Großer Federlhof (1)
Großer Federlhof (1, Lugeck 7, Rotenturmstraße 6; Konskriptionsnummer 768).
Seit alter Zeit einer der ansehnlichsten Höfe Wiens. Er stand an der Ecke des Lugecks und der Oberen Bäckerstraße und hatte Eingänge von der Bischofgasse (Rotenturmstraße) beziehungsweise durch den Torweg des Turms von der Bäckerstraße aus.
Anfang 14. Jahrhundert war er im Besitz der Patrizierfamilie Chriegler, 1338-1398 besaß ihn die reichbegüterte Familie Tirna. 1360 wird "der newe Turm" erwähnt. 1494 Eigentum des Ritters Peter von Edlasberg, der den Hof 1497 umbauen ließ und damit das erste Renaissancebauwerk auf Wiener Boden schuf (von dem noch Reste [[[Wappen]] und Marienkrönung] im Hausflur erhalten sind). Ab 1504 gehörte der Federlhof seinem Sohn Laszla (Ladislaus; Kleiner Federlhof) und führte nach diesem eine Zeitlang den Namen "Laszlahaus".
1591 kam das Gebäude durch Kauf an den Handelsmann Georg Federl, Besitzer der Herrschaft Tribuswinkel, der den gegen die Bischofgasse zu gelegenen Trakt umgestalten ließ. Die Sage erzählt, dass Philippine Welser (um 1558) in den Räumen des nunmehr "Federlhof" benannten Hauses gewohnt habe. Auch Paracelsus und Wallenstein sollen hier als Besucher geweilt haben. (Über Paracelsus berichtet Franz Gräffer in seinen Memoiren; Wallensteins Aufenthalt verlegt man in das Jahr 1633, doch dürfte es sich [wenn überhaupt] nur um einen Besuch beim Astrologen Andreas Argoli gehandelt haben, der im sechsten Stock des Turms des Federlhofs eine Sternwarte eingerichtet hatte.) Der Sage nach soll schließlich auch Barbara Blomberg, die Geliebte Karls V. und Mutter Don Juans d'Austria, hier logiert haben. Sicher ist hingegen, dass der Gelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz während seines letzten Wiener Aufenthalts (1713/1714) hier wohnte. 1780 hatte Professor Josef Julian Monsberger eine Turmkammer als Observatorium eingerichtet.
1825 kam der Federlhof an Georg Simon Freiherr von Sina, der ihn 1845 demolieren und 1846/1847 von Leopold Mayer durch einen großen Neubau ersetzen ließ. Das heutige Gebäude stammt von Franz Neumann (1897).
In der Einfahrt befinden sich Reste eines Renaissanceportals (Ende 15. Jahrhundert) und ein Marienrelief (17. Jahrhundert). Nach Sinas Tod ging der Besitz an seinen Schwiegersohn Viktor Graf Wimpffen über. Am 14. März 1860 starb hier der Erbauer der Semmeringbahn, Carl Ritter von Ghega (Gedenktafel). Im Federlhof befand sich der Federlkeller.
Siehe auch: Rotenturmstraße 6.
Literatur
- Friedrich Albert Bacciocco: Der Federlhof, der Regensburger- und der Kölner-Hof. In: Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache 1 (1892), S. 63-65
- Margarete Girardi: Wiener Höfe einst und jetzt. Wien: Müller 1947 (Beiträge zur Geschichte, Kultur- und Kunstgeschichte der Stadt Wien, 4), S. 58 ff.
- Auguste Groner: So war mein Wien. Skizzen über alte Straßen, Plätze, Höfe in Wien. Wien [u.a.]: Waldheim-Eberle A. G. [1926], S. 98 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 338
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 4, 1. Teil. Wien ²1954 (Manuskript im WStLA), S. 13-18
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 386 ff.