Erstes Wiener Abfallwirtschaftskonzept
Im Herbst 1985 wurde dem Gemeinderat Wiens eine erste Fassung zum Wiener Abfallwirtschaftskonzept (AWK) vorgelegt. Dieses wurde 1988 überarbeitet und 1995 erneuert. Seit 1994 ist die Erstellung eines AWK verpflichtend im Bundesabfallwirtschaftsgesetz geregelt. Es schrieb bis 2002 eine mindestens fünf-jährige Fortschreibungspflicht vor. Seither wurde die Bezeichnung der Abfallwirtschaftskonzepte in Abfallwirtschaftspläne (AWP) geändert. Zusätzlich müssen auch Abfallvermeidungsprogramme erstellt werden. Die beiden Programme bzw. Pläne sind nunmehr zumindest alle sechs Jahre fortzuschreiben.
In Wien wurden 1985, 1988, 1995, 1998, 2002, 2005, 2007, 2013 und 2018 AWKs bzw. AWP erstellt. Seit 1999 werden diese durch strategische Umweltprüfungen (SUP) im Vorfeld erweitert und ergänzt.
Das erste Wiener AWK wurde von der Magistratsabteilung 48 - Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark in Auftrag gegeben und von verschiedenen Magistraten der Stadt Wien und Professor Vogel von der Wirtschaftsuniversität Wien in Arbeitskreisen und durch Einbeziehen von externen Instituten erarbeitet. Im AWK spiegelten sich der Zustand und die vorgeschlagene Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft wider. Diese Veränderungen sollten sozial verträglich, ökologisch wirksam und ökonomisch machbar sein. Das erste Wiener AWK war der erste Schritt, der den Übergang von einer reinen Müllbeseitigung hin zu einer heute modern verstandenen Abfallwirtschaft einläutete.
Als Vorbild für die Erstellung eines solchen Konzeptes diente damals das Bundesministerium für Umwelt in der Schweiz, das auf Grundlage von wissenschaftlichen Beratergruppen, ein neues Leitbild für die Abfallwirtschaft formuliert hatte. Dieses sah vor, Abfall nur mehr als verwertbare und endlagerfähige Stoffe anfallen zu lassen. Endlagerfähige Stoffe bedeutet dabei, dass umweltgefährdende Stoffe in möglichst konzentrierter Form und umweltverträgliche Stoffe in möglichst reiner Form - der Erdkruste ähnlich - anfallen sollten. Dieses Leitbild führte zur folgenden Zielhierarchie im Wiener AWK:
- Abfallvermeidung und Abfallverringerung
- Abfallverwertung:
- Verwertung von Sekundärrohstoffen
- Verwertung von biogenen Abfallstoffen
- Verwertung des Energieinhaltes von Abfällen
- Inertisierung und Endlagerung der Reststoffe
Ersteres sollte durch Öffentlichkeitsarbeit, Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung sowie der Bereitstellung von notwendiger Infrastruktur gelöst werden. Abfallerzeuger wie Industrie, Gewerbe und Haushalte sollten bereits im Vorfeld hinsichtlich Zusammensetzung und Menge des entstehenden Abfalls zu einer Verringerung beitragen.
Eine Reduktion der Menge kann durch möglichst energie- und ressourcenschonendes Arbeiten erreicht werden. Punkt 2 sah vor, alle nicht vermeidbaren Abfälle stofflich bzw. energetisch zu verwerten. Beispielsweise durch das Rückgewinnen von Altstoffen, Kompostieren von biogenen Abfällen und Verbrennen von Restmüll unter Gewinnung von Strom und Fernwärme. Hierbei ist eine Schadstoffentfrachtung im Vorfeld besonders wichtig, um eine Folgekontamination der gewonnenen Altwaren, der produzierten Komposterde und der beim Verbrennungsvorgang entstehenden Abgase und Aschen zu vermeiden. Die Zusammensetzung des Abfalles kann aktiv durch Ersetzen von umweltschädlichen Substanzen wie z.B. den damals verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoffen erfolgen oder passiv durch getrenntes Sammeln der definierten Problemstoffe (z.B. Schwermetalle, Lösemittel, Batterien, ...). Punkt 3 zielt darauf ab, abzulagernde Materialien in eine unproblematische, endlagerungsfähige Form zu überführen. Falls dies nicht zu bewerkstelligen ist, müssen diese Schadstoffe in eine stabile Matrix eingebettet werden, die eine Kontamination der Umgebung verhindert.
Literatur
- Perspektiven. Die 48er, Dasein für Wien. Hg. von N. J. Verlagsges.m.b.H. . Heft 3_4. Erscheinungsort: Wien 2007
- Perspektiven. Magazin für Stadtgestaltung und Lebensqualität. Abfallwirtschaft in Wien. Hg. von Compress Verlagsges.m.b.H. . Heft 6. Erscheinungsort: Wien. 1989