Lotte Schenk-Danzinger
Lotte Schenk-Danzinger (geborene Charlotte Danzinger), * 22. Dezember 1905 Wien, † 2. März 1992 Wien, Psychologin.
Biographie
Charlotte Danzinger besuchte in Wien das Gymnasium. Während ihrer Gymnasialzeit war sie Mitglied der Wiener Vereinigung Sozialistischer Mittelschüler, wo sie Marie Jahoda kennen gelernt hatte.
Nach der Matura im Jahr 1925 legte Charlotte Schenk zunächst die Staatsprüfung aus Englisch ab, absolvierte von 1926 bis 1927, gemeinsam mit Marie Jahoda, den Lehrerausbildungskurs des Pädagogischen Instituts der Stadt Wien und erhielt im Juni 1928 die Befugnis, als provisorische Lehrerin an Volksschulen und als Handarbeitslehrerin an Volks- und Bürgerschulen zu wirken.
Gleichzeitig studierte sie Psychologie an der Universität Wien, wo sie in engen Kontakt zu Charlotte und Karl Bühler kam. Im Jahr 1930 promovierte sie bei Letzterem mit einer Dissertation über “Pflegemutter und Pflegekind“ zur Doktorin der Philosophie. In dieser Zeit arbeitete sie auch bei der Kinderübernahmsstelle der Stadt Wien.
Von 1927 bis zum Jahr 1935 war Danzinger aus Mitteln der “Rockefeller Foundation“ Assistentin von Charlotte Bühler. Sie wurde vor allem mit der praktischen Ausbildung der Studierenden in Beobachtungstechnik und diagnostischen Methoden betraut.
In diesem Zeitraum fällt ihre Mitarbeit beim Projektteam der “Marienthal-Studie“. Zwischen November 1931 und Jänner 1932 leistete die Psychologin den Großteil der Feldforschung in Marienthal, wo sie sechs Wochen hindurch verbrachte. Danach stand sie dem Projekt noch bis zum Spätsommer 1932 als Auskunftsperson zur Verfügung. Außerdem leitete sie in Zusammenarbeit mit dem Gemeindeamt Grammatneusiedl die vom Arzt Paul Stein initiierte und organisierte Winterhilfe-Aktion, um mit der Bevölkerung Marienthals besser in Kontakt zu kommen.
Von 1935 bis 1937 war sie Co-Direktorin des “Parents-Associoation-Institutes“ in London. Nach Österreich zurückgekehrt, heiratete sie 1937 Johann Schenk. Bis 1946 widmete sie sich der Erziehung ihrer beiden Kinder.
Ab 1946 war Charlotte Schenk-Danzinger wieder berufstätig; sie arbeitete nun im Auftrag des Pädagogischen Instituts der Stadt Wien an der Standardisierung der Entwicklungstests für das Schulalter. 1948 übernahm sie die Leitung der neu gegründeten Schulpsychologischen Beratungsstelle der Stadt Wien – die erste derartige Einrichtung in ganz Österreich – und baute die Organisation aus. Bis 1967 blieb sie hauptberuflich im Schulpsychologischen Dienst tätig.
Daneben war Charlotte Schenk-Danzinger von 1948 bis 1950 als Lehrerin tätig, um 1950 die Lehramtsprüfung für Volksschulen und 1953 jene für Pädagogik an Allgemeinbildenden höheren Schulen ablegen zu können.
Im Jahr 1963 wurde sie aufgrund der Arbeit “Studien zur Entwicklungspsychologie und zur Praxis der Schul- und Beratungspsychologie“ an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie habilitiert und wirkte bis 1970 als Lehrbeauftragte in diesen Fächern.
Von 1967 bis 1976 arbeitete sie außerdem als Lehrbeauftragte für Entwicklungspsychologie, Pädagogische Psychologie und Soziologie an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien. Von 1969 bis 1981 wirkte sie auch an der Universität Graz als Universitätsdozentin bzw. außerordentliche Universitätsprofessorin für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie am Institut für Erziehungswissenschaften.
Charlotte Schenk-Danzinger war eine wichtige Vorkämpferin der Legasthenieforschung. Der Bundesverband Legasthenie hat 1995 eine “Lotte-Schenk-Danzinger-Medaille“ gestiftet, um die weitere Legasthenieforschung zu fördern.
2012 wurde in der Seestadt Aspern die Schenk-Danzinger-Gasse nach der Psychologin benannt.
Literatur
- Marie Jahoda/Paul Felix Lazarsfeld/Hans Zeisel: Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1975