Jan Münzer

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Münzer, Jan
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  369324
GNDGemeindsame Normdatei
Wikidata
GeburtsdatumDatum der Geburt 1898
GeburtsortOrt der Geburt
SterbedatumSterbedatum 1950
SterbeortSterbeort New York 4042011-5
BerufBeruf
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Karl Kraus (Portal)
RessourceUrsprüngliche Ressource 
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle

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Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Jan Münzer * 1898, † 1950, New York, Journalist.

Biografie

Herkunft und frühe Jahre

Jan Münzer ist bis zur Einschulung im deutschen Sprachmilieu der nordböhmischen Grenzstadt Rumburg aufgewachsen. Sein Vater war deutschjüdischer, seine Mutter tschechojüdischer Herkunft, sprach aber ebenfalls Deutsch. Die Familie zog nach Innerböhmen, wo Münzer tschechische Volks- und Mittelschulen besuchte. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er kurzzeitig an der Prager Universität. Schließlich ergriff er den Journalistenberuf und war publizistisch für tschechische Zeitungen und Zeitschriften tätig.

Jan Münzer und Karl Kraus

1924 wurde die tschechische Zeitschrift "Pritomnost" gegründet und bereits in der vierten Ausgabe im Februar 1924 erschien ein Artikel von Münzer unter dem Pseudonym "Cursor" mit dem Titel "Karl Kraus und die Gegenwart", am 24. April 1924, ein Artikel unter dem Titel "Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus" und im September 1924 ein Beitrag zu Kraus' Drama "Wolkenkuckucksheim". Im Artikel zu Kraus' Werk "Die letzten Tage der Menschheit" besprach Münzer die mangelnde Beachtung Kraus' bei der tschechischen Kritik und die Schwierigkeiten einer Übersetzung dieses Werks, die den sprachlichen Ansprüchen gerecht werden könnte.

1929 bis 1931 war Münzer leitender Redakteur der Jahrgänge 49 und 50 des Literaturalmanachs "Tschechojüdischer Kalender". Ab Oktober 1930 brachte er das erste Heft, der von ihm selbst geleiteten Halbmonatsschrift "Dnesek" heraus, die allerdings nur 22 Nummern erreichte und im August 1931 eingestellt wurde. Nichtsdestotrotz war ein Schwerpunkt dieser Ausgaben Karl Kraus. Bekanntheit erlangte Münzer schließlich durch die Übersetzung von Kraus' Werk "Die letzten Tage der Menschheit" ins Tschechische. Im März 1934 hielt sich Kraus in Prag auf, wo er mit Karel Capek, Ludwig Steiner (Chefredakteuer des Prager Sozialdemokrat), Emil Franzel, Heinrich Fischer, Ottokar Fischer (Germanist der Prager Universität), Ferdinand Peroutka, Erich Heller und Jan Münzer oft bis 6 Uhr morgens andauernde Gespräche führte, in denen er erklären wollte, wieso er zu der Februar-Revolte 1934 geschwiegen hatte und sich einer Stellungnahme enthalten habe. Kraus bezeichnete diesen Besuch später als "unbezahlte Propagandafahrt", weil er versuchte, seine Gesprächspartner von Dollfuß zu überzeugen und ihre Augen für die negativen Seiten der österreichischen Sozialdemokraten zu öffnen. Seine Gesprächspartner konnten aufgrund dessen schließlich seine Position erklären. Heller in einem Artikel von 28. April 1934 im Prager Sozialdemokrat, Münzer durch seinen Artikel "Das Schweigen des Karl Kraus" in Pritomnost am 2. Mai.

1934 war Münzer zudem am Treffen anlässlich Kraus' 60. Geburtstags, das von Karl Jaray organisiert wurde, beteiligt. Zur selben Zeit kam es aufgrund der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu einem wirtschaftlichen Einbruch für Karl Kraus, der ein Auslieferungslager für seine Bücher und die Fackel in Leipzig hatte. Münzer schlug daraufhin vor, dieses nach Prag zu verlegen, weil Tschechien damals noch als sicher vor Nationalsozialisten angesehen wurde. Münzer plante, den Verlag Melantrich als Kommissionär einzusetzen und das Vorhaben von diesem durchführen zu lassen und initiierte gemeinsam mit Karl Jaray und Maximilian Erwin von Lobkowitz zunächst die Übersiedelung des Leipziger Lager und später auch des Wiener Lagers. Allerdings schien es keine vorherigen schriftlichen Vereinbarungen gegeben zu haben, was schließlich zu Unstimmigkeiten über die Höhe der Rabatte, Lager-, Werbe-, Vertriebs- und Transportkosten führte. Kraus, der bereits finanziell angeschlagen war, klagte Melantrich angesichts der überhöhten Forderungen und gewann den Prozess. Allerdings mussten die Zahlungen mit den durch den Stillstand der Verkäufe aufgetretenen Verlust gegengerechnet werden. Kraus' Rechtsanwalt Jan Turnowsky ließ nur sieben Wochen vor Kraus' Tod Berufung gegen das Urteil einlegen, der Ausgang des Prozesses verliert sich aber in der Geschichte.

Exil

1939 konnte Münzer in die USA fliehen. Dort war er für die tschechoslowakische Exilregierung und die Auslandsvertretung der tschechoslowakischen Nachkriegsrepublik tätig. 1948, nach dem kommunistischen Umsturz, trat er aus dem diplomatischen Dienst aus und war zwei Jahre lang für den Tschechischen Dienst der Voice of America tätig, bis er 1950 in New York verstarb.

Literatur

  • Friedrich Pfäfflin (Hg.): Karl Kraus und Georg Jahoda. Der Satiriker und sein Drucker und Verleger. Göttingen: Walltsein 2023
  • Katharina Prager / Simon Ganahl (Hg.): Karl Kraus-Handbuch. Leben–Werk–Wirkung. Berlin: J.B.Metzler 2022
  • Edward Timms: Karl Kraus. Die Krise der Nachkriegszeit und der Sufstieg des Hakenkreuzes. Weitra: Bibliothek der Provinz 2016
  • Friedrich Pfäfflin (Hg.): Aus großer Nähe. Karl Kraus in Berichten von Weggefährten und Widersachern. Göttingen: Wallstein 2008
  • Kurt Krolop: Karl-Kraus-Rezeption in den Böhmischen Ländern. In: Gilbert J. Carr / Edward Timms (Hg.): Karl Kraus und Die Fackel. Aufsätze zur Rezeptionsgeschichte. München: Iudicium Verlag 2001, S. 147–162

Weblinks