Meldewesen

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Die Meldeunterlagen aus dem Wiener Stadt- und Landesarchiv sind phonetisch geordnet.
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BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Die Meldeunterlagen aus dem Wiener Stadt- und Landesarchiv sind phonetisch geordnet.


Geschichte

Das Meldewesen wurzelt im Personenrecht und jenem Bereich der Verwaltung des Mittelalters, der fremden- und sicherheitspolizeiliche Aufgaben umfasste. Während das Stadtrecht Leopolds VI. von 1221 noch zwischen Bürgern und Gästen unterschied, beschränkte sich die Stadtordnung Ferdinands I. von 1526 auf die Nennung von Bürgern, Inwohnern und Tagwerkern und ließ Fremde unberücksichtigt. Die Entscheidung über den Aufenthalt von Fremden lag im Mittelalter beim Bürgermeister und Rat. Die Meldung über die Anwesenheit eines Fremden bedeutete zugleich dessen Aufenthaltsgenehmigung; andernfalls erfolgte nach gerichtlicher Untersuchung die "Abschaffung" (Verweisung). Das Fehlen einer Meldepflicht für die ansässige Bevölkerung wurde durch Häuservisitationen ersetzt, die von Beschreibungs- und Visitationskommissären vorgenommen wurden, die nach der Einführung der Meldepflicht auch für Teile der ansässigen Bevölkerung (Anfang 18. Jahrhundert) für die Einhaltung der Meldevorschriften zu sorgen hatten. Ab 1624 lassen sich von den Hauseigentümern vorzunehmende "Beschreibungen" nachweisen, die von der Behörde angeordnet wurden. Die älteren melderechtlichen Vorschriften standen im Zusammenhang mit Gefahren, die der Stadt aus dem unkontrollierten Aufenthalt von Fremden drohen konnten (Brandstiftung, Epidemien [Pest], Vagabunden, Bettler, Spione); beispielsweise schreibt die Feuerordnung von 1458 ausdrücklich vor, dass niemand beherbergt werden dürfe, der nicht "ain policen von dem purgermaister" besitze, und die Infektionsordnung von 1551 wurde zur Grundlage späterer Sanitärkontrollen.

Am 15. Juli 1564 erließ Ferdinand I. eine Instruktion für den Stadtanwalt zur Handhabung der polizeilichen Ordnung, die für die Entwicklung des Polizeiwesens von Wien von größter Bedeutung wurde; erstmals ist von einer schriftlichen Anmeldung von Fremden mittels "zetln" die Rede. Am 7. Juni 1597 wurde verordnet, dass jeder, der einen Fremden aufnehme, diesen auf je einem Zettel dem Oberst der Stadtguardia beziehungsweise dem Bürgermeister (in den Vorstädten dem Grundrichter) zu melden habe; Verstöße sollten mit dem Entzug des Bürgerrechts geahndet werden. Mit Patent der Niederösterreichischen Regierung vom 18. März 1660 wurde eine Generalbeschreibung aller ansässigen Bewohner der Stadt und der Vorstädte angeordnet, ebenso 1663 von Leopold I. (zu erfassen waren neben Name und Adresse auch Beruf und Religion), der diese Anordnung mehrfach erneuerte (beispielsweise 1696). In die Meldepflicht wurden nun auch die Landkutscher eingebunden, die ihre Passagiere dem Bürgermeister zu melden hatten.

Über Anordnung der Niederösterreichischen Regierung vom 9. Oktober 1703 richtete die Stadt im (alten) Rathaus und bei der Schranne am Hohen Markt geheime Anzeigestellen ein, während mit Regierungsdekret vom 26. Oktober 1703 eigene Viertel- und Gassenkommissäre aufgestellt wurden, die später einer Sicherheitskommission unterstellt wurden; da auch personelle Veränderungen bei Dienstboten, Kost- und Bettgehern zu melden waren, war die Meldepflicht auf die ansässige Bevölkerung ausgedehnt. Das Dekret Karls VI. vom 12. Februar 1722 weitete das Prinzip der Anzeige des Aufenthaltswechsels auf sämtliche Inleute aus. Mit Dekret vom 18. Juni 1751 führte die Niederösterreichische Regierung getrennte Meldeformulare für Standespersonen und "gemeine Leute" ein, getrennt nach bereits anwesenden und neu ankommenden Personen. Im Zuge der zentralistischen Verwaltungsreformen Maria Theresias, die auch das Polizei- und Meldewesen erfassten, wurden 1754 zugleich mit der Errichtung des Anzeigenamts (einem Vorläufer des Meldeamts) bürgerliche Unterkommissionäre eingesetzt, die die Einhaltung der Meldevorschriften überwachten; die Grundrichter hatten die bei ihnen einlaufenden Zettel zweimal pro Tag an die Repräsentation und Kammer einzusenden.

War das Meldewesen bis zu diesem Zeitpunkt rein sicherheitspolizeilicher Natur, so wurde es mit dem Konskriptionsgesetz vom 27. Mai 1771 zur Grundlage der allgemeinen Verwaltung ausgeweitet (Evidenthaltung der Bevölkerung); die Registrierung von Personen erfolgte als Voraussetzung für die Aufgabenstellungen des modernen Verwaltungsstaats, zunächst insbesondere zwecks Neuorganisation des Rekrutierungswesens (ab 1771 Häusernummerierung, ab 1804 Anlage der Konskriptionsbogen). 1776 wurde durch das Polizeiverfassungsgesetz für jeden der vier in der Stadt und der acht in den Vorstädten eingerichteten Polizeibezirke ein Bezirksaufseher (ab 1. Jänner 1791 ein Bezirksdirektor) bestellt, dem unter anderem die Leitung des Meldewesens übertragen wurde. Der in der damaligen Zeit oftmalige Wohnungswechsel erschwerte die Überwachung beträchtlich. Der Bezirksdirektor hatte ein nach Häusern, Stockwerken und Wohnungen unterteiltes "Hauptbezirksprotokoll" zu führen, in dem er alle Bewohner zu verzeichnen hatte. Im Strafgesetzbuch von 1803 wurden Verstöße gegen die Meldevorschriften als schwere Polizeiübertretungen geahndet. Am 16. Mai 1849 wurden die Vorschriften den geänderten Bevölkerungs- und Zeitverhältnissen angepasst, wobei nunmehr Untermietern und Bettgehern stärkeres Augenmerk gewidmet wurde; für Dienstboten blieb die Dienstbotenordnung vom 1. Mai 1810 gültig.

Gesetzliche Vorschriften seit dem 19. Jahrhundert

Die neue Meldevorschrift von 1849 wurde am 23. Dezember 1859 durch eine Verordnung der Niederösterreichischen Statthalterei ergänzt, die An- und Abmeldungen bei Übersiedlungen genauer regelte. Zuständig für die Führung des Meldewesens war die Polizei, für die in den Jahren 1849 bis 1914 zahlreiche Erlässe und Verordnungen für die Durchführung erlassen wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die melderechtliche Erfassung der Bevölkerung so weit fortgeschritten und das Meldenetz so engmaschig geknüpft, dass am 5. August 1889 im Zentralmeldeamt der k. k. Polizeidirektion ein Wohnungsauskunftsdienst eingerichtet werden konnte, der unentgeltlich Auskünfte erteilte. Zusammengefasst bildeten diese das Fundament der "Instruktion für Polizeiorgane. Vorschriften über das polizeiliche Meldewesen" aus dem Jahr 1920.
In den Polizeikommissariaten wurden die abgegebenen Meldezettel nach Geschlecht, nach Haupt- und Unterparteien geordnet und jeden Tag an das Zentralmeldeamt geschickt. Ein Exemplar jedes Meldezettels blieb im Kommissariat, eines kam im Zentralmeldeamt, eines wurde dem Zentral-Wahlkataster für die Wählerevidenz weitergegeben und ein Exemplar erhielt schließlich die Partei zurück. Ebenso oblag es der Polizei, täglich die Hotelzettel ("Meldezettel für Reisende") von den Betrieben einzusammeln und an das Zentralmeldungsamt weiter zu leiten.

Angaben auf Meldezettel

"Geburtszettel" in den Meldeunterlagen für Romy Schneider (eigentlich Rosemarie Albach) aus der Prominentensammlung.
Meldezettel für Egon Schiele aus der Prominentensammlung.

Meldezettel dienten zur Feststellung des Aufenthalts einer Person. Weitere Angaben sind oft schlecht lesbar oder gar falsch ausgefüllt. Wie die Erfahrung lehrt, sind Eigennamen, vor allem Ortsnamen oft nur mühsam zu entziffern, manchmal nur mit Glück und diversen Hilfsmitteln zu "erraten", im schlimmsten Falle bleiben sie unleserlich. Die angegebenen Geburtsdaten weichen häufig voneinander ab. Meldungen unter Künstler- oder Schriftstellernamen oder künstlerischen Pseudonymen (erdichtete Namen) waren unzulässig. Die Meldung musste unter dem bürgerlichen Namen erfolgen, es konnte aber auch das als "Künstlername" zu bezeichnende Pseudonym hinzugefügt werden.

Ergänzungen erfuhren die Meldezettel durch die amtliche Verzeichnung von Geburten, Trauungen und Todesfälle sowie sonstige Veränderungen im Personenstand wie Scheidung, Namensänderungen, Legitimierungen, Adoptionen und so weiter. Von den matrikenführenden Stellen wurden dazu Verzeichnisse von Geburten und Trauungen an die Kommissariate gesandt, die auf Grund dieser Informationen "Geburtszettel" und "Trauzettel" anfertigten. Für Todesfälle wurden die magistratischen "Verzeichnisse der Verstorbenen" herangezogen, die zu einer polizeilichen Abmeldung der verstorbenen Person und gegebenenfalls zur Neumeldung einer bisher mitgemeldeten Person als eigenständige Meldung führten. Zusätzliche Vermerke enthalten Daten zu eventuellen Haftzeiten, zu Todeserklärungen oder andere.

Meldepflicht

Meldezettel von Maria Lassnig.

Meldepflichtig waren die Eigentümer oder Hausverwalter für jede Hauptmieterpartei innerhalb von 24 Stunden. Verheiratete Frauen, wenn sie mit dem Gatten zusammen gewohnt haben, waren üblicherweise nicht mit einer eigenen Meldung registriert, sondern wurden auf dem Meldezettel ihres Gatten als mitgemeldet aufgenommen. Das galt auch für minderjährige Kinder unter 18 Jahren, wenn sie mit den Eltern zusammen wohnten. Hauptmieter hingegen waren meldepflichtig für Untermieter, Bettgeher, Lehrlinge, Dienstboten oder Verwandte, im Prinzip für alle, die entgeltlich oder unentgeltlich in der Wohnung wochen- oder monatsweise aufgenommen wurden, ebenso für Kinder, die das 18. Lebensjahr überschritten hatten und somit mit einem eigenen Meldezettel angemeldet werden mussten.
Ebenso waren alle Vorsteher oder Verwalter von Versorgungs- und Erziehungsanstalten, Internaten, Klöstern und Stiften und ähnliche Einrichtungen verpflichtet, alle Bewohner und Diener ihres Hauses melden. Für Krankenanstalten galt die Meldepflicht nur für Kranke, die keinen Wohnort in Wien besaßen. Kasernenkommandanten mussten die in der Kaserne lebenden Zivilisten melden, Militärangehörige konnten, mussten aber nicht unbedingt angemeldet werden.
Für Gastwirte, Pensions- und Hotelbetreiber galt die Vorschrift, ein eigenes Fremdenbuch zu führen und ihre Gäste mit eigenen Hotelmeldezetteln zu melden. Vermieter von Geschäftslokalen hatten jene Firmeninhaber, welche nicht im selben Haus wohnten oder deren Firmenwortlaut nicht den vollen Namen des Geschäftsinhabers aufwies, mit einem "Meldezettel für Geschäftslokale" anzumelden. Diese Geschäftsregister wurden bis 1941 geführt.
Nicht der Meldepflicht unterliegen nach allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts alle als exterritorial geltenden Personen, also vor allem die Mitglieder und Personal der Gesandtschaften mit ihren Familien

Sonderform: Meldekartei 1941–1947

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Meldevorschriften verschärft, um eine lückenlose Erfassung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies sollte dem Zugriff auf alle Wehrpflichtigen garantieren, andererseits auch die Ausforschung und Vertreibung von "Nicht-Ariern" ermöglichen. Die Reichsmeldeverordnung (Gesetz über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen vom 11. Mai 1937 , RGBl. I. S. 589, Reichsmeldeverordnung vom 6. Jänner 1938, RGBl. S. 13) wurde am 1.1.1941 in den "Reichsgauen der Ostmark" in Kraft gesetzt, im Jahr 1941 wurden die bisher verwendeten Meldezettel auf die im Deutschen Reich vorgeschriebenen Formulare umgestellt. Jede Person erhielt eine eigene Karteikarte, wobei verheiratete Frauen und Kinder unter 15 Jahren weiterhin auf der Meldung des Gatten bzw. Elternteils eingetragen werden konnten. Auf dieser Kartei war auch die sonst nicht vorgesehene Angabe der Abstammung und der Eltern vorgesehen

Meldewesen heute

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Melderecht ab 1945 mehrfach durch Bundesgesetze geregelt; die Meldegesetznovelle vom 26. September 1985 signalisierte den Übergang zur elektronischen Datenverarbeitung.

Mit dem Meldegesetz 1991 (Bundesgesetz über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG) wurde das Meldewesen grundlegend geändert: Meldebehörde ist seitdem nicht mehr die Polizei, sondern die Gemeinde. Die Erfassung der Meldedaten erfolgt nun in einem zentralem Melderegister (ZMR). In Wien ist die Magistratsabteilung 62 - Wahlen und verschiedene Rechtsangelegenheiten für das Meldeservice zuständig.

Historische Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv

Die historischen Meldeunterlagen (ab etwa 1910) befinden sich seit 1977 (Einrichtung des Meldearchivs unter der Direktion von Felix Czeike) im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Sie werden vor allem für rechtliche Fragen im Rahmen der Amtshilfe und Rechtsangelegenheiten zur Klärung herangezogen: Ganz besonders ist dabei die Aufarbeitung des komplexen Themas Arisierung –Vertreibung – Vermögensentziehung in der Zeit des Nationalsozialismus mit allen Facetten und daraus abzuleitenden Ansprüchen zu nennen. In vielen Fällen sind die Meldezettel der einzige Nachweis von Flucht, Vertreibung oder Deportation, für Zwangsarbeit, erlittene Freiheitsbeschränkungen und Berufsschäden. Aber auch der Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Anrechenbarkeit von Kindererziehungsjahren auf die Pension werden über Meldeunterlagen dokumentiert. Hauptmotive der Benützung der Meldeunterlagen ist die familiengeschichtliche Forschung bzw. Forschung nach Einzelpersonen aus wissenschaftlichem oder auch privatem Interesse.

Im Zentralmeldeamt wurden sämtliche Meldungen aus Wien aufbewahrt und in sogenannte Antiquariate geordnet. Alle zehn Jahre wurde ein neues Antiquariat angelegt und alle noch nicht abgeschlossenen Meldungen weitergereiht. Das sogenannte A-Antiquariat mit den Meldezetteln des 19. Jahrhunderts wurde vor der Anbietung an das Archiv vom Zentralmeldeamt vernichtet; es sind davon nur ganz geringe Reste, nämlich die Meldezettel von etwa 200 berühmten Persönlichkeiten, zufällig erhalten geblieben.

Die Ordnung erfolgte nach Männern und Frauen getrennt in einem sehr komplizierten, ausgefeilten phonetischen System. Der Vorteil ist wie bei jedem phonetischen Ordnungskriterium offensichtlich: Die aktuelle Schreibweise eines Familiennamens ist unwichtig, Schreibweisen konnten sich schnell ändern bzw. Namen durch Hör- oder Schreibfehler falsch niedergeschrieben werden. Ob sich jemand zum Beispiel Mayer/Meyer/Meier/Maier, Weihs/Weiss/Weiß/Wais, Svoboda/Swoboda, Kohn/Kohen/Cohen/Cohn oder Bruckner/Bruggner/Pruckner/Prugner schreibt, ist nebensächlich, es zählt allein das gesprochene Wort.
Zur weiteren Unterteilung dieser phonetischen Ordnung wurden zusätzliche Kriterien entwickelt. Meldezettel von Männern sind zunächst in Untergruppen nach Vornamen, Berufen, Geburtsländern und Alter geteilt. Bei Frauen galten im Prinzip dieselben phonetischen Regeln, doch wurde statt der Eigenschaft "Beruf" der Geburtsort für die Reihung bestimmt, da in den 1920er Jahren nicht von einer allgemeinen Berufstätigkeit von Frauen ausgegangen werden konnte.

Weblinks

Literatur

  • Herbert Koch: Wohnhaft in Wien. Geschichte und Bedeutung des Meldewesens. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1986 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 14)
  • Michaela Laichmann: Die historischen Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv, in: Die Vermessung Wiens. Lehmanns Adressbücher 1859 - 1942, herausgegeben von Sylvia Mattl-Wurm und Alfred Pfoser. Wien 2011, S. 216 - 228.