48° 11' 36.07" N, 16° 18' 33.66" E zur Karte im Wien Kulturgut
Das Kino Fischer (14., Linzer Straße 48) wurde 1912 gegründet und schon nach zwei Jahren wieder geschlossen. Die Lizenz wurde in die Linzer Straße 83 transferiert, wo das Kino unter demselben Namen wiedereröffnete. 1914 hatte es einen Saal für 385 Personen. Ab 1930 wurden Tonfilme gespielt. 1934 hatte es einen Fassungsraum für 400 Personen.
Erste Jahre
Das „Kino Fischer“ wurde 1912 an der Adresse 13., Linzer Straße 48, von Hans Fischer gegründet. Fischer wurde 1884 in Wien geboren, hatte als Zirkusdirektor in Berlin gearbeitet und gründete nach seiner Rückkehr nach Wien zeitgleich mit dem „Kino Fischer“ ein weiteres Kino in Purkersdorf.
1914 änderte Fischer den Standort seines Kinos und zog von der Linzer Straße 48 in die Linzer Straße 83 (13., heute 14. Bezirk), wobei er die Lizenz für den Betrieb des Kinos mittels „Lizenztransfer“ behalten konnte.
Das neue Kino stand, wie bereits der erste Standort, in Besitz der Familie Fischer, bestehend aus dem Inhaber, Hans Fischer (1884−1940), seiner Frau Maria und deren drei Kindern; die Familie war an derselben Adresse wohnhaft. Der neue Kinobetrieb lief nach der Eröffnung ohne größere Probleme und blieb für die gesamte Zeit des Bestehens ein Familienunternehmen.
Die Kinoräume wurden durch einen Hofeinbau geschaffen. Der Kinosaal, der 18 mal 13 Meter maß, bot in den ersten 20 Jahren 385 Sitzplätze, ab 1934 rund 400 Sitzplätze. Von den Eingängen führte der Weg an der Kasse vorbei über einen Warteraum und einen Gang in den Saal, der durch insgesamt drei Ausgänge, die durch den Hof wieder auf die Straße führten, verlassen werden konnte. Es gab 18 Sitzreihen, welche durch einen Mittelgang der Länge nach geteilt waren; im Vorderbereich des Saals befand sich auf der rechten Seite ein Orchesterbereich, die linken Sitzreihen waren durch zwei 1,2 Meter breite Gänge, die zu den Ausgängen führten, unterbrochen.
1930 wurde der Tonfilm eingeführt.
Der Kinobetrieb zwischen 1939 und 1945
Im April 1939 wurde Hans Fischer, zu diesem Zeitpunkt bereits NSDAP-Mitglied, auch offizielles Mitglied der Reichsfilmkammer. Auch das Kino wurde in der Folge in die Reichsfilmkammer eingegliedert und die Bezeichnung laut NS-Bestimmung von „Kino Fischer“ auf „Fischer Lichtspiele“ geändert.
Am 10. Februar 1940 verstarb der langjährige Kinoinhaber mit 56 Jahren; Maria Fischer übernahm als Alleinerbin den gesamten Betrieb, ohne selbst NSDAP-Mitglied zu sein. Sie führte das Kino im Sinne der Interessen der Reichsfilmkammer weiter und erhielt nach Einreichung einer diesbezüglichen „Übernahmeerklärung“ auch die offizielle „Spielerlaubnis“. 1941 wurde sie zudem persönlich Mitglied der Reichsfilmkammer. Im September 1942 folgte ihr die gemeinsame Tochter Gudrun Fischer als neue Geschäftsführerin des Kinos.
In den Jahren 1941 und 1942 wurde der seit 1914 durchgehend in seiner ursprünglichen Anlage genutzte Zuschauerraum saniert. Wie aus einem erhaltenen Sitzplan aus dem Jahr 1941 deutlich wird, waren die erneut 385 Sitzplätze nun jedoch anders angeordnet: Es gab 20 Reihen, die nach der zehnten Reihe durch einen Quergang unterbrochen wurden; die Platzierung des Eingangs und der Ausgänge änderte sich dabei jedoch nicht.
1943 spielte das Kino 18 Vorstellungen pro Woche; 1944 lag der reguläre Preis für eine Vorstellung je nach der Sitzplatzkategorie zwischen 0,50 und 1,10 Reichsmark. Für Militärmitglieder, Kriegsverletze und Kinder sowie bei Märchenvorstellungen gab es ermäßigte Preise. Kurz vor Kriegsende wurde von der Reichsfilmkammer festgelegt, dass deutsche Filme mindestens eine Woche lang im Programm aufgenommen werden mussten.
Nachkriegszeit
Da der Kinoeigentümer Hans Fischer zum Zeitpunkt des „Anschlusses“ NSDAP-Mitglied gewesen war, wurde das Kino während der ersten Nachkriegsmonate vorerst unter „provisorische Leitung“ gestellt, um die Sachlage zu prüfen und zu entscheiden, ob in diesem Falle Fischers Erbin, Maria Fischer, erneut die Leitung des Betriebs übernehmen dürfe. Maria Fischer legte noch vor der geplanten Bestellung des öffentlichen Verwalters Dr. Alfred Migsch im Herbst des Jahres einen Nachweis vor, aus dem hervorging, dass sie selbst über keine NSDAP-Mitgliedschaft verfügte, sodass das Kino schließlich bereits im Sommer 1945 erneut in die Hände der Familie Fischer überging.
Ab dem 1. Dezember 1954 wurde der Betrieb als „Offene Handelsgesellschaft“ „,Kino Fischer‘ Maria Fischer & Töchter“ weitergeführt, die langjährige Kinobetreiberin Maria Fischer verstarb im März 1962. Im Juni 1971 übernahm Gertrude Kracmer die Geschäftsführung des Betriebs. Mit 1. Juli 1976 wurde der Kinobetrieb offiziell eingestellt und die Konzession zurückgelegt.
Fassungsraum
Siehe auch: Kino
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 13. Kino Fischer
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A27 - ÖV Kino: K28 Fischer-Kino
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 471, A3/3: 14. Linzer Straße 83 Fischer Kino
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1 – Kinoakten: 32 Kino-Fischer
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Fachverband der Lichtspieltheater, A1 – Kinoakten: 52 – Fischer Kino
Literatur
- Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 258-259