Donaukanal

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Der Sonnenuntergang am Donaukanal vom 30. November 1916.
Daten zum Objekt


Donaukanal (1., 2., 3., 9., 11., 19., 20.), natürlicher Arm der Donau, der wegen seiner Stadtnähe schon zur Zeit der Römer, vor allem aber im Mittelalter, als Transportweg Bedeutung besaß.

Salz kam aus den Salinen von Gmunden und Hallein (Lagerung am Salzgries, 1276 "an dem grieze" genannt; Salzamt), Bausteine und Granit kamen aus der Gegend von Mauthausen (Lagerung in der Roßau), Holz wurde ebenfalls auf dem Wasserweg herangebracht (Lagerung in der Roßau und in der Leopoldstadt; Roßauer Lände), Obst und Gemüse kamen aus dem Tullnerfeld, aus der Gegend um Stockerau und aus der Wachau (Verkauf am Schanzel und auf anderen Märkten); bei der Augartenbrücke befand sich die Anlegestelle der Fischzillen. Seit dem Mittelalter wohnten beiderseits des Donauarms Flößer, Schiffer, Fischer und andere mit dem Wasser verbundene Bewohner, jedoch siedelten sich keine wasserabhängigen Gewerbebetriebe an. Aus dem Donaugebiet kamen seit dem Mittelalter Fische und Krebse auf die Wiener Märkte. Personenverkehr spielte auf der Donau lange Zeit hindurch keine besondere Rolle. Die Verbindung zum Donauhauptstrom hieß "Wiener Arm".

16. bis 18. Jahrhundert

Bis 1598 hing die Brigittenau (2., seit 1900: 20. Bezirk) mit der Klosterneuburger Au (19.) und der Spittelau (9.) zusammen. Um diese Zeit machte Ferdinand Freiherr von Hoyos den Vorschlag, einen "Wiener Kanal" zu errichten, wodurch ein neuer Donauarm bis knapp an die Befestigungsanlagen Wiens geleitet wurde. Am äußersten Ende der Wolfsau wurde ein Durchstich vorgenommen, der das neugegrabene Kanalbett mit dem Donauhauptstrom verband, sodass ein schiffbares Gewässer von Nußdorf zur Stadt entstand. Der Kanal hat von seiner Abzweigung bei Nußdorf bis zur (heutigen) Schwedenbrücke eine Länge von 5,6 Kilometer und von hier bis zur Wiedereinmündung beim Praterspitz eine Länge von 11 Kilometer.

Die Gegenden beiderseits des Donaukanals führten verschiedene Bezeichnungen. So hieß das Gebiet unterhalb des Scharfen Ecks (2. Bezirk) "Oberer Fall", jenes beim heutigen Schwedenplatz "Unterer Fall", das anschließende Stück bis zur Aspernbrücke "Hangender Ort", jenes bis zum Schüttel "Gries", und weiter flussabwärts sprach man von der "Holzgstetten". Ab 1598 ist der Donaukanal als regulierter Arm der Donau anzusehen. Der "Wiener Arm" hatte in der Babenbergerzeit das meiste Wasser geführt, doch waren schon im 14. Jahrhundert Ausbaggerungen im Bett notwendig geworden, um ein weiteres Versanden hintanzuhalten.

Im 16. und 17. Jahrhundert wurden Regulierungsbauten durchgeführt (auch am linken Donauufer bei Langenzersdorf), die aber nur vorübergehend Erfolge zeitigten. In der Leopoldstadt bestand ein Schiffsarsenal, in dem unter Ferdinand I., Leopold I. und Karl VI. Galleoten und Brigantinen gebaut wurden. 1688 setzte Leopold I. eine "Donauregulierungskommision" ein, die von Leander Anguissola einen Plan ausarbeiten ließ; infolge der angespannten Finanzen konnte er jedoch nicht realisiert werden. 1712 entwarf Anguissola einen weiteren Plan für die Schiffbarmachung des Donaukanals, für den 1714 Geldmittel flüssig gemacht wurden. Unter Joseph II. wurde in Nußdorf ein Wasserbauamt eingerichtet.

19. und 20. Jahrhundert

Im gesamten 19. Jahrhundert begegnen wir Bemühungen, den Kanal zu sanieren, ohne dass ein durchschlagender Erfolg erzielt werden konnte. 1832 kam es zu einem Donaukanaldurchstich, der bei der heutigen Ostbahnbrücke begann und das Mauthnerwasser und das Lusthauswasser vom Kanal abklemmte; das Lusthaus im Prater lag nun nicht mehr am Fließgewässer. Durch diese Regulierung kam der Freudenauer Rennplatz auf das linke Kanalufer zu liegen und das Heustadelwasser wurde ein toter Arm. Um 1900 erfuhr das südliche Ufer des Donaukanals Veränderungen durch den Bau der Stadtbahn; eine Bahntrasse entlang des Kanals war bereits ab den 1860er Jahren immer wieder im Gespräch gewesen.

Die Stromaufsicht für den Donaukanal befand sich 1879-1973 im Haus 3., Dampfschiffstraße 2, Obere Weißgerberstraße 1 (heute Bundesamtsgebäude). Aufgrund der Beschlüsse der 1892 gegründeten Kommission für Verkehrsanlagen kam es neben einer neuerlichen Ausbaggerung zum Bau von Kai- und Stützmauern, zur Errichtung einer Wehr- und Schleusenanlage in Nußdorf (1894-1898) sowie zur Einrichtung einer Staustufe beim Kaiserbad (Schützenhaus); die Bauarbeiten standen unter der Leitung von Wilhelm Taussing, die architektonische Ausgestaltung der Kaianlagen und die Errichtung der Wehranlage waren ein Werk Otto Wagners, die technischen Entwürfe stammten von Wilhelm Engerth. Die Konkurrenzentwürfe zur Stadterweiterung (1857) enthielten mehrfach auch Vorschläge für Hafenbauten am Donaukanal (erstmalig schlug bereits zuvor Ludwig Förster ein Hafenbecken bei der Inneren Stadt vor).

Erst als im Zuge der Donauregulierung (1870-1875) das unterhalb der Stadionbrücke gelegene Teilstück des Donaukanals begradigt wurde, erhielt der Donaukanal neue Funktionen; der Wasserstand konnte durch die Nußdorfer Schleuse (Nußdorfer Wehr) reguliert werden. Nachdem 1892-1900 die Hauptsammelkanäle (Linker- und Rechter Hauptsammelkanal) gebaut und die Einmündungen der Straßenkanäle in den Donaukanal beseitigt worden waren, wurden 1904/1905 Strombäder eingerichtet.

Nach dem Ersten Weltkrieg ging die Frequenz der Donaukanalbäder zurück, weil sich das Schwergewicht auf die Strand- und Schwimmbäder verlagerte; nur das Strom-, Luft- und Sonnenbad Aspernbrücke blieb in Betrieb und als einziges Wiener Bad bis Dezember geöffnet, um den Angehörigen des Vereins "Verkühle dich täglich" Bademöglichkeit zu bieten.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Stadtgebiet beiderseits des Donaukanals Hauptkampflinie; im April 1945 wurden durch die zurückweichenden deutschen Truppen nicht nur fast alle Donaukanalbrücken zerstört, sondern auch die Häuserzeilen beiderseits des Kanals während der Erdkämpfe größtenteils vernichtet (Franz-Josefs-Kai, Adlergasse, Kohlmessergasse, Obere Donaustraße).

Schrägluftaufnahme vom Ringturm am Donaukanal (August 1959).

1946 wurde ein "Wettbewerb Donaukanal" ausgeschrieben. Im Zuge des Wiederaufbaus kam es an beiden Kanalufern zu bedeutenden städtebaulichen Veränderungen; auf der Stadtseite wurde die Häuserfront am Franz-Josefs-Kai zwischen Morzinplatz und Schwedenplatz nicht wieder aufgebaut, außerdem entstanden unter anderem der Ringturm und der Leopold-Figl-Hof; auch auf der Leopoldstädter Seite wurden neue architektonische Akzente gesetzt, zuletzt noch nach dem Jahr 2000 (stromabwärts: Liebermannhof, Raiffeisen-Zentrum, IBM-Bürogebäude, Dianabad, Georg-Emmerling-Hof, Gebäude der Bundesländerversicherung, dieses nach 2000 ersetzt durch Sofitel Vienna Stephansdom, Uniqa-Tower).

Badende am Donaukanal (1961)

Der Donaukanal wurde nun stärker in das städtische Leben eingebunden. Am 26. Mai 1984 eröffnete die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien für ihren Z-Club ein "Showboat", eine Veranstaltungsplattform in Form einer Schwimmbühne als zentraler Musikprobenort. 1985 wurde das aus dem Verkehr gezogene Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft-Rundfahrtschiff „Johann Strauß" (erbaut 1913) zwischen Salztor- und Marienbrücke als Restaurant- und Walzerschiff verankert; im Sommer 2017 wurde von der bevorstehenden Zwangsversteigerung des heruntergekommenen Schiffes berichtet.

Überall am Donaukanal sind zahlreiche Graffiti zu finden, wie hier eines mit Stephansdom-Motiv (2016).

Seit 1988 wird im Sommer an Wochenenden ein Kunst- und Kulturmarkt ("k & k Markt am Donaukanal", eine Art von Flohmarkt) abgehalten, seit 1989 hat die Agora am Donaukanal eine Heimstätte gefunden; außerdem begann die etappenweise gärtnerische Umgestaltung der Ufer des Donaukanals zu Uferpromenaden. 1991 begannen Planungen zu einer grundlegenden Neugestaltung des Donaukanalbereichs mit dem Ziel der besseren Integrierung des Donaukanals in die Stadt.

Im 2. Bezirk nimmt künstlerischer Fassadenschmuck an Wohnhäusern auf den Donaubereich Bezug; in Auswahl: Obere Donaustraße 39 (Schiffsmotive); Obere Donaustraße 97-99 (Emmerlinghof; Fischer und Schiffer, Relief); Obere Donaustraße 101 (Fische und Nixen, Mosaikband); Untere Augartenstraße 17 (Wassertiere und -pflanzen, Mosaikplatten); Untere Augartenstraße 35 (Segelschiff am Ufer, Mosaik); Vorgartenstraße 180 (tauziehende Kinder, Skulptur); Vorgartenstraße 192 (Donauweibchensage).

Der Donaukanal (2014)

Seit den 1990er Jahren wurden zahlreiche Investitionen zur Verbesserung der Wasserqualität des Donaukanals unternommen. Die Errichtung des Wientalkanals sowie des rechten Hauptsammelkanal-Entlastungskanals verhindert den Überlauf von Schmutzwasser bei starkem Regen. Durch den Bau der Donaukanal-Verbindungsleitungen konnte der Auslass von Abwasser bei Reinigungsarbeiten der Hauptsammelkanäle abgestellt werden. Seit 2003 werden keine ungeklärten Abwässer mehr eingeleitet. Dadurch hat der Donaukanal nun zu jeder Zeit die Wassergüte II-III, die der des Donauwassers entspricht. Das Baden wäre von diesem Gesichtspunkt betrachtet also durchaus möglich, wenngleich es aufgrund der starken Strömung nicht unbedingt empfohlen wird.

Siehe auch:

Videos

Flugaufnahmen Donaukanal (1988), Zitat: WStLA, Filmarchiv der media wien, 740 (Ausschnitt)

Literatur

  • Bertram Michael Buchmann / Harald Sterk / Rupert Schickl: Der Donaukanal. Geschichte, Planung, Ausführung. In: Beitrag zur Stadtforschung, Stadtentwicklung und Stadtgestaltung. Band 14. 1984
  • Franz Baltzarek: Der Wiener Donaukanal. Projekte und Infrastrukturplanung um einen Nebenarm der Donau. In: Wiener Geschichtsblätter. Band 28. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1973, S. 97 ff.
  • Wilhelm von Engerth: Das Schwimmtor zur Absperrung des Wiener Donaukanales. 1884
  • Paul Klunzinger: Der Wiener Donaukanal als Schiffahrts-Canal. 1891
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 67 ff. und Register
  • Ferdinand von Mitis: Geschichte des Wiener Donau-Canales. 1835
  • Anton Resch: Der Wiener Donaukanal. Mödling 1900
  • Karlheinz Roschitz / Matthias Cremer: Donaukanal. 1986
  • Sigmund Taussig: Ueber die Arbeiten zur Umwandlung des Wiener Donaukanals in einen Handels- und Winterhafen. In: Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur-und Architekten-Vereins. Band 14/15. Wien: Österreichische Staatsdruckerei 1897
  • W. E. Thursfield: Ein Vorschlag zu einer Regulierung des Donau-Kanales und Anlage eines Centralbahnhofes nebst Darlegung des Einflusses dieses Projektes auf die sanitäre, die Verkehrs- und Wohnungsfrage Wiens. 1873
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 11.. Wiesbaden: Steiner 1981, S. 350 ff.