Moriz Benedikt (Neurologe)
Moriz Benedikt, * 6. Juli 1835 Eisenstadt (damals Westungarn), † 14. April 1920 Wien 9, Alser Straße 4 (Allgemeines Krankenhaus; wohnhaft 9, Mariannengasse 1; Zentralfriedhof), Neurologe, Elektrotherapeut. Nach Studium an der Universität Wien (Dr. med. 1859) habilitierte sich Benedikt 1861 für Elektrotherapie und später auch für Nervenpathologie (1868 außerordentlicher Professor, 1899 ordentlicher Titularprofessor). 1875-1920 leitete er die Abteilung für Nervenheilkunde an der Allgemeinen Poliklinik. Sein Interesse für die wissenschaftliche Elektrotherapie ging noch auf seine Zeit an der Zweiten Medizinischen Klinik unter Johann von Oppolzer zurück, als er die Wirkung des galvanischen Stroms untersucht hatte; frühere mathematische und physikalische Studien kamen ihm dabei zugute (gemeinsam mit Moriz Rosenthal wesentlicher Anteil an der Verselbständigung der Elektrotherapie als eigenes Fach). Er veröffentlichte unter anderem „Elektrotherapie“ (1868) und „Nervenpathologie und Elektrotherapie“ (1874/1876), aber auch kriminalanthropologische Studien (unter anderem „Anthropologie der Verbrechen“, 1895); hervorzuheben sind weiters seine Bemühungen, die physikalischen Grundlagen physiologischer Vorgänge zu ergründen. Seine Beschäftigung mit Schädelmessungen, Hypnose, Ruten- und Pendellehre führte ihn an die Grenzen der etablierten medizinischen Lehren; fußend auf seiner philosophischen Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen der Heilkunde entstand 1903 seine Studie über „Das biomechanische (neovitalistische) Denken in der Medizin und in der Biologie“ (²1912; Übersetzungen ins Französische und Spanische). 1906 veröffentlichte Benedikt seine Lebenserinnerungen („Aus meinem Leben“); er befaßte sich auch mit zeitgenössischer Literatur und war selbst dichterisch tätig. Mitglied zahlreicher internationaler anthropologischer, psychologischer, medizinischer und naturwissenschaftlicher Gesellschaften.
Literatur
- Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
- Ludwig Eisenberg: Das geistige Wien. Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, Mittheilungen über Wiener Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. Wien: Daberkow 1889-1892
- Josef Fraenkel: The Jews of Austria. London: Vallentine 1967, S. 88
- Agathon Wernich / August Hirsch: Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker. Wien [u.a.]: Urban u. Schwarzenberg 1884-1888
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
- Julius Leopold Pagel [Hg.]: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin / Wien: Urban & Schwarzenberg 1901
- Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6), S. 390 ff. und Register
- Leopold Schönbauer: Das medizinische Wien. Geschichte, Werden, Würdigung. Wien: Urban & Schwarzenberg 1947
- Klaus Lohrmann [Hg.]: 1000 Jahre österreichisches Judentum. Ausstellungskatalog. Eisenstadt: Edition Roetzer 1982 (Studia Judaica Austriaca, 9), S. 175
- Emmerich Deimer [Hg.]: Chronik der Allgemeinen Poliklinik in Wien. Im Spiegel der Medizin- und Sozialgeschichte. Wien: Göschl 1989, S. 139 f.
- Julius Hirschfeld. Galerie berühmter Kliniker und hervorragender Ärzte unserer Zeit. Mit deren Biographien, als Beitrag zur Geschichte der Medicin. Wien: Perles 1877
- Wiener medizinische Wochenschrift 46 (1896), S. 233 ff.
- Wiener medizinische Wochenschrift 55 (1905), S. 1448
- Wiener medizinische Wochenschrift 70 (1920), S. 841 f.
- Wiener medizinische Presse 37 (1896), S. 239
- Confrontations psychiatriques (1973), Nummer 11, S. 183 ff.
- Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 16.03.1970