Neulerchenfeld (Vorort)

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Der Vorort Neulerchenfeld. Ausschnitt aus der Perspektivkarte 1830.
Daten zum Objekt
Neulerchenfeld am Franziszeischen Kataster, 1829

Neulerchenfeld (16., Katastralgemeinde), früher Vorortgemeinde "am neuen Lerchenfeld", die 1890/1892 gemeinsam mit Ottakring als 16. Bezirk (Ottakring, 16. Bezirk) nach Wien eingemeindet wurde.

Neulerchenfeld entstand um 1700 (aus diesem Jahr stammt der älteste erhaltene Plan [157 verzeichnete Parzellen], 1703 erfolgte die erste Nennung) als geplante Siedlung und wurde von Leuten aus dem 1683 zerstörten Ottakringer Ortsteil um St. Lambert angelegt (weshalb sie bis 1703 "Unter-Ottakring" genannt wurde), gehörte verwaltungsmäßig zur Gemeinde Ottakring und fand in Propst (1686-1706) Christoph(orus) II. Mathaei von Klosterneuburg (das Stift übte die Grundherrschaft über Ottakring aus) einen großzügigen Förderer. Das Haus "Zum Grundstein" (Grundsteingasse 6) soll das älteste der Siedlung gewesen sein.

Die Ortschaft bildete in gewissem Sinn eine Fortsetzung des alten Lerchenfelder Gebiets (Altlerchenfeld); sie war im Osten durch den Linienwall, im Süden durch den Ottakringer Bach und die an diesem entlanglaufende "Ottakrinner ordinari straß" (Teil des alten Flötzersteigs) und im Norden durch den (1869 parzellierten) Hernalser Exerzierplatz (Ottakringer Straße-Hubergasse-Friedmanngasse-Veronikagasse) begrenzt.

Neulerchenfeld unterschied sich von dem weiter draußen gelegenen Ottakring durch die soziale Schichtung der Bevölkerung: in Neulerchenfeld lebten vorwiegend Handwerker und kleinbürgerliche Gewerbetreibende, Ottakring war nach wie vor bäuerlich geprägt. Der ursprüngliche Ortskern war im Norden von der Quergasse (ursprünglich Feldgasse, heute Friedmanngasse), im Süden von der Gärtnergasse (ursprünglich Ordinari Straß gegen Ottakring, heute Grundsteingasse) begrenzt; die Neulerchenfelder Straße hieß Mittlere Hauptstraße. Aus dem Vormärz (um 1830) sind Bezeichnungen Obere Gasse (für die Gaullachergasse) und Untere Gasse (für die Grundsteingasse) überliefert, während die heutige Neulerchenfelder Straße Neu-Lerchenfelder Haupt-Gasse hieß; damals reichte Neulerchenfeld im Westen unter Einschluss der Unteren beziehungsweise Oberen Brunngasse (heute Brunnengasse) und der Unteren beziehungsweise Oberen Kirchengasse (heute Kirchstetterngasse) bis zur heutigen Haberlgasse.

Der Ort entwickelte sich rasch und wurde bald wegen der in zahlreichen Häusern eröffneten Gaststätten und Weinschenken bekannt (man sprach scherzweise von "des Heiligen Römische Reichs größtem Wirtshaus"); 1835 befanden sich in den 157 Häusern Neulerchenfelds nicht weniger als 92 Lokale sowie zwei Tanzsäle. Besonders beliebt waren die Gasthäuser "Zum Fassel" (16, Grundsteingasse 2, Lerchenfelder Gürtel 43), dessen Tanzfläche sich im Inneren eines 25.000-Eimer-Fasses befand, "Zur Bretze" (16, Grundsteingasse 25), wo es den ersten "Lumpenball" gab, "Zum grünen Baum" (16, Grundsteingasse 20), "Zum goldenen Luchs" (16, Neulerchenfelder Straße 43) und "Zur blauen Flasche" (16, Neulerchenfelder Straße 14). Der durch die Pest 1713 erlittene Rückschlag blieb nicht von Dauer.

Die Kirche "Zur schmerzhaften Mutter Gottes" (erbaut 1732-53) bildete den Mittelpunkt der sich wieder vergrößernden Gemeinde (Neulerchenfelder Kirche). Die Industrialisierung Wiens gab Neulerchenfeld ein gänzlich neues Gepräge; die Gemeinde gehörte (mit Ottakring, Hernals und Fünfhaus) zu jenen Teilen Wiens, die einen hohen Anteil an Substandardwohnungen mit dichtem Belag und hohem Untermieteranteil aufwiesen. Besonders Anziehungspunkt bildeten Mitte des 19. Jahrhunderts das Thaliatheater (in dem erstmals in Wien eine Wagner-Oper aufgeführt wurde) und die Thaliasäle (16, Grundsteingasse 20).

Siegel

Der Vorort Neulerchenfeld führte ein Siegel, das zwei Bäume auf freiem Feld, über dem Baum links eine und zwischen beiden Bäumen zwei schrägrechts fliegende Lerchen. Auf einem anderen Abdruck ist ein Baum auf freiem Feld von drei Lerchen überflogen.

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Ottakring.

Häuser

  • 1706: 25
  • 1713: 45
  • 1732: 150
  • 1751: 145
  • 1771: 152
  • 1785: 172
  • 1787: 153
  • 1794: 154
  • 1803: 155
  • 1814: 155
  • 1822: 155
  • 1830: 157
  • 1834: 158
  • 1843: 164
  • 1851: 170
  • 1857: 175
  • 1869: 196
  • 1880: 412
  • 1890: 627

Einwohner

  • 1695: 127
  • 1713: 225
  • 1732: 3.000
  • 1783: 5.777
  • 1794: 5.158
  • 1803: 5.291
  • 1814: 4.919
  • 1830: 4.677
  • 1834: 6.124
  • 1837: 6.351
  • 1843: 6.768
  • 1846: 7.113
  • 1851: 7.250
  • 1857: 9.052
  • 1869: 10.093
  • 1880: 25.657
  • 1890: 45.044

Häuserschematismen

Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.

Ortsrichter

Bürgermeister

Literatur

  • Eduard Jehly: Die Geschichte Ottakrings und Neulerchenfelds. Wien: "Reichspost" 1914 (Christlich-sozialen Rundschau für den 16.Bezirk, Sonderausgabe)
  • Ottakring. Ein Heimatbuch des 16. Wiener Gemeindebezirkes. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde in Ottakring. Wien: Schulbücherverlag 1924, S. 106 ff., S. 184 f., S. 215 ff.
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 42
  • Robert Messner: Die Josefstadt im Vormärz. Historisch-Topographische Darstellung der westlichen Vorstädte (nördliche Hälfte) und westlichen Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1973 (Topographie von Alt-Wien, 3), S. 36 ff., S. 93 f., S. 199 ff., S. 257, S. 269
  • Felix Czeike / Walter Lugsch: Studien zur Sozialgeschichte von Ottakring und Hernals. Wien: Verl. f. Jugend u. Volk 1955, S. 9 ff.
  • Karl Ziak: Von der Schmelz auf den Gallitzinberg. Gang durch die Gassen meiner Kindheit und durch die Geschichte Ottakrings. Wien [u.a.]: Verl. für Jugend u. Volk 1969, S. 15 ff.
  • Topographie von Niederösterreich. 8 Bände. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1877-1929. Band 5, S. 806 ff.
  • Karl Schneider: Zur Geschichte von Neulerchenfeld. In: Wiener Kommunal-Kalender und städtisches Jahrbuch. Teil: Beiträge zur Geschichte der Stadt Wien. Wien: Gerlach & Wiedling, 33.1895, S. 369-388
  • Friedrich Reischl: Wien zur Biedermeierzeit. Volksleben in Wiens Vorstädten nach zeitgenössischen Schilderungen. Wien: Gerlach & Wiedling 1921, S. 138 ff.
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 173
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 390 f.
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XVII, Taf. K

Bevölkerungsgeschichte