgasse)
- Karl Gulden (1768-1777)
- Michael Jakob (1777-1788)
- Stefan Mandl (1788-1791)
- Josef Nunner (1791-1796)
- Andreas Bauer (1796-1808)
- Jakob Stöckl (1808-1826; † 26. März 1826)
- Franz Sallinger (1826-1835; † 11. April 1841)
- Anton Seeböck (1835-1841) (Seeböckgasse)
- Georg Eisner (1841-1846) (Eisnergasse)
- Michael Hertl (1846-1848; † 1856; Hertlgasse)
Bürgermeister
- Georg Eisner (1850-1858) (Eisnergasse)
- Leopold Sailler (1861-1869) (Saillergasse)
- Ignaz Edler von Kuffner, Brauereibesitzer (1869-1882; Kuffnergasse)
- Leopold Vock (1876-1882)
- Anton Adolf Zagorski, Baumeister (1882-1891; Zagorskigasse). Liebhartstal
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Jaro Franz-Ferron: Neu-Wien. Ein Rückblick auf die Geschichte der am 21. December 1891 zur Commune Wien einverleibten Vororte-Gemeinden. Korneuburg: Kühkopf 1892
- Wienbibliothek Digital: Karl Schneider: Geschichte der Gemeinde Ottakring. Wien: Selbstverlag des Geschichts-Comité der Gemeinde Ottakring 1892
Literatur
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XVII, Taf. K
Bevölkerungsgeschichte
- Historisches Ortslexikon. Statistische Dokumentation zur Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte. Wien: http://www.oeaw.ac.at/fileadmin/subsites/Institute/VID/PDF/Publications/diverse_Publications/Historisches_Ortslexikon/Ortslexikon_Wien.pdf