Herbert Prohaska
Herbert "Schneckerl" Prohaska, * 8. August 1955 Wien, Fußballer, Trainer.
Biografie
Herbert Prohaska wuchs in der Simmeringer Hasenleiten-Siedlung in den einfachsten Verhältnissen auf, in seiner Autobiographie nennt er das Grätzl „Klein-Chicago“. Sein Vater Alfred Prohaska war Hilfsarbeiter bei der Firma Schrack, seine Mutter Leopoldine arbeitete als Bedienerin.
Prohaskas erster Verein war Vorwärts XI, wo sein Vater die Jugend trainierte. Mit Neun war der Sohn zwar noch zu jung, um in der Meisterschaft aufzulaufen, aber schon damals hörte er aufgrund seiner markanten Lockenfrisur auf den Spitznamen „Schneckerl“. Nach einer Saison wechselte der junge Sportler zu Ostbahn XI. Auch hier wurde sein Vater Jugendtrainer. Bereits mit 15 Jahren stieg Prohaska in die Kampfmannschaft auf, mit der er den Titel in seiner Spielklasse feierte. Nationale Bekanntheit erlangte er bei einem Testspiel von Ostbahn XI gegen die österreichische Nationalmannschaft, das am 4. April 1972 im fast leeren Praterstadion stattfand. Der 16-jährige narrte die Internationalen reihenweise, Ostbahn XI verlor lediglich mit 0:1. Schlagartig interessierten sich verschiedene Vereine der ersten Liga für das Talent. Herbert Prohaska entschied sich für den FK Austria Wien, für den er am 30. Juli 1972 zum ersten Mal auflief und beim 3:1 Sieg gegen den WAC auch gleich einen Treffer markierte. Mit der Austria wurde der Mittelfeldspieler bis 1980 viermal österreichischer Meister und zweimal Cupsieger. 1978 erreichte die Austria das Finale im Europacup der Cupsieger, wurde aber in Paris vom RSC Anderlecht mit 0:4 geschlagen. Prohaska nahm mit der österreichischen Nationalmannschaft auch an den WM-Endrunden in Argentinien (1978) und Spanien (1982) teil. Insgesamt trug er zwischen 1974 und 1989 das Nationaltrikot 84-mal. Dabei gelangen ihm zwölf Tore, darunter der legendäre "Spitz" zum 1:0-Sieg über die Türkei in Izmir, der die Qualifikation für das Turnier in Argentinien fixierte.
Neben seiner sportlichen Karriere absolvierte Herbert Prohaska in Simmering eine Lehre zum Automechaniker. Im Dezember 1974 heiratete er Elisabeth Bublak, das Paar hat zwei Töchter.
Im Rahmen des Fussballkongresses in der Wiener Generali Arena verriet Prohaska am 21. Februar 2024, dass ihm Ajax Amsterdam angeboten hatte, zur Saison 1974/75 als Nachfolger von Johan Cruyff, der zum FC Barcelona gewechselt war, zum niederländischen Spitzenklub zu gehen. Verhindert wurde dies offenbar durch die Begründung der Zehnerliga in Österreich, mit der ein Gebot einherging, österreichische Profis möglichst nicht ins Ausland wechseln zu lassen, sondern im Land zu halten. So musste Prohaska mit dem Beginn seiner internationalen Vereinskarriere bis zur Saison 1980/81 warten, als er sich Internazionale Mailand anschloss, wo man ihn offenbar Michel Platini vorgezogen hatte. Mit dem Verein gewann er in der Folgesaison die Coppa Italia. Dann wechselte Prohaska zur AS Roma, wo er 1982/83 wesentlich am Gewinn des ersten Scudetto, sprich der italienischen Meisterschaft, nach 41 Jahren beteiligt war. Im besten Fußballeralter verließ er nach nur einer Saison die Roma. Dies geschah allerdings nicht ganz freiwillig. Die beiden Ausländerplätze sollten 1983/84 den Brasilianern Falcao und Cerezo vorbehalten bleiben. Bitter enttäuscht verließ Prohaska Italien und kehrte heim zur Austria, wo er von 1984–1986 drei weitere österreichische Meistertitel und ein Double (1986) feiern durfte. Bis zu seinem Rücktritt als Aktiver 1988/89 absolvierte Prohaska weitere 194 Spiele in der heimischen Liga und erzielte 35 Treffer. Anschließend wirkte er zunächst als Sportdirektor und bald darauf als Trainer der Austria, mit der er 1991 und 1992 den Meistertitel holte. Ab Juli 1992 trainierte er die österreichische U-21-Auswahl. Nach dem Tod von Ernst Happel (1993) wurde Prohaska sein Nachfolger als Teamchef. Obwohl die Nationalmannschaft unter ihm beachtliche Erfolge erzielen konnte – so qualifizierte sich das Team als Gruppensieger für die WM 1998 in Frankreich und erreichte im Jahr darauf mit Rang 17 die bis dahin beste Platzierung in der FIFA-Weltrangliste – musste Prohaska nach der 0:9-Niederlage im EM-Qualifikationsspiel gegen Spanien am 27. März 1999 zurücktreten.
Herbert Prohaska kehrte als Trainer zur Austria zurück, die er nach einem Zerwürfnis mit dem damaligen Hauptsponsor Frank Stronach allerdings im darauffolgenden Jahr wieder verließ.
Als Experte analysiert Herbert Prohaska für den ORF und die Kronenzeitung Fußballmatches.
2004 wurde er während der Gala "100-Jahre ÖFB" in der Staatsoper als "Österreichischer Jahrhundertspieler" ausgezeichnet. Kein Wunder also, dass seine Wachsfigur im Dress der Wiener Austria auch bei Madame Tussauds Wien zu bestaunen ist.
Werke
- Herbert Prohaska: Zwischen Simmering und San Siro. Aufgezeichnet von Wolfgang Winheim. Wien: Schmid 1984
- Herbert Prohaska: Mein Leben. Aufgezeichnet von Toni Huemer und Tom Hofer. Wien: Ueberreuter 2005
- Hans Huber, Herbert Prohaska: Unser Spiel. Alles, was Sie schon immer über Fußball wissen wollten. Begriffe, Bewerbe, Teams. Wien: Ueberreuter 2006
- Hans Huber, Herbert Prohaska: Toor! Österreichs größte Fußball-Stars. Wien: Ueberreuter 2008
- Hans Krankl, Herbert Prohaska: Über das Leben. Aufgezeichnet von Rainer Pariasek und Erich Sebach. Wien: Edition a 2023
- Hans Krankl, Herbert Prohaska: Lustig war’s immer. Aufgezeichnet von Rainer Pariasek und Erich Sebach. Wien: Edition a 2024
Literatur
- Clemens Zavarski: FK Austria Wien. Wien: Culturcon 2019
- Alexander Strecha / Niki Strecha: 111 Gründe, den FK Austria zu lieben. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2017
Weblinks
- Wikipedia: Herbert Prohaska
- Gerald Gossmann: Herbert Prohaska: "Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Pariasek so abgeht". In: Profil, 22.05.2020
- Angelika Hager: Herbert Prohaska über seine Liebe zur Oper: "Der dicke, kleine Italiener ist meine Numero uno". In: Profil, 01.08.2023
- ORF: Herbert Prohaska
- Austria Wien: Prohaska ist "Fußballer des Jahrhunderts"
- "Sound of Football" im ORF: Viel Prominenz kam, sah und ehrte. OTS0069, 18.08.2004