Ingrid Leodolter
Ingrid Leodolter, * 14. August 1919 Wien, † 17. November 1986 Wien, Medizinerin, sozialdemokratische Politikerin.
Biografie
Die Tochter des Wiener Stadtschulratspräsidenten Leopold Zechner und seiner Ehefrau Elsa (geborene Cornelius) besuchte in Hietzing das Gymnasium Wenzgasse, wo sie 1937 mit Auszeichnung maturierte. 1938 heiratete sie ihren Jugendfreund Josef Leodolter. Der Volkswirtschaftler war ab 1949 für die Verwaltung der Wiener Spitäler verantwortlich.
1943 schloss Ingrid Leodolter ihr Medizinstudium an der Universität Wien mit der Promotion ab und absolvierte dann die Ausbildung zur Fachärztin für Innere Medizin. 1951 wurde sie erste Oberärztin an der medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses. 1958 wechselte sie an die Medizinische Abteilung des Sophienspitals, dem sie von 1962 bis 1971 als ärztliche Leiterin (Primaria) und nach ihrer Regierungstätigkeit von November 1979 bis zu ihrer Pensionierung im Februar 1986 vorstand.
Am 4. November 1971 nahm sie Bundespräsident Franz Jonas als Bundesministerin ohne Portefeuille in die Bundesregierung Kreisky II auf. Nachdem am 2. Februar 1972 die Gesundheitsagenden aus dem Sozialministerium herausgelöst und in ein eigenes Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz eingebracht worden waren, war Ingrid Leodolter die erste Ministerin in diesem Ressort.
Obwohl sie von Anfang an massiven Angriffen der konservativen Presse ausgesetzt war, gelang es Ingrid Leodolter, wesentliche Maßnahmen in der Gesundheitspolitik durchzusetzen.
In ihrer Ära wurden unter anderem der Mutter-Kind-Pass geschaffen (entscheidende Senkung der Säuglingssterblichkeit von 23,5 Promille im Jahr 1974 auf 7,4 Promille im Jahr 1992), eine Spitalsreform eingeleitet, die Krankenpflegeausbildung modifiziert sowie ein neues Lebensmittel- und ein Bäderhygienegesetz beschlossen. Außerdem erwirkte Leodolter eine Erhöhung der Geburtenbeihilfe. 1974 wurde die kostenlose Vorsorgeuntersuchung eingeführt. In den folgenden vier Jahrzehnten stieg die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen um sieben auf 82 Jahre und jene von Männern um acht auf 75 Jahre.
Nachdem die Praxis der Auftragsvergabe des Gesundheitsministeriums in einem Rechnungshofbericht scharf kritisiert worden war, trat Ingrid Leodolter 1979 zurück und nahm ihre Tätigkeit im Sophienspital wieder auf. Herbert Salcher folgte ihr im Ministeramt nach.
Das Geriatrische Tageszentrum der Stadt Wien im Sophienspital in Wien 7., Apollogasse 19, wurde nach Ingrid Leodolter benannt. Seit 2015 gibt es in Lainz eine Leodolterpromenade, und auch das im selben Jahr an der Stelle des Kaiserin-Elisabeth-Spitals eröffnete Pflegewohnhaus trägt den Namen der Gesundheitspolitikerin.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Personenmappen Ingrid Leodolter [TF 029602]
Literatur
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
- Österreichische Apothekerkammer: Österreichische Apotheker-Zeitung (ÖAZ) 23/1986, S. 21
- Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 16.11.1982
- Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien: Ingrid Leodolter (geb. Zechner) [Stand: 24.10.2017]
- Österreichisches Parlament: Dr. Ingrid Leodolter [Stand: 24.10.2017]
Ingrid Leodolter im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.