Oskar Morgenstern
Morgenstern Oskar, * 24. Jänner 1902 Görlitz, † 26. Juli 1977 New York, Nationalökonom.
Biographie
Oskar Morgenstern studierte nach dem Besuch des Gymnasiums Sozialwissenschaften an der Universität Wien, wo er 1925 zum Doktor der Staatswissenschaften promovierte. Sein Studium der Nationalökonomie fiel in eine Zeit, in der die Tradition der "Österreichischen Schule der Nationalökonomie" mehr außer- als innerhalb der Universität fortlebte. Den "institutionellen Unterbau" bildete das Seminar des liberalen Nationalökonomen Ludwig Mises, dem neben Morgenstern auch Friedrich August Hayek, Gottfried Haberler und Paul Rosenstein-Rodan angehörten.
Morgensterns Interesse galt zunächst den Wirtschaftsprognosen, wovon seine 1928 verfasste Habilitationsschrift handelte. Er wurde Mitarbeiter des von Mises begründeten Instituts für Konjunkturforschung, das er von 1931 bis 1938 in der Nachfolge des bisherigen Direktors Hayek leitete. 1930-1938 amtierte er zugleich als Schriftleiter der Zeitschrift für Nationalökonomie, die in dieser Zeit zur führenden wirtschaftswissenschaftlichen Zeitschrift im deutschsprachigen Raum wurde.
Als Privatdozent an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät war er in die Lehre eingebunden; 1935 wurde ihm der Titel eines außerordentlichen Professors verliehen. Morgenstern hatte bereits unmittelbar nach seiner Promotion die Fellowship der Rockefeller Foundation erhalten und unternahm regelmäßig wissenschaftliche Studienreisen nach England, in die USA und andere Länder. 1938 kehrte er von einer in die USA nicht mehr nach Österreich zurück, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Morgenstern erhielt sofort eine Professur in Princeton, an einer der renommiertesten amerikanischen Universitäten, wo er die Spieltheorie entwickelte. Die wissenschaftliche Arbeit fand im Werk "Theory of Games and Economic Behavior" (1944) ihren bedeutsamsten Niederschlag. Nicht nur Ökonomen, auch Politiker und Militärs erhofften von der Spieltheorie Hilfe bei der Ermittlung von optimalen Strategien. Morgenstern wurde in den 1950er und 1960er Jahren unter den Präsidenten Eisenhower und Kennedy mehrfach als Berater von Regierungsstellen und des Weißen Hauses herangezogen und hatte damit großen Einfluss auf die amerikanische Regierungspolitik. Morgenstern selbst betrachtete seinen Einsatz im Dienst der Mächtigen als Versuch, Schlimmeres zu verhindern.
In den 1960er Jahren begann Morgenstern, wieder Kontakte in seine ehemalige Heimat Österreich zu knüpfen. Gemeinsam mit Paul Felix Lazarsfeld gründete er das Institut für Höhere Studien in Wien, als dessen Direktor er auch für kurze Zeit fungierte. Morgenstern hoffte vergeblich auf eine Berufung als Gastprofessor an die Universität Wien. 1965, anlässlich des 600-jährigen Gründungsjubiläums der Wiener Universität, wurde ihm das Ehrendoktorat verliehen. Nach seiner Emeritierung in Princeton 1970 lehrte Oskar Morgenstern noch weitere sechs Jahre an der New York University.
Literatur
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951 (* Görlitz)
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
- Harald Hagemann: Oskar Morgenstern. In: Neue deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 18. Berlin: Duncker & Humblot 1997, S. 111 ff.
- Universität Wien: Oskar-Morgenstern-Platz 1 [Biographie]. URL: https://rossau.univie.ac.at/wer-war-oskar-morgenstern/ [Stand: 14.08.2015]