Ferry Radax
Ferry (eigentlich Franz) Radax, * 20. Juni 1932 Wien, † 9. September 2021 Baden, Filmemacher, Regisseur, Kameramann, Künstler, Maler, Fotograf.
Biografie
Ferry Radax wurde in Wien zum Sängerknaben ausgebildet und besuchte das Musische Gymnasium in Frankfurt/Main. Seine nächste Station war die Wiener Textilfachschule. 1953 wechselte er in die damals noch in den Kinderschuhen steckende Wiener Filmakademie und betätigte sich in Malerei und Fotografie. Bereits seit 1951 begann sich Radax mit allen Bereichen des Films vertraut zu machen, zuerst als Assistent, dann als Drehbuchautor, Kameramann, Cutter, Regisseur und auch als Produzent. Lange Jahre arbeitete er im Ausland, laufende Filmarbeiten führten ihn zudem in alle Kontinente. Ferry Radax zählte in den 1950er und 1960er Jahren zu den bekanntesten Avantgardefilmern Europas.
Gemeinsam mit Peter Kubelka drehte er 1955 seinen ersten Film "Mosaik im Vertrauen" (1955). Danach arbeitete er als Regisseur von Industrie- und Werbefilmen in der Schweiz, in Deutschland und Italien. Für seinen Werbespot "BIC Ball Pen" erhielt er 1964 in Cannes eine Goldene Palme. Zu einem seiner bekanntesten Filme wurde "Sonne halt!" (1959/1962), ein poetisch gebrochener Teenagerfilm mit Konrad Bayer, Ingrid Schuppan und Albert Jolly. Der Dialog wird nur von Bayer gesprochen, wobei, wie Paul Kruntorad schrieb, die Dialekttexte einer Wiener Beatnikfigur abgehorcht sind, der hochdeutsche Text hingegen zum literarischen Œuvre von Konrad Bayer zählt.
In den folgenden Jahren arbeitete Radax zunächst für den ORF, für den er Filme über Friedensreich Hundertwasser (1966), H. C. Artmann (1967), die Grazer Dichtergruppe (1967) und das TRIGON-Projekt in Graz (1967) drehte. Seit 1968 drehte er für den Westdeutschen Rundfunk zahlreiche Künstlerporträts, unter anderem über Konrad Bayer (1969, ausgezeichnet mit dem Adolf Grimme Preis), Thomas Bernhard (1970), die Phantastischen Realisten (1970), Ludwig Wittgenstein (1975), James Joyce (1981) oder Wolfgang Koeppen (1980). Eine von Radax' Spezialdisziplinen waren künstlerisch sehr eigenständige Literatur-Verfilmungen, die meist unter schwierigen Bedingungen zustande kamen, so "Der Kopf des Vitus Bering" (1970, nach dem Buch von Konrad Bayer), "Der Italiener" (1971, nach dem Buch von Thomas Bernhard) oder "Hasard und Entenbraten" (1974, nach H. C. Artmanns Text). 1968 stellte er in Wien seine utopisch-politische Satire "Das Testament" (1968) über die Unterdrückung der Intellektuellen Wiens vor.
Das Wiener Filmmuseum stellte 1993 einen Monat lang Ferry Radax' Filme vor. Das Filmfestival Diagonale widmete Radax 2012 eine Personale. In Ausstellungen bewies er zudem sein Multitalent als Maler und Fotograf. Bereits 1954 präsentierte er seine Werke in einer Einzelausstellung im Art-Club Wien, 1958 weitere Werke in der Galerie Ernst Fuchs in Wien. Im August 2004 zeigte er auf Schloss Hollenburg die Ausstellung "Cinema goes painting", im Februar 2005 in der Galerie Chobot (Wien) Fotos und malerische Film-Stills aus dem Film "Sonne Halt!" sowie im Februar 2005 in der Raiffeisenbank Krems die Ausstellung "Vom Filmbild zum Film im Bild". 2008 stellte er ausgewählte Werke seines Schaffens in der Ausstellung "Edward Hopper nachempfunden von Ferry Radax" in der gallery STEINER – art & wine aus.
Literatur
- Georg Vogt [Hg.]: Ferry Radax. Wien: Sonderzahl 2014
- Katharina Manojilovc / Harald Schmiederer: Unheimliches Wolfsegg. Zum Film Der Italiener von Thomas Bernhard und Ferry Radax. In: Johann Georg Lughofer [Hg.]: Thomas Bernhard. Wien: Böhlau 2012
- Peter Tscherkassky: The halted sun of Ferry Radax. In: Ders. [Hg.]: Film Unframed: A History of Austrian Avant-Garde Cinema. Wien: Synema 2012
- Ferry Radax. Sonne halt! Ferry Radax kommentiert seinen Experimentalfilmklassiker. In: Edition Kontext. Wien: Falter Verlag 2008 (DVD)
- Juliane Vogel: Ich bin so groß und Du bist so klein. Allmachtsphantasien in Ferry Radax' SONNE HALT!. In: Thomas Ballhausen [Hg.]: Psyche im Kino: Sigmund Freud und der Film. Wien: Filmarchiv Austria 2006
- Ferry Radax: Ferry Radax. Wien: Österreichische Gesellschaft für Filmwissenschaft, Kommunikations- u. Medienforschung 1982