Urbar
Urbare werden in den historischen Hilfswissenschaften und in archivischer Begrifflichkeit zu den Amtsbüchern gezählt. Ein Urbar kann auch als Dienstbuch, Zinsbuch, Salbuch oder Gültbuch bezeichnet werden. Es handelt sich um ein Verzeichnis der Güter und Rechte eines Herrschaftsbesitzers oder Grundherrn samt den (erwarteten) Erträgnissen, ebenso Zinszahlungen der Untertanen, Einkünfte von Gerichten und Betrieben. Urbare sind wichtige wirtschafts- und sozialgeschichtliche Quelle für die Stadt- und Landesgeschichte.
Begrifflichkeit und Entstehung
Der Begriff „Urbar“ ist aus dem Mittelhochdeutschen entlehnt und bezeichnete ursprünglich den natürlichen Ertrag eines Grundstücks, später das zinstragende Grundstück selbst. Schließlich bedeutet er die schriftliche Zusammenstellung der mit dem Grundstück verbundenen Rechte und Einkünfte. Das Urbar wurde in einem bestimmten Jahr angelegt und einen bestimmten Zeitraum hindurch durch Nachträge ergänzt, dann legte man ein neues an. Vorgänger bildeten in mancherlei Hinsicht im südostdeutsch/österreichischen Raum die Traditionsbücher, aber auch die Kopialbücher. Urbare können auf Grundlage solcher Aufzeichnungen, Urkunden und Rechnungen oder der Befragung der Grunduntertanen entstanden sein. Ordnungskriterium des Urbars war im Mittelalter in erster Linie die Geografie bzw. Topografie, ab dem 15. Jahrhundert auch die Alphabet im Hinblick auf die Ortsnamen.
Früheste Urbare und Wiener Situation
Das älteste landesfürstliche Urbar für das Herzogtum Österreich stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die ältesten Wiener Exemplare sind das Bürgerspitalsgrundbuch aus 1305[1] und das Urbar/Dienstbuch des Schottenstifts aus 1314. Die Entwicklung solcher "Sachverzeichnisse" wird aufgrund der Wiener Archivtradition unter den Grundbüchern dargestellt. - Im Zuge der Verwaltungsreformen Maria Theresias wurde 1753 ein neues städtisches Urbar angelegt. Die Urbare wurden bis zur Ablöse der Grunduntertänigkeit (1848/1850) geführt.
Siehe auch:
Quellen
- Das älteste Wiener Urbar: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Grundbücher, B6.1 - Dienstbuch A 1305-
- Urbare sind im Grundbuchsbestand des Wiener Stadt- und Landesarchivs eingereiht: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Grundbücher 1305 bis um 1880
Literatur
- Enno Bünz: Probleme der hochmittelalterlichen Urbarüberlieferung. In: Werner Rösener [Hg.]: Grundherrschaft und bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 115). Göttingen: 1995, S. 31-75
- Enno Bünz: Urbare und verwandte Quellen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In: Michael Maurer H[g.]: Aufriss der historischen Wissenschaften. 4. Band: Quellen. Stuttgart: 2002, S. 168-189
- Alphons Lhotsky: Quellenkunde zur mittelalterlichen Geschichte Österreichs (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband XIX). Graz-Köln: Verlag Hermann Böhlaus Nachfahren 1963, S. 102f.
- Erich Zöllner [Hg.], Die Quellen der Geschichte Österreichs. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1982 (Schriften des Instituts für Österreichkunde, 40) (Spezialliteratur)
Weblinks
- Historisches Lexikon Bayerns: Matthias Bader: Urbare
- LEO-BW Südwestdeutsche Archivalienkunde: Peter Rückert, Urbare.