Hermi Hirsch

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Hermi Hirsch mit Gästen (NN, Joe Berger, NN, Franz Ringel, Charly Pollack) im Café Dobner im Mai 1976 Quelle:Privat/Peter Hirsch
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Hirsch, Hermi
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  61981
GNDGemeindsame Normdatei
Wikidata
GeburtsdatumDatum der Geburt 16. Jänner 1924
GeburtsortOrt der Geburt Wien
SterbedatumSterbedatum 1. Juli 1990
SterbeortSterbeort Wien
BerufBeruf Wirtin, Aktivistin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage
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Letzte Änderung am 19.09.2024 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Südwestfriedhof
Grabstelle
BildnameName des Bildes Hermi hirsch.jpeg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Hermi Hirsch mit Gästen (NN, Joe Berger, NN, Franz Ringel, Charly Pollack) im Café Dobner im Mai 1976 Quelle:Privat/Peter Hirsch
  • 1., Kumpfgasse (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Hermi Hirsch, * 16. Jänner 1924 Wien, † 1. Juli 1990 Wien, Beislwirtin, Aktivistin.

Biografie

Hermi Hirsch wurde 1924 in Wien geboren. Ihre Mutter, Salomea Aschkenazy, war die Tochter eines polnischen Juden und einer ursprünglich katholischen, aber zwecks Eheschließung zum Judentum konvertierten Wienerin, Marie Ludwig. Hermi Hirsch war keine eineinhalb Jahre alt, als sich ihre Mutter dazu entschloss, ihrer Herkunftsfamilie nach Palästina zu folgen. Der Vater sah sich außerstande für beide Kinder zu sorgen, weshalb zunächst Hermis erst viermonatige Schwester zu einer Pflegemutter kam. Diese Frau wurde mit der Zeit auch für Hermi Hirsch zur Pflege- und Stiefmutter, die sie in ihren autobiografischen Erinnerungen als Mutter bezeichnet.

Hermi Hirsch wuchs in ärmsten Verhältnissen auf. Gemeinsam mit ihrer Schwester lebte sie bei ihrer Pflegemutter und deren Ehemann zunächst in einem Schuppen in einem Hinterhof in der Kaiserstraße und später – das Ehepaar hatte sich voneinander entfremdet – gemeinsam mit dem Ehepaar, der Schwester und dem leiblichen Vater in einer kleinen Gemeindewohnung in der Wienerbergstraße 10 in Meidling. Der Vater, aus einer bürgerlichen Familie stammend, war verarmt und arbeitete zeitweise als Markthelfer in der Markthalle beim Hauptzollamt. Die Pflegemutter hielt die Familie unter anderem durch Heimarbeit, bei der alle Familienmitglieder mithelfen mussten, finanziell über Wasser. Die Eltern waren sozialdemokratisch eingestellt. In ihren Kindheitserinnerungen beschreibt Hermi Hirsch den zunehmenden Antisemitismus und die Angst ihrer nicht jüdischen Eltern um die beiden Mädchen, die das Religionsbekenntnis ihrer leiblichen Mutter hatten.

Hermi wurde nach dem Anschluss und dem Beginn der Judenverfolgung als "Mischling 2. Grades" eingestuft und war damit zunächst zwar diskriminiert, aber nicht mehr unmittelbar gefährdet. Die Oberstufe der Schule konnte sie wegen der Entfernung der Schule und Anfeindungen auf dem Schulweg nur mehr sporadisch besuchen. Sie arbeitete dann als Kranführerin in einem (nicht überlieferten) Rüstungsbetrieb. Am 17.6.1944 brachte sie ihr einziges Kind, Peter Hirsch, zur Welt. Nach dem Ende des Krieges arbeitete sie in nicht bekannter Funktion für die amerikanische Besatzungsmacht und betrieb eine Schneiderei im 3. Bezirk. Schließlich begann sie als Serviererin im Gastgewerbe zu arbeiten, wechselte häufig die Stellung und arbeitete in der Wintersaison häufig in Westösterreich.

In den späten 60ern und frühen 70ern arbeitete sie dann als Köchin im Café Dobner, das ein Treffpunkt der künstlerischen Avantgarde war. Hermi nahm auch - soweit es die Zeit erlaubte - an der Arena 1976 teil und brachte in einer Nacht- und Nebelaktion einen kleinen gestrandeten Zirkus in die Arena und dann ins Winterquartier nach Hirschstetten.

Ab den 1970er Jahren tritt sie als Wirtin eines legendären Beisls und durch ihr politisches Engagement öffentlich in Erscheinung. Hermi Hirsch führte in der Kumpfgasse 2 im 1. Bezirk ein Lokal, das vielen Studierenden, aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern sowie politisch Interessierten als zweites Wohnzimmer diente. Dort kehrten beispielsweise Lukas Resetarits und Konstantin Wecker genauso ein wie Caspar Einem, Freda Meissner-Blau und Johanna Dohnal. Als Hermi Hirsch 1982 für ihr Lokal Konkurs anmelden musste, wurde für sie am 23. Jänner 1983 im Kongresshaus am Margaretengürtel ein "Solidaritätsfest für Hermi" veranstaltet, bei dem zahlreiche ihrer Stammgäste, darunter Peter Turrini, Konstantin Wecker, Die Schmetterlinge und Ludwig Hirsch auftraten. Trotz dieses Einsatzes musste das Lokal schließen.

Hermi Hirsch war ab den 1970er Jahre stark in der Frauen- und Friedensbewegung engagiert. 1978 initiierte sie den Verein "Frauen für den Frieden" und setzte sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf ein. 1984 war sie unter den Besetzern der Au bei Hainburg (und holte sich dort eine Lungenentzündung). Sie war Teil der Aktionsplattform für den 8. März und im Umfeld der Aktion Unabhängiger Frauen aktiv. Ab 1979 wirkte sie an der AUF-Eine Frauenzeitschrift mit und gehörte von 1983 bis zu ihrem Tod 1990 dem AUF Redaktionskollektiv an. Im Juni 1989 organisierte sie ein Solidaritätsfest für die in der BRD inhaftierte österreichische Journalistin Ingrid Strobl, die wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Hermi Hirsch war Mitglied der Kommunistische Partei Österreichs und gehörte dem "Bund demokratischer Frauen" an.

Hermi Hirsch starb am 1. Juli 1990, umgeben von Familie und Freundinnen, an Nierenkrebs. Sie hatte ihren Körper der Anatomie vermacht; ihr Name steht auf dem Grabstein der Urnengruft ihrer Familie auf dem Südwestfriedhof.

Literatur

  • Hermi Hirsch: Ich wollte nicht sehen, was sie sahen. In: AUFbrüche. Feministische Porträts und Lebensbilder. Hg. von Britta Cacioppo/Eva Geber/Traude Korosa. Wien: Mandelbaum Verlag 2006, S. 63–69
  • Briefinterview mit Hermi Hirsch und Freda Meissner-Blau: Friedensbewegung und Feminismus. In: AUF – Eine Frauenzeitschrift (1982), S. 33–35