Niederleger

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Letzte Änderung am 6.11.2018 durch WIEN1.lanm08su4


Niederleger, vom 16. bis zum 18. Jahrhundert Bezeichnung für in Wien ansässige fremde Großhändler. - Nach dem Wiener Stapelrecht in seinen Fassungen von 1221 und 1312 waren in Wien ankommende fremde Kaufleute (Großhändler) verpflichtet, ihre Waren hier „niederzulegen" und Wiener Kaufleuten zum Kauf anzubieten; diesen fiel damit die Gewinnspanne aus dem Weiterverkauf zu, ein Direkthandel der fremden Kaufleute miteinander war verboten (nur während der zweimal jährlich stattfindenden Jahrmärkte waren diese Bestimmungen großteils aufgehoben). Die fremden Kaufleute (hauptsächlich jene aus Süd- und Südwestdeutschland) richteten wegen des langen Transportwegs in Wien Warenlager ein, weshalb man sie im 15. Jahrhundert auch als Leger- oder Lagerherren bezeichnete. Bis ins späte 15. Jahrhundert vermochten die Wiener ihr Stapelrecht zu behaupten; unter Matthias Corvinus (1485-1490) war es de facto außer Kraft. Maximilian I. (der auf die Kredite der großen süddeutschen Handelshäuser, beispielsweise der Fugger, angewiesen war) erneuerte es nicht, sondern gab den fremden Großhändlern (für die sich nun die Bezeichnung Niederleger einbürgerte) 1506 sogar den unbehinderten Handel mit bestimmten Mindestwarenmengen frei; die ohne Befassung des Kaisers von der niederösterreichischen Regierung 1512 dekretierte Sistierung dieser Freigabe und Wiedereinführung des Stapelrechts alten Stils beantworteten die Niederleger mit einem Exodus nach Brünn, was für den kaiserlichen Fiskus von Nachteil war; deshalb erklärte Maximilian das Dekret von 1512 bereits 1513 für ungültig und setzte (vorerst provisorisch, endgültig 1515) die Freigabe des Handels der Niederleger mit bestimmten Mindestwarenmengen in noch großzügigerer Form wieder in Kraft. Damit wurde der Groß- und Fernhandel loco Wien binnen kurzem eine Domäne der Niederleger; was den Wienern verblieb, war nur die Reservierung der Fernstraße Wien-Venedig, die aber wegen der Verlagerung der internationalen Handelsrouten zunehmend an Bedeutung verlor. Die Niederleger, die als Nichtbürger keine Steuer, sondern nur Zölle und Mauten zu entrichten hatten, waren die weitaus kapitalkräftigste Bevölkerungsgruppe und vermochten hohe Kredite zu gewähren; sie genossen in der Zeit der Glaubenskämpfe und der Rekatholisierung religiöse Toleranz. Nur wenige heimische Großhändler (beispielsweise Ende des 16. Jahrhunderts Lazarus Henckel) vermochten sich neben den Niederlegern zu behaupten. Die Privilegien der Niederleger wurden 1536,1615,1625,1662,1707 und 1713 von den Landesfürsten erneuert. Ab 1734 musste bei der Zulassung als Niederleger in Wien ein Grundkapital von 30.000 Gulden nachgewiesen werden, ab 1738 war die Zulassung an eine kaiserliche Genehmigung gebunden. 1766 gab es in Wien 42, 1773 36 Niederleger. Ab 1774 wurden keine neuen Zulassungen gewährt, wodurch der Stand der Niederleger auf 35 (1780), 30 (1782), 28 (1790), zehn (1800) beziehungsweise sieben (1806) sank und in der Folge erlosch. An ihre Stelle trat das 1774 geschaffene Gremium der Großhändler. 1689-1767 befand sich auf der heutigen Parzelle 9, Währinger Straße 25 (Van Swieten-Gasse 3), die Schießstätte der Niederleger (nachmals Josephinum).

Literatur

  • Arnold Luschin von Ebengreuth: Münzwesen, Handel und Verkehr. In: Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Band 2/2. Wien: Holzhausen 1905, S. 762 ff.
  • Karl Fajkmajer: Handel, Verkehr und Münzwesen. In: Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Band 4. Wien: Holzhausen 1911, S. 528 ff.
  • Günter Chaloupek / Peter Eigner / Michael Wagner [Hg.]: Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740-1938. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1991, S. 1001 ff.
  • Peter Csendes: Zur Wiener Handelsgeschichte des 16. Jahrhunderts. In: Wiener Geschichtsblätter. 29 (1974), S. 218 ff., S. 252
  • Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 103 f. (Anm. 2)