Zum goldenen Hirschen (1, Rotenturmstraße)
48° 12' 39.35" N, 16° 22' 32.99" E zur Karte im Wien Kulturgut
Zum goldenen Hirschen (1, Rotenturmstraße 20, Fleischmarkt 1, Teil, Konskriptionsnummer 728; auch "Zum braunen Hirschen"), Haus- und Gasthausschild. Eckhaus "Am Steig", in dem sich ab Ende 15. Jahrhundert ein dasselbe Schild führendes Einkehrwirtshaus befand.
Zwischen dem ersten und zweiten Stockwerk war ein Hirschenkopf als Hauszeichen angebracht. Anfang des 16. Jahrhunderts wohnte hier der Bürger und Ratsherr Matthäus Heuperger, der Verfasser des Buchs über die Heiltümer bei St. Stephan (Wiener Heiligtumbuch), der sich das Haus hatte erbauen lassen. Auch der Krakauer Steinmetz und Erbauer des ältesten Augustinergangs, Paul Khölbl, der in Krakau Dr. Faust kennengelernt haben soll, wohnte hier. Deshalb knüpft sich an das Haus eine Faust-Tradition (als Faust nach Wien kam, wohnte er bei seinem Freund, in dessen Wohnung er das sagenumwobene "spukhafte Bankett" gegeben haben soll). Eine Zeit lang befand sich hier auch eine alte Fechtschule der Wiener Handwerker. 1650 war der kaiserliche Diener und Ratsherr Oktavius Lumago Eigentümer. Die Familie Lumago blieb bis 1797 im Besitz des Hauses, dann kam es an die Familie Karajan. Im 18. Jahrhundert wird verschiedentlich (zuerst im Wienerischen Diarium 1737, Nummer 2, später in den Eipeldauer-Briefen) ein Tanzsaal erwähnt. 1829 wurde das Gebäude mit dem angrenzenden Objekt zusammengebaut, damit hörte auch der Gastbetrieb auf.
Das Haus wurde 1909 abgerissen. 1909/1910 errichtete Arthur Baron hier den Residenzpalast (mit dem Residenzthater, heute Kammerspiele).
Literatur
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 583 f.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 355
- J. Richter: Die Eipeldauerbriefe 1785-1813. 1918. S. 2, 507