Josef Drach
Josef Drach, * 12. März 1883 Sereth, Bukowina (Siret, Rumänien), † nach dem 19. Februar 1941 Kielce, Buchbinder, Antiquitätenhändler
Biografie
Der in der Bukowina geborene Josef Drach erlernte das Handwerk eines Buchbinders und wurde nach vier Jahren Lehr- und drei Jahren Gehilfenzeit 1903 Meister. Er gründete in Czernowitz seine eigene Großbuchbinderei, die er bis 1914 betrieb. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zog er nach Wien um und richtete 1920 im Haus Dr.-Karl-Lueger-Platz 5 einen Kunst- und Antiquitätenhandel ein, den er bis 1929 führte. Unter dem Eindruck des Krieges war er überzeugter Pazifist geworden und bemühte sich – auch unter Einsatz seines Vermögens – um die Gründung der "Vereinigten Staaten von Europa", deren Hauptstadt Wien sein sollte. Seine Aktivitäten stellte er unter das Motto "Gegen Waffen und Grenzen".
Kernstück der paneuropäischen Initiative Drachs war die Schaffung einer europäischen Einheitswährung, des "Friedensdollars", dessen Emission in den alleinigen Händen des Völkerbundes bzw. einer zu errichtenden "Friedensbank" mit Sitz in Wien liegen sollte. Den Nationalstaaten wäre dadurch das Geld zum Kriegführen entzogen; Zollschranken würden automatisch fallen, was zu einer Verbilligung der Waren und zu einer Senkung der Lebenshaltungskosten führen würde. Auch für das Aussehen der Münzen und Banknoten gab es bereits ganz konkrete Entwürfe; sie sollten mit Symbolen des Friedens und Porträts von Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft von europa- bzw. weltweiter Bedeutung geschmückt sein.
Drach, der in seinem Beruf mit vielen prominenten und wohlhabenden Personen zu tun hatte, legte zur Förderung seiner Pläne Unterschriftenlisten auf, die oft mit weiterführenden Gedanken oder Widmungen versehen wurden. Diese Listen sind in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus (übernommen 1977 als "Spende" des Kunsthändlers Ferdinand Spany) erhalten geblieben. Nebenbei erwarb Drach 1926 auch ein Patent auf "Sicherheitseinrichtungen für Eisenbahnzüge", eine Art automatisches Bremssystem, durch das Zusammenstöße oder Entgleisungen vermieden werden sollten. Nach dem "Anschluss" 1938 bemühte er sich vergeblich um eine Emigration nach Chicago (USA), wo Verwandte lebten. Am 19. Februar 1941 wurde er in das Getto Kielce deportiert, in dem er ermordet wurde.
Literatur
Christian Mertens: "Gegen Waffen und Grenzen". Dokumente des Pazifisten Josef Drach. In: Christian Mertens/Gerhard Milchram/Michael Wladika [Hg.]: "In gutem Glauben erworben". 25 Jahre Restitutionsforschung der Stadt Wien. Wien: Czernin 2024, S. 88-91
Weblinks
Hans-Ludwig Grabowski: Das Geld von morgen – Der Europäische Friedensdollar des Josef Drach, 2022