Amtsbücher sind buchförmige Aufzeichnungen, in denen Einträge zur Verwaltungstätigkeit festgehalten sind.[1] Sie entstehen als Niederschlag von geschäftlichen Tätigkeiten und sind somit prozessgenerierte Unterlagen. Amtsbücher dienen dem Nachweis und der Sicherung von Rechten und gehören neben Urkunden und Akten zu den gebräuchlichsten Archivaliengattungen. Im Gegensatz zu Urkunden besitzen sie generell keine rechtsstiftende Funktion, eine Ausnahme bilden jedoch zum Beispiel Traditionsbücher, Urbare und Grundbücher.
Entwicklung
Amtsbücher sind bereits im Mittelalter fassbar und entwickelten im Laufe der Jahrhunderte eine Vielfalt unterschiedlichster Typen. Zu den frühesten Formen gehören Kopiare und Traditionsbücher, in denen Abschriften von Urkunden gesammelt wurden. Auch Urbare, in denen Güter und Rechte eines Grundherrn verzeichnet sind, gehören zu den frühen Amtsbüchern. Im Wiener Raum sind die ältesten Urbare das des Bürgerspitals aus dem Jahr 1305 und das des Schottenstifts aus dem Jahr 1314.
Die zunehmende Professionalisierung der Verwaltung im ausgehenden Spätmittelalter und die damit in Zusammenhang stehende Entwicklung des Aktenwesens führte zu einer Fülle an unterschiedlichen Arten von Amtsbüchern.
Im Bereich der städtischen Verwaltung Wiens gehören die Jahresrechnungen des Oberkammeramts mit ersten überlieferten Büchern ab dem Jahr 1424 und die Steuerbücher des Steueramts mit Büchern ab dem Jahr 1510 zu den frühesten Formen des Amtsbuchs. Die Totenbeschauprotokolle des Totenbeschreibamts ab 1648 stellen zudem eine der wichtigsten personengeschichtlichen Quellen Wiens dar.
Die Notwendigkeit, Geschäftsprozesse im Kanzleiwesen zu steuern und nachvollziehbar zu halten, führte zur Entwicklung von Eingangs- und Geschäftsprotokollen, die im Laufe der Zeit immer umfangreicher wurden. Seit der Magistratsreform von 1783 befasste sich die Hauptregistratur mit der Betreuung der laufenden Geschäftsvorgänge, der älteren Registratur und der Registraturen von verschiedenen Ämtern. Mit der Schaffung der Magistratsabteilungen im Jahr 1902 kam es zu einer dezentralen Aktenführung und der Schaffung eigener Registraturen in den einzelnen Magistratsabteilungen. Die enger gefassten Aufgabengebiete dieser Verwaltungseinheiten führten teilweise zur Entwicklung von noch spezielleren Typen von Amtsbüchern. Gleichzeitig wurden Amtsbücher für gleichförmige und tabellarische Eintragungen immer öfter durch Karteien ersetzt.
Die elektronische Aktenführung hat die Führung der Registratur im Wiener Magistrat grundlegend verändert und das Führen von Amtsbüchern vielfach obsolet gemacht. Ihre Funktion wurde von Datenbanken und Fachinformationssystemen übernommen.
Aufbau und Inhalt
Die vielfältigen Formen von Amtsbüchern machen eine vollständige Aufzählung unmöglich. Einige Arten sind jedoch weit verbreitet und nehmen in der Schriftgutverwaltung eine wichtige Rolle ein. Amtsbücher werden nach ihrer Funktion in unterschiedliche Typen unterteilt:
- Amtsbücher zur Rechtsaufschreibung wie etwa Stadtrechtsbücher. Auch Bücher der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die private Rechtshandlungen festhalten wie Grundstücksverkehr, erbrechtliche Angelegenheiten, Eheverträge oder Kaufbriefe, fallen darunter. Als spezielle Formen haben sich etwa Kaufbücher, Vormundschafts- und Testamentsbücher sowie Gerichts- und Handelsbücher entwickelt.
- Amtsbücher über die Verwaltungsführung und Rechtsverhältnisse wie etwa Kopialbücher und Urkundenregister. Register sind ein bedeutender Teil des frühen Amtsbuchwesens und sind systematische Aufzeichnungen in einer bestimmten Angelegenheit. Weitere Formen sind Eingangs- und Ausgangsregister, Beschlußprotokollbücher, Journale und Missivenregister.
- Amtsbücher über die Wirtschaftsführung mit Aufzeichnungen zu Abgaben und Diensten der Untertanen wie etwa Urbare, Steuerregister oder Erbbücher. Rechnungsbücher sind Aufzeichnungen über Rechnungsvorgänge und gehören zu den frühesten Zeugnissen schriftlicher Verwaltungstätigkeit. [2]
- Amtsbücher mit öffentlichem Glauben über private Rechtshandlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie etwa Gerichtsbücher, Handelsbücher oder Grundbücher.[3]
- Amtsbücher der städtischen Behörden wie etwa Stadtbücher. Stadtbücher sind Mischbücher mit verschiedenen Inhalten und dienen einer Stadt zur Aufzeichnung von Rechten sowie zur Verwaltungs- und Wirtschaftsführung. Ebenfalls zu den städtischen Amtsbüchern zählen etwa Statutenbücher, Kopialbücher, Register, Bürgerbücher, Rechnungsbücher, Steuerbücher und verschiedenste Liegenschaftsbücher. Grundsteuerbücher sind ein Produkt der staatlichen Steuerverwaltung. Aus ihnen erwächst in weiterer Folge das Katasterwesen.
Amtsbücher sind meist gebunden, sie können aber auch in aufeinander gelegten Lagen auftreten. Je nach Entstehungszeit und Inhalt sind dabei unterschiedlichste Arten von Einband möglich. Das für die Stadt Wien sehr bedeutende Eisenbuch etwa wurde durch Metallbeschläge vor Beschädigungen geschützt.
Amtsbücher sind entweder Einzelexemplare oder treten in ganzen Buchserien auf, die chronologisch, topografisch oder thematisch untergliedert sein können. Manche sind auf Dauer angelegt, etwa wenn sie eine wichtige, rechtssichernde Funktion haben, andere haben Inhalte von kurzer zeitlicher Relevanz, etwa Rechnungen, die nach Rechnungslegung ihre Bedeutung verlieren.
Literatur
- Friedrich Beck, Eckart Henning [Hg.], Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012
- Michael Hochedlinger, Aktenkunde. Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit. Wien-Köln-Weimar 2009
- Robert Kretzschmar, Amtsbücher, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: https://www.leo-bw.de/themenmodul/sudwestdeutsche-archivalienkunde/archivaliengattungen/amtsbucher, Stand: 7.9.2020
- Hans Patze, Neue Formen des Geschäftsschriftgutes im 14. Jahrhundert, in: Hans Patze [Hg.], Der deutsche Territorialstaat im 14. Jahrhundert, (Vorträge und Forschungen 13). Sigmaringen 1970, S. 9–64
- Gregor Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen. Stuttgart 1979 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 36)
- Gerhard Schmid, Grundlinien der Entwicklung des Registraturwesens bis zum 18. Jahrhundert, in: Friedrich Beck [Hg.], Gerhard Schmid, Archivar von Profession. Berlin 2008, S. 73–xxx
- R. Suntrup und J. R. Veenstra [Hg.], Stadt, Kanzlei und Kultur im Übergang zur Frühen Neuzeit. Frankfurt/Main 2004 (Kultureller Wandel vom Mittelalter zur frühen Neuzeit 4)
Einzelnachweise
- ↑ Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012, S. 55
- ↑ Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012, S. 65
- ↑ Friedrich Beck, Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften. 5. Auflage. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2012, S. 56