Filmbund
48° 12' 0.17" N, 16° 21' 54.86" E zur Karte im Wien Kulturgut
Der Filmbund ging aus dem "Verband der Filmregisseure Films" (Präsident: Felix Grünwald), der in einer außerordentlichen Generalversammlung am 23. Dezember 1922 die Umwandlung in die "Vereinigung der künstlerischen und kunsttechnischen Mitarbeiter der Filmerzeugung Österreichs" beschloss und dies auch der Vereinsbehörde meldete. Der neue Verein konstituierte sich am 31. Dezember 1922 bei seiner ersten Generalversammlung und vereinigte die Interessenvertretungen der einzelnen Berufsgruppen des österreichischen Films, die in den Jahren zuvor aufgrund der schweren wirtschaftlichen Bedingungen und fehlenden Anerkennung gegründet worden waren. Der Filmbund war Vorbild für eine ähnliche Gründung in Deutschland. Vereinssitz war im Café Dobner (6., Linke Wienzeile 2, Getreidemarkt).
Einberufen wurde die konstituierende Generalversammlung von Heinz Hanus (1882-1972), der erster Präsident des Filmbunds wurde. Als Vizepräsidenten fungierten Julius Strobl und Julius Hertzka. Vorstandsmitglieder waren Jacques Bachrach, Hans Berger, Viktor Franz, Miklos Györgyfalvy, Arthur Gottlein, Hans Hönig, Michael Kertész, Richard Metzel, Louis Nerz, Max Neufeld, Viktor Schaschek, Hans Theyer, Ladislaus Tuszyński und Robert Valberg. Ida Jenbach und Willy Beyer waren als Revisoren und der Gründer des österreichischen Bühnenvereins, Alfons Bolz-Feigl, als Sekretär des Filmbundss tätig.
Gründungsmitglieder des Filmbunds waren zudem die 1918 gegründete "Union des Bühnen- und Kinopersonals", die 1919 gegründete "Vereinigung der Filmregisseure Wiens" (Heinz Hanus und Robert Wiene), sowie die ebenfalls 1919 gegründeten Interessenvertretungen "Verband der Operateure" (Kameramänner) (Hans Theyer und Ludwig Schaschek) und der "Verband der Filmdarsteller" (Willy Schmidt und Gustav Stolberg). Außerdem gehörten dem Filmbund der "Kinotechnische Verband", der "Österreichische Bühnenverein" sowie internationale Artistenorganisationen an.
Der Filmbund bot seinen Mitgliedern Rechtshilfe bei Streitigkeiten mit den Arbeitgebern sowie kostenlose ärztliche Behandlung. Außerdem wurde ein Unterstützungsfonds für notleidende arbeitslose Kollegen ins Leben gerufen und Normalverträge durchgesetzt, die für Mindestentlohnung sorgte. Darüber hinaus beschloss der Filmbund 1926 gewerkschaftliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Gagen von Filmschauspielern.[1]
Im Café Dobner, in dem ein eigener Raum als Vereinssitz diente, wurden Vorträge, Vorführungen und Diskussionsabende mit Filmwissenschaftlern sowie Lesungen und Autogrammstunden mit Filmstars und Regisseuren abgehalten. Zudem wirkte der Filmbund an dem von L'Éstrange Fawcette stammenden ersten enzyklopädischen Werk über die Filmwesen ("Die Welt des Films") mit, das sowohl ins Deutsche übersetzt als auch von S. W. Fischer und C. Zell wesentlich ergänzt wurde.
Ein wichtiger Erfolg des Filmbunds war im Jahr 1926 die Durchsetzung einer Kontingentierung für ausländische Filme, da US-amerikanische Filme den Markt überschwemmten und dadurch die europäische beziehungsweise österreichische Filmproduktion zunehmend in Bedrängnis brachten. Allein 1925 hatten 1.200 Filme die österreichische Filmzensur passiert, wobei jedoch für die 750 Kinos in Österreich nur rund 300 bis 350 Filme gebraucht wurden. Zugleich war Zahl österreichischer Filme von 75 Lang- und 50 bis 60 Kurzfilme, die 1921 und 1922 produziert worden waren, auf fünf Filme 1925 zurückgegangen. Ein Großteil der österreichischen Filmproduktionsgesellschaften musste schließen, nur drei waren 1925 noch aktiv, auf der anderen Seite stieg jedoch die Zahl der Filmhändler an. Der vom Filmbund aufgerufenen Demonstration schlossen sich Anfang Mai rund 3.000 Künstler, Musiker, Artisten, Arbeiter und Angestellte sowie Gewerbetreibende der Filmbranche an, darunter unter anderem Sascha Kolowrat, Jacob und Luise Fleck, Walter Reisch, Magda Sonja, Michael Kertész und Hans Theyer.[2] Das am 19. Mai 1926 in Kraft getretene Filmkontingentierungsgesetz wurde vom Filmbund entsprechend begrüßt und man erhoffte sich davon den Wiederaufbau der österreichischen Filmindustrie.[3]
Der Filmbund wurde 1934 durch das Dollfuß-Regime aufgelöst.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A32: 930/1923 Vereinigung der künstlerischen und kunsttechnischen Mitarbeiter der Filmerzeugung Österreichs; Verein Filmbund
- Hans Hanus: Das Schicksal der österreichischen Filmindustrie. In: Wiener Zeitung, 14.12.1926, S. 8
Literatur
- Walter Fritz: Kino in Österreich 1896-1930. Der Stummfilm. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1981, S. 96 ff.
- Festschrift anlässlich des zehnjährigen Bestandes des 'Film-Bund', Vereinigung künstlerischer und kunsttechnischer Mitarbeiter der Filmerzeugung Österreichs in Wien 1923-1933. Klosterneuburg: Augustinus-Druck 1933
- Isabella Palfy: Kino und Film in der ersten österreichischen Republik. Die Filmpublizistik der Tonfilmzeit von 1929-1938. Dissertation, Universität Wien, Wien 1993, S. 77
Einzelnachweise
- ↑ Gewerkschaftliche Maßnahmen des Filmbundes. In: Neue Freie Presse, 10.12.1926.
- ↑ Hans Hanus: Das Schicksal der österreichischen Filmindustrie. In: Wiener Zeitung, 14.12.1926, S. 8.
- ↑ Nach der Kontingentierung. In: Kleine Volks-Zeitung, 21.05.1926, S. 13. und Der Wiederaufbau der österreichischen Filmindustrie. In: Der Tag, 21.05.1926, S. 6.