Kasmader
Laut "Adolph Lehmann's allgemeinem Wohnungsanzeiger" war der Nachname Kasmader im Wien des frühen 20. Jahrhunderts sehr selten. Der "Lehmann 1916" kennt nur einen, und zwar den Postamtsdiener Johann Kasmader. Durch den "Zufall einer Lokalnotiz"[1] kam der Wiener Satiriker Karl Kraus auf die Idee, diesen Namen als Personennamen für sein Drama "Die letzten Tage der Menschheit" zu verwenden.
In dem im Ersten Weltkrieg spielenden Stück tritt bei einer Vereinssitzung der Cherusker (der deutschnationalen Verbindung Cheruskia) in Krems ein Herr Kasmader als Vertreter der deutschen Postler auf, der phrasenreich beziehungsweise reimend zu Genügsamkeit und Vaterlandstreue aufruft. In seiner Zeitschrift "Die Fackel" erklärt Kraus, der Name stehe für "jene undefinierbare Spezies, die sich 'deutsch-national' nennt"[2]: "In welchem Namen könnte sich diese Partie von Deutsch-Österreich, und eigentlich das ganze, glücklicher darstellen?"[3]
Kraus-Forscher Kurt Krolop zufolge nahm der Begriff Kasmader, den Kraus noch etwa 70 Mal in der "Fackel" gebrauchte, in Wien "die Bedeutung einer Chiffre für den Typus des bornierten völkisch-antisemitischen österr. Kleinbürgers"[4] an.
Quellen
- Die Fackel, Nr. 501–507, S. 79–80
- Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungsanzeiger 1916
- Karl Kraus [Hg.]: Die Fackel. Band 12: Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog. [Akt-Ausgabe.] 1918/1919. Nachdruck: Frankfurt a. M.: Zweitausendeins 31981
Literatur
- Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit. Materialien und Kommentare. Hrsg. von Kurt Krolop. Ausgewählte Werke Band 5,2. Berlin: Verlag Volk und Welt 1978