Wiener Stadt- und Landesarchiv

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Die Gasometer in Wien Simmering. Heimstatt des Wiener Stadt- und Landesarchivs seit 2001
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Behörde
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1312 JL
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Benannt nach
Prominente Personen Karl Weiß, Karl Uhlirz, Hermann Hango, Otto Hellmuth Stowasser, Richard Mattis, Leopold Sailer, Robert Hohlbaum, Rudolf Geyer (Historiker), Max Kratochwill, Felix Czeike, Ferdinand Opll
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  10166
GNDGemeindsame Normdatei 2060831-7
WikidataIDID von Wikidata Q1423528
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Archive, Magistratsabteilung, Magistratsabteilung 8 - Wiener Stadt- und Landesarchiv, Wiener Stadt- und Landesarchiv/Bestände, Wiener Stadt- und Landesarchiv/Archivierung, Wiener Stadt- und Landesarchiv/Stadtgeschichte
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Letzte Änderung am 17.10.2024 durch WIEN1.lanm08pil
BildnameName des Bildes gasometer.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Die Gasometer in Wien Simmering. Heimstatt des Wiener Stadt- und Landesarchivs seit 2001
  • 11., Guglgasse 14

Frühere Adressierung
  • Abteilung III/2 - Archiv der Stadt Wien (1939, bis: 1941)
  • Abteilung D 4 - Archiv der Stadt Wien (1941, bis: 1945)
  • Magistratsabteilung VII/7 - Archiv der Stadt Wien (1945, bis: 1946)
  • Magistratsabteilung 67 - Archiv der Stadt Wien (1946, bis: 1973)
  • Magistratsabteilung 8 - Wiener Stadt- und Landesarchiv (1973)

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48° 11' 4.32" N, 16° 25' 18.89" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv (11., Guglgasse 14, Gasometer D, 1.-3. beziehungsweise 4.-6. Stock; Gasometer-City), ist das Archiv der Stadt und des Bundeslandes Wien. Es verwahrt rund 63.000 Laufmeter an Beständen vom Beginn des 13. Jahrhunderts (die älteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1208) bis Anfang des 21. Jahrhunderts und leistet vor allem auch im Zusammenhang mit der Erbringung von aus rechtlichen Gründen erforderlichen Nachweisen einen wesentlichen Dienst an der Bevölkerung. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv ist als Magistratsabteilung 8 ein Teil des Magistrats der Stadt Wien.

Aufgrund des Wiener Archivgesetzes[1] hat das Wiener Stadt- und Landesarchiv den Auftrag, archivwürdige Unterlagen des Landes und der Stadt Wien und solche, die Wien betreffen, zu erfassen, zu bewerten, zu übernehmen, dauerhaft aufzubewahren und nutzbar zu machen.

Inhalt:
  1. Archivgeschichte
    1. Anfänge
    2. Von der Türkenbelagerung bis zum Ersten Weltkrieg
    3. Das Archiv in der Zwischenkriegszeit
    4. Das Archiv in der NS-Zeit
    5. Das Archiv in der Nachkriegszeit
    6. Jüngere Geschichte: Raumnot, Übersiedlung, Archivgesetz
    7. Das Archiv im 21. Jahrhundert
  2. Verwaltungsgeschichte
  3. Bestände
  4. Archivierung, Erschließung und Bereitstellung
  5. Stadtgeschichte am Wiener Stadt- und Landesarchiv
  6. Direktoren und Direktorin
  7. Siehe auch
  8. Videos
  9. Quellen
  10. Literatur
  11. Weblinks
  12. Einzelnachweise

Archivgeschichte

Die Anfänge des Archivs reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Bis 1863 blieb das Archiv allerdings mit der Registratur vereinigt und war bis 1889 Teil der städtischen Sammlungen. 1889 wurde es eine eigenständige, direkt dem Bürgermeister unterstellte Dienstelle, die im Neuen Rathaus untergebracht war. Mit der Schaffung des Bundeslandes Wien 1922 übernahm das Archiv auch die Aufgaben eines Landesarchivs, wiewohl sich dies erst 1969 im Namen niederschlug. Seit 1973 firmiert es unter der Bezeichnung MA 8 - Wiener Stadt- und Landesarchiv. 2001 übersiedelte das Archiv in den Gasometer D im 11. Bezirk (11., Guglgasse 14).

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrte 2024 rund 63.000 Laufmeter an Beständen vom Beginn des 13. Jahrhunderts (die älteste Urkunde, das Flandrenserprivileg, stammt aus dem Jahr 1208) bis Anfang des 21. Jahrhunderts und leistet vor allem auch im Zusammenhang mit der Erbringung von aus rechtlichen Gründen erforderlichen Nachweisen einen wesentlichen Dienst an der Bevölkerung.

Anfänge

Erster "Auftrag" zur Archivierung. Rückvermerk auf einer Urkunde Friedrichs des Schönen für Wien von 1312 (WStLA, HA Urkunden, Privileg 3, 2. Exemplar)

Die Anfänge des städtischen Archivwesens in Wien sind mit denen einer eigenständigen städtisch-bürgerlichen Verwaltung im frühen 13. Jahrhundert verbunden. Nachweise für den Bestand des Stadtarchivs haben sich allerdings erst aus dem 14. Jahrhundert erhalten. Auf einer Urkunde Friedrichs des Schönen für Wien aus dem Jahr 1312 findet sich der Rückvermerk: "des brieffs sol man hüttn als des golcz".[2] Dies wird allgemein als erster Beleg für die Beauftragung zur Archivierung verstanden. In diese Zeit fällt auch der Ausbau der städtischen Verwaltungsgeschichte|Verwaltung sowie die Anlage des zentralen Wiener Rechtsbuches, des „Eisenbuches“. Dieses stellt neben den „Stadtbüchern“ (früher „Geschäfts- und Testamentenbücher“) von 1395 bis 1430, dem „Gültenbuch“ von 1418 und dem 1430 vom Stadtschreiber Ulrich Hirssauer angelegten „Handwerksordnungsbuch“ ein Prunkstück des Archivs dar.

Ab dem 15. Jahrhundert ist die Unterbringung des "Archivs" im heutigen Alten Rathaus bekannt: 1428 wird der Aufbewahrungsort einer Urkunde "im ratturm in einer scatel [Schachtel]" erwähnt.

Der Turm des Rathauses in der Salvatorgasse wird 1428 erstmals als Standort des Archivs erwähnt. Ausschnitt aus der Vogelschau von Wien, Jakob Hoefnagel (1609)

Erste Versuche einer systematischen Sichtung und Inventarisierung des städtischen Urkundenbestands gab es 1534 durch die Ratsherren Wolfgang Treu, Steffan Denkh, Hermes Schallautzer und Leopold Schadner.

Von der Türkenbelagerung bis zum Ersten Weltkrieg

Große Probleme ergaben sich im Gefolge der Belagerung durch die Osmanen 1683, als die Bestände in eine solche Unordnung gerieten, dass diese erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach und nach wieder behoben werden konnte. Die Ordnung und Neuaufnahme der Urkunden und Akten erfolgte dabei durch Christoph Düll ab 1714. Entscheidende archivische Ordnungsarbeiten wurden durch Franz Tschischka (vor allem Trennung und Ordnung der Hauptarchiv-Urkunden und -Akten ab 1828) durchgeführt.

Das Archiv litt vor allem unter der Doppelbelastung als Registratur und Archiv, ein Zustand, der erst 1863 auf maßgebliche Initiative von Karl Weiß (Direktor 1863-1889) endgültig beseitigt werden konnte. In die Ära des Stadtarchivars Weiß, der auch die 1856 wiederbegründete Stadtbibliothek (Wiener Stadt- und Landesbibliothek, heute Wienbibliothek im Rathaus) betreute, fällt dann sowohl die Übersiedlung in das 1883 fertiggestellte (Neue) Rathaus als auch die Gründung des Historischen Museums (1887) (heute Wien Museum), das ebenfalls seiner Leitung anvertraut wurde. Nach der Übersiedlung des Archivs in das neue Rathaus erfolgte eine weitere Neuordnung und Neuaufstellung ab 1884 durch Karl Weiß und Karl Uhlirz (Amtszeit 1882-1903, Direktor ab 1889).

Anlässlich seiner Pensionierung legte Weiß 1889 ein Gutachten über die künftige Organisation des von ihm geleiteten Bereichs vor, auf dessen Grundlage es am 25. Juni 1889 zur Trennung des Archivs von den übrigen städtischen Sammlungen (Bibliothek und Museum) sowie zur unmittelbaren Unterstellung unter den Bürgermeister kam.

Unter Weiß' Nachfolger Karl Uhlirz machte vor allem die wissenschaftliche Erschließung der älteren Archivalien große Fortschritte, wobei in besonderer Weise auf die Zusammenarbeit mit dem Alterthumsverein, dem heutigen Verein für Geschichte der Stadt Wien, hinzuweisen ist.

Nach Uhlirz' Berufung an die Universität Graz erfolgte unter Direktor Hermann Hango 1904 die Rücknahme der unmittelbaren Unterstellung unter den Bürgermeister und die Eingliederung in den Magistrat samt Unterstellung unter den Magistratsdirektor.

Das Archiv in der Zwischenkriegszeit

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs kam es in Verbindung mit der Erhebung Wiens zum eigenen Bundesland (Trennungsgesetz 1920/1922) zu einer entscheidenden Aufgabenvermehrung des bislang städtischen Archivs, das nunmehr auch die Funktion eines Landesarchivs und damit unter anderem die Zuständigkeit für Bestände aus dem Bereich der Gerichte erhielt. Rein äußerlich machte sich dies in der deutlich ansteigenden Raumnot bemerkbar. Im Zuge der Trennung Wiens von Niederösterreich wurden dem Archiv vom Niederösterreichischen Landesarchiv mengenmäßig nur wenige, dafür sehr wertvolle Archivalien überlassen.[3]

Bis 1934 unterstand das Archiv weiterhin direkt dem Magistratsdirektor, in diesem Jahr wurde im Zuge einer Verwaltungsreform die Ebene eine beamteten Stadtrats dazwischengeschoben.

Der nach Hangos Pensionierung zum Archivdirektor bestellte Otto Stowasser zeigte sich vor allem auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit und der Volksbildung aktiv, richtete Kurse für die Lehrerschaft ein und begann mit einer archiveigenen Publikationsreihe ("Studien aus dem Archiv der Stadt Wien", 1929 ff.), von der allerdings nur zwei Doppelbände erschienen. Ungelöst sollte bis 1938 die Raumfrage bleiben, bei der es dann in den folgenden Jahren unter ganz anderen Aspekten zu einer vorübergehenden Lösung kam.

Das Archiv in der NS-Zeit

Obwohl nach dem "Anschluss" Österreichs zunächst infolge der Konstituierung von "Groß-Wien" per 15. Oktober 1938 zahlreiche Bestände aus den zuvor niederösterreichischen Gemeinden der damals neu geschaffenen Bezirke 22 bis 26 übernommen wurden, entspannte sich die Situation in der Folge durch eine umfassende Bergungsaktion; während des Zweiten Weltkriegs wurden rund 70 Prozent der Archivbestände in verschiedene niederösterreichische Bergungslager verbracht, wo sie diese Zeit unversehrt überstanden.

Zum Zeitpunkt des "Anschlusses" war Richard Mattis Archivdirektor, wurde jedoch als "politisch Belasteter" (CVer, Mitglied der Studentenverbindung Austria-Wien und Vertrauensmann der Vaterländischen Front) mit Beschluss des nunmehr nationalsozialistischen Bürgermeisters Hermann Neubacher am 31. Mai 1938 - gemäß der Dienstordnung mit vollen Bezügen - in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.[4] Neuer Direktor wurde der seit 1922/1924 im Archiv tätige Leopold Sailer, der schon als illegaler Nationalsozialist offen politische Treffen im Archiv abgehalten hatte und bei dem auch in dieser Zeit Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden.[5] Unter seiner Direktor wurde das Archiv als Teil der NS-Bürokratie vor allem im Bereich der Ahnenforschung und Ahnenpässe beziehungsweise Ariernachweise eingesetzt. Juden wurde die Benutzung staatlicher Archive - außer für familiengeschichtliche Zwecke und "zur Erforschung des jüdischen Volkstum" - verboten, so auch des Wiener Stadtarchivs.[6]

Das Archiv in der Nachkriegszeit

Die Bestände der 1938 eingemeindeten und 1954 wieder ausgegliederten niederösterreichischen Gemeinden wurden ab 1955 zurückgestellt. Dennoch wurden mit der Rückführung ausgelagerter Bestände nach Wien unter Archivdirektor Rudolf Geyer, der auch eine Neuordnung der Grundbücher und eine Neusignierung der Bestände der Magistratsabteilungen vornahm, die seit langem bestehenden Raumprobleme aber sofort wieder akut. Erst durch den archivgerechten Umbau einer ehemaligen Schule (7., Kandlgasse 30) für Zwecke der Archivalienlagerung konnte 1962 eine für einige Zeit tragfähige Lösung gefunden werden. Das Stadtarchiv, das 1934 zu einem selbstständigen Amt der Verwaltungsgruppe I (Landesbehördliche Angelegenheiten und besondere Verwaltungszweige) und 1939 eine Abteilung (ab 1946 Magistratsabteilung 67) geworden war, wurde 1950 der Geschäftsgruppe Kultur unterstellt.

Jüngere Geschichte: Raumnot, Übersiedlung, Archivgesetz

Blick in ein Depot, in dem Historische Wiener Meldeunterlagen verwahrt werden

Erst 1969 erhielt es den ihm der Funktion nach seit November 1920 zustehenden Titel "Archiv der Stadt und des Landes Wien", 1973 wurde die heutige Bezeichnung "Wiener Stadt- und Landesarchiv" unter gleichzeitiger Änderung der Nummerierung (bisher Magistratsabteilung 67, nunmehr Magistratsabteilung 8) eingeführt.

Ab 1976 kam es, bedingt durch die ständig steigende Raumnot, zur Zuweisung weiterer Außenstellen an das Archiv, zum anderen konnte der Personalstand des Archivs bei gleichzeitiger Inangriffnahme neuer Arbeitsbereiche fast verdoppelt werden.

Die Bemühungen, dem Archiv ein eigenes Gebäude außerhalb des Rathauses zu verschaffen, in dem sämtliche Teilbereiche, Büroräume, Archiv- und Bibliotheksdepots sowie ein Benützerraum, ein Vortrags- und Tagungssaal und ein Ausstellungsraum untergebracht werden konnten, gehen auf die ausgehenden 1970er Jahre zurück (Direktion Felix Czeike 1976-1989). Damals begann sich abzuzeichnen, dass das Zentraldepot (7., Kandlgasse 30) in Kürze für Archivalienzuwächse nicht mehr aufnahmefähig sein würde. Als das Archiv ab 1976 eine wesentliche Aufgabenerweiterung mit gleichzeitig wachsendem Personalstand erfuhr (beispielsweise durch das Ludwig Boltzmann Institut für Stadtgeschichtsforschung, 1977-2010 zuständig für die wissenschaftliche und kartografische Erarbeitung des Österreichischen Städteatlas und des Historischen Atlas von Wien, die neu aufgebaute zeitgeschichtliche Sammlungen [Dokumentation des 20. Jahrhunderts, Biografische und Topografische Sammlung], die wesentliche Vergrößerung und zeitgemäße Verwahrung des Planarchivs, ein steigendes Ausstellungsvolumen, große Archivalienübernahmen [neben dem laufenden Zugang aus den städtischen Dienststellen] wie beispielsweise die historischen Akten der sogenannten Plan- und Schriftenkammer, die historischen Teile, das heißt die Meldezettel, des Meldereferats der Bundespolizeidirektion und [als Dauerleihgabe] das Archiv des Künstlerhauses) und es nach und nach auf rund ein Dutzend Büro- und Depotaußenstellen verteilt war, die in den Bezirken 1, 7, 8, 16 und 20 lagen, und sich mehrfach in Aussicht genommene Objekte (in den Bezirken 1, 6, 8 und 20) letztlich wegen ihrer zu geringen Größe oder ihrer Lage (insbesondere mangelhafte Verkehrsanbindung) als ungeeignet erwiesen, wurden die Bemühungen um eine "große Lösung" in den 1990er Jahren (Direktion Ferdinand Opll 1989-2010) intensiviert und letztlich erfolgreich abgeschlossen, weil der Ausbau der denkmalgeschützten Gasometer eine einmalige Gelegenheit bot, dem Archiv ein zukunftssicheres Domizil zu verschaffen, in dem nicht nur der gesamte Dienstbetrieb abgewickelt werden konnte, sondern auch eine längerfristig ausreichende Depotfläche zur Verfügung stand. Durch die unmittelbare Anbindung an die U-Bahn ist das Archiv zudem leicht erreichbar.

Schnitt durch den Gasometer D in Simmering

Der Bau erfolgte nach Plänen von Wilhelm Holzbauer in den Jahren 1999-2001, am 26. September 2001 wurde das Archiv offiziell eröffnet. In den Geschoßen eins bis drei sind ausschließlich Archivdepots untergebracht, in den Geschoßen vier bis sechs in einem äußeren Ring Büro- und im Kern Depoträume. Im vierten Archivgeschoß befindet sich neben variable zwei Vortrags- beziehungsweise Seminarsälen zudem der Lesesaal, ein Kleinausstellungsraum (Ausstellungsfoyer), in dem bis 2018 regelmäßig Präsentation von Kleinausstellungen (mit Katalogen) zu sehen waren. Seit 2019 sind eine Dauerausstellung sowie zwei bis drei Mal jährlich wechselnde Präsentationen von Originaldokumenten zu den Themenschwerpunkten im Wien Geschichte Wiki zu sehen. Im fünften Archivgeschoß ist die Direktion samt Büromanagement untergebracht; außerdem hat der Verein für Geschichte der Stadt Wien im Archiv seinen Sitz.

Im Gasometer finden seit 2001 zahlreiche nationale und internationale Tagungen zur Stadtgeschichte sowie archivwissenschaftlichen Veranstaltungen statt, unter anderem im Herbst 2003 die Tagung der "Commission internationale pour l'histoire des villes", die anlässlich des 150-Jahre-Jubiläums des 1853 als "Alterthums-Vereins zu Wien" gegründeten Vereins für Geschichte der Stadt Wien in der Bundeshauptstadt ausgerichtet wurde. Die Vorträge des Vereins für Geschichte der Stadt Wien finden seit der Übersiedlung in den Gasometer ebenso im Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchiv statt wie auch die Vorträge zu den seit 2019 stattfindenden Themenschwerpunkten im Wien Geschichte Wiki. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv ist im Arbeitskreis der Kommunalarchivarinnen und Kommunalarchivaren vertreten, dessen Vorsitzende Direktorin Brigitte Rigele ist. Zudem finden im Archiv jährlich Schulungen im Rahmen der abiLehre (Lehre zur Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistenz). 2025 wird der Österreichische Archivtag vom Wiener Stadt- und Landesarchiv ausgerichtet und zum Teil hier abgehalten.

Am 30. Juni 2000 wurde das Wiener Archivgesetz (WrArchG) im Wiener Landtag einstimmig beschlossen[7] und im Landesgesetzblatt 55/2000 am 17. Oktober 2000 kundgemacht.[8]

Das Archiv im 21. Jahrhundert

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat aufgrund des Wiener Archivgesetzes den Auftrag, archivwürdige Unterlagen des Landes (seit 1922) und der Stadt Wien und solche, die Wien betreffen, zu erfassen, zu bewerten, zu übernehmen, dauerhaft aufzubewahren und nutzbar zu machen. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sind alle Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und die nicht mehr ständig benötigt werden, dem Archiv anzubieten. Darüber hinaus können auch Unterlagen, die jünger sind, angeboten werden, sofern diese nicht mehr ständig benötigt werden. Nur ein Teil dessen, was in den Dienststellen an Schriftgut produziert wird, ist jedoch archivwürdig. Eine Reihe von Bewertungskriterien hilft bei der Entscheidung, ob etwas vernichtet oder dauerhaft aufbewahrt werden soll.

Die Aufgaben des Archivs umfassen neben den „traditionellen“ Bereichen der Übernahme und Erschließung von Archivgut sowie dem Lesesaalbetrieb auch die Führung einer archivwissenschaftlichen und stadtgeschichtlich orientierten Archivbibliothek (mit ausgedehntem internationalen Schriftentausch), die Erschließung der Gemeinderats- und Landtagsprotokolle, die Betreuung der historischen Meldeunterlagen sowie seit 2014 die Betreuung des Wien Geschichte Wikis mit (seit 2019) regelmäßigen Themenschwerpunkten, in denen unter anderem Bestände des Archivs näher vorgestellt werden. Zur Öffentlichkeitsarbeit gehört auch wesentlich die Zusammenarbeit mit dem Verein für Geschichte der Stadt Wien, dessen Publikationen in den internationalen Schriftentausch einfließen.

Die Bestände wurden durch Inventarhefte erschlossen, die mittlerweile zur Gänze in das online seit 2006 verfügbare Wiener Archivinformationssystem (WAIS) als Informationsdatenbank eingeflossen sind. Die Bezeichnung WAIS – Wiener Archivinformationssystem wird sowohl für die Benutzeroberfläche im Internet (WAIS Web) als auch für die im Hintergrund existierende Datenbank (WAIS Desk) verwendet.

Werden derzeit noch hauptsächlich Papierunterlagen übernommen, so stützt sich die moderne Verwaltung mittlerweile meist auf elektronische Hilfsmittel. Dazu gehört nicht nur der elektronische Akt, sondern auch elektronische Bilder und Pläne. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv ist auch hier verantwortlich für die richtige Auswahl, Übernahme und Aufbewahrung von elektronischen Dokumenten und arbeitet daran, diese dauerhaft lesbar und damit zugänglich zu machen.

Neue Aufgabenstellungen unter der Direktion von Brigitte Rigele im Bereich der Archivbestände sind daher die Vorbereitung der Übernahme von elektronischen Unterlagen (Elektronische Aktenführung durch den seit den 2010er Jahren eingeführten ELAK) und Fragen der digitalen Langzeitarchivierung, die Bereitstellung von Digitalisaten über das Wiener Archivinformationssystem und damit in Zusammenhang stehend die Einrichtung eines digitalen Lesesaals.

Die auf rund 20 Jahre angelegte Raumreserve im Gasometer und die laufenden Übernahmen führten dazu, dass das Archiv mit 1. Juli 2020 ein neues Außendepot beim Zentralfriedhof (11., Sofie-Lazarsfeld-Straße 18) angemietet und seither laufend besiedelt hat.

Verwaltungsgeschichte

Mit Gemeinderatsbeschluss vom 25. Juni 1889 wurde das Archiv zu einem selbstständigen, dem Bürgermeister unterstellten Amt. Am 12. Juli 1904 beschloss der Gemeinderat die Eingliederung des Archivs in den Verband des Magistrats und seine Unterstellung unter den Magistratsdirektor. Besondere Aufgaben resultierten aus der Erhebung Wiens zu einem eigenen Bundesland (1922), wodurch das Archiv auch für die Aufbewahrung von Beständen, die aus der Landesverwaltung hervorgehen, zuständig wurde (in erster Linie handelt es sich dabei um die Bestände der staatlichen Gerichte). Weiterlesen im Artikel Magistratsabteilung 8.

Bestände

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrt Bestände des „Stadtarchivs“, des „Landesarchivs“ und der „Sammlungen“, darüber hinaus der Landtags- und Gemeinderatsdokumentation. Das Archiv hat zudem eine umfangreiche Archivbibliothek mit dem Schwerpunkt auf Wiener Stadtgeschichte, vergleichende Stadtgeschichte sowie Archivwissenschaft. Weiterlesen im Artikel Bestände.

Archivierung, Erschließung und Bereitstellung

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv (MA 8) hat aufgrund des Wiener Archivgesetzes den Auftrag, archivwürdige Unterlagen des Landes (seit 1922) und der Stadt Wien und solche, die Wien betreffen, zu erfassen, zu bewerten, zu übernehmen, dauerhaft aufzubewahren und nutzbar zu machen. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sind alle Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und die nicht mehr ständig benötigt werden, dem Archiv anzubieten. Darüber hinaus können auch Unterlagen, die jünger sind, angeboten werden, sofern diese nicht mehr ständig benötigt werden. Nur ein Teil dessen, was in den Dienststellen an Schriftgut produziert wird, ist jedoch archivwürdig. Eine Reihe von Bewertungskriterien hilft bei der Entscheidung, ob etwas vernichtet oder dauerhaft aufbewahrt werden soll. Weiterlesen im Artikel Archivierung.

Stadtgeschichte am Wiener Stadt- und Landesarchiv

Während das magistratische Archiv seine Daseinsberechtigung über Jahrhunderte allein aus der Bedeutung für die städtische Verwaltung und Politik bezog, indem es als arcanum – exklusives „Geheimarchiv“ – fungierte, entwickelte sich im 19. Jahrhundert zusehends ein neues Feld, auf dem es eine Rolle spielen sollte: die Geschichtswissenschaft. Das Archiv gewann eine ideelle Bedeutung für die Forschung. Der Fortschritt der Geschichtswissenschaft wirkte sich positiv auf das Archiv aus und führte zu einem wissenschaftlichen Aufschwung desselben, indem es ein Ort der Quellenforschung wurde. Die beiden traten fortan in eine wechselseitige Beeinflussung. Das Archiv wurde vom „Anhängsel“ der Registratur zur selbständigen wissenschaftlichen Institution, Archivare zu wissenschaftlich arbeitenden städtischen Bediensteten. Weiterlesen im Artikel Stadtgeschichte.

Direktoren und Direktorin

Siehe auch

Videos

Filmarchiv der Media Wien, ORF/Herbert Hauck: Filmporträt über das Wiener Stadt- und Landesarchiv mit einem thematischen Schwerpunkt auf die historische sowie zeitgenössische Bedeutung der Unterlagen und der Arbeit im Archiv (1964/1965). Zitat: WStLA, Filmarchiv der media wien, 762, Ausschnitt: 2 Min. 3 Sek.

Video: Stadt Wien/Bohmann Verlag: Strafakten im Wiener Stadt- und Landesarchiv, 1 Min. 32 Sek. [Stand: 12.10.2018]

Quellen

Literatur

Archiv

  • Archiv Gasometer. Das neue Wiener Stadt- und Landesarchiv. In: Perspektiven 9/10 (2001)
  • Archivinventare. In: Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe A
  • Ausstellungskataloge. In: Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B
  • Das Archiv der Stadt Wien. In: Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Band 8: Archivalien aus 8 Jahrhunderten, Wien 1959-2003, S. 102 ff.
  • Peter Csendes: Das Wiener Stadt- und Landesarchiv. Ein Führer. In: Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe C, Heft 3 (1991)
  • Peter Csendes: Die Bestände des Wiener Stadt- und Landesarchivs. In: Perspektiven 9/10 (2001), S 13 ff.
  • Felix Czeike: Das Wiener Stadt- und Landesarchiv: Organisation, Aufgabenbereich und Forschung. In: Wiener Schriften 42 (1978), S. 171 ff.
  • Felix Czeike: Aufgabenstellungen im Bereich der Landesarchive. Dargestellt am Beispiel Wiens. In: Scrinium 19 (1978), S. 3 ff.
  • Rudolf Geyer: Das Archiv der Stadt Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 4 (1949), Heft 3/4, S. 53 ff.
  • Rudolf Geyer: Das Archiv der Stadt Wien. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Band 1, Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1955, S. 59 ff.
  • Helmut Kretschmer: Zur Geschichte der Gasometer. In: Perspektiven 9/10 (2001), S. 35 ff.
  • Andreas Mailath-Pokorny: Archiv - das Bewusstsein der Stadt. In: Perspektiven 9/10 (2001), S. 9 ff.
  • Ferdinand Opll: Geschichte des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien 1994 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe C, Heft 5)
  • Ferdinand Opll: Das Wr. Stadtarchiv im Krieg und in der Nachkriegszeit. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 51 (1995), S. 177 ff.
  • Ferdinand Opll: Ein Archivbau der besonderen Art. In: Scrinium 53 (1999), S. 291 ff.
  • Ferdinand Opll [Hg.]: Das neue Wiener Stadt- und Landesarchiv im Gasometer "D" in Wien-Simmering. Festschrift zu seiner Eröffnung. Wien 2001 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe C, Heft 7) (Anhang 1: Archivgesetz)
  • Ferdinand Opll: Das Wiener Archivgesetz und seine Auswirkungen auf die Umsetzung archivalischen Aufgaben. In: Scrinium 56 (2002), S. 26 ff.
  • Ferdinand Opll: Das Wiener städtische Archivwesen vom 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart. In: Perspektiven 9/10 (2001), S. 18 ff.
  • Ferdinand Opll: Ein Industriedenkmal als Archivbau. Zum Neubau des Wiener Stadt- und Landesarchivs im Gasometer "D" in Wien-Simmering. In: Archivalische Zeitschrift 84 (2001), S. 205 ff.
  • Susanne Pils / Gerhard Meissl: Wissenschaftliche Arbeiten im Wiener Stadt- und Landesarchiv. In: Perspektiven 9/10 (2001), S. 27ff.
  • Tätigkeitsberichte. In: Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe C
  • Brigitte Rigele: Das Wiener Stadt- und Landesarchiv in den Jahren 1938-1945. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 54 (2010), S. 387-424
  • Herbert Tschulk: Die Entwicklung des Wiener Stadtarchivs zur wissenschaftlichen Anstalt. Von den Anlangen bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert. Diss. Univ. Wien. Wien 1980
  • Herbert Tschulk: Vom Archivregistrator zum Archivorganisator. Zur Geschichte des Wiener Stadt- und Landesarchivs. In: Wiener Geschichtsblätter 44 (1989), Beiheft 3
  • Walter Weinzettl: Beiträge zur Geschichte der Wiener Stadtkanzlei im 15. Jahrhundert. Ungedruckte Prüfungsarbeit Institut für österreichische Geschichtsforschung. 1950

Verwaltung

  • Felix Czeike / Peter Csendes: Die Geschichte der Magistratsabteilungen der Stadt Wien 1902–1970. Band 1. Wien: Jugend und Volk 1971 (Wiener Schriften, 33), S. 123–125
  • Peter Csendes: Geschichte der Wiener Magistratsabteilungen in den Wahlperioden 1969 bis 2005. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 2007 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe C, Heft 13), S. 55-56

Weblinks

Referenzen

  1. Gesetz betreffend die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von in Eigentum oder Verwahrung der Stadt Wien befindlichem Archivgut (Wiener Archivgesetz - Wr.ArchG), LGBl. Nr. 55/2000.
  2. WStLA, HA Urkunden, Privileg 3, 2. Exemplar.
  3. Es handelte sich um: Flandrenserprivileg, Minoritenbegräbnisbuch, Teile des Nachlasses von Alois Groppenberger von Bergenstamm (einige Teile verblieben im Niederösterreichischen Landesarchiv), Bücher der Josephinischen Steuerfassion (WStLA, Steueramt, B33 bis B35) sowie einige Urkunden (WStLA, Hauptarchiv-Urkunden, U2: 6623 bis 6642), vgl. WStLA, M.Abt. 438, A1: 493.
  4. Brigitte Rigele: Das Wiener Stadt- und Landesarchiv in den Jahren 1938-1945. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 54 (2010), S. 387-424, hier S. 390.
  5. Brigitte Rigele: Das Wiener Stadt- und Landesarchiv in den Jahren 1938-1945. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 54 (2010), S. 387-424, hier S. 392 f.
  6. Brigitte Rigele: Das Wiener Stadt- und Landesarchiv in den Jahren 1938-1945. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 54 (2010), S. 387-424, hier S. 401.
  7. INFODAT: 27. Sitzung des Landtages vom 30.06.2000, Aktenzahl 442-MDBLTG (Gesetzesentwurf (Erläuterungen und LGBl))
  8. Landesgesetzblatt für Wien, Jahrgang 2000, 55. Gesetz.