Paul Amann
Amann Paul (eigentlich Amschelberg), * 6. März 1884 Prag, † 24. Februar 1958 Bridgeport, Fairfield, Connecticut, Vereinigte Staaten von Amerika, Literaturwissenschaftler, Schriftsteller.
Biographie
Paul Amann wuchs als Sohn deutsch-jüdischer Eltern auf. In Wien und Prag studierte er Germanistik und Romanistik; seine akademische Ausbildung schloss er mit seiner Dissertation über “Leopold Komperts literarische Anfänge“ (Prag 1907) ab. Seit 1910 war Amann als Realschulprofessor in Wien tätig. Obwohl er im Ersten Weltkrieg als Offizier an diversen Fronten kämpfte und als mehrfach verwundeter Soldat hoch dekoriert war, ging ihm jene Kriegsbegeisterung ab, die etwa seinen Freund Thomas Mann noch einige Jahre auszeichnen sollte. Tatsächlich sorgten dessen “Betrachtungen eines Unpolitischen“ (1918) für eine 17 Jahre anhaltende Entzweiung der Freunde – erst 1935 nahm Amann die Verbindung wieder auf.
Schon vor Kriegsausbruch publizierte Amann Essays aus seiner Feder lanciert, so etwa in der von Franz Blei gemachten Zeitschrift “Euphorion“, in der auch erste Prosastücke von Franz Kafka erschienen waren. Auch seine Verbindung zu Anton Kippenberg, dem Verleger der Insel, ist mehr als beachtlich, publizierte Amann doch nicht nur im “Jahrbuch der Sammlung Kippenberg“, sondern auch im Insel-Almanach. Schließlich erschien 1921 auch seine erste Monographie, die eine Auswahl aus Gesprächen und Briefen Napoleons I. enthielt, im Insel-Verlag.
Nach seiner französischen Goethe-Biographie, die in Frankreich ein großer Erfolg war, ließ Amann sein Hauptwerk folgen, das sich unter dem Titel “Tradition und Weltkrise“ mit der kulturellen und sozialen Stellung des Judentums beschäftigte. Es erschien 1934 im Verlag Samuel Schocken. Amanns Buch wurde bereits 1935 von den deutschen Behörden vom Markt genommen. Einen Namen hatte er sich bis dahin aber weniger als Autor gemacht, sondern vielmehr als Übersetzer von so bekannten französischsprachigen Schriftstellern wie J. R. Bloch, M. Maeterlinck, H. de Montherlant und Romain Rolland. Hans Fromms bekannte “Bibliographie deutscher Übersetzungen aus dem Französischen“ verzeichnet zwischen 1921 und 1948 über 25 Übertragungen aus der Feder Amanns. Mit literarischen Größen wie Bloch und Romain verband ihn sogar eine lebenslange Freundschaft, die sich in umfänglichen Korrespondenzen manifestiert, die unter dem Titel “Survies d’un juif européen“ (Leipzig 2009) auf über 1000 Seiten in gedruckter Form vorliegen.
Paul Amann verließ Wien im Februar 1939, zunächst mit dem Ziel Paris. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs floh er nach Montpellier, das im unbesetzten Teil des Landes lag. Von hier aus konnte er noch im September 1941 in die USA gelangen. Seiner gröbsten Existenzsorgen als Emigrant wurde Amann erst nach Erhalt einer Professorenstelle am damals neugegründeten Mohawk College (Utica, New York) 1945 ledig, drei Jahre später wechselte er nach Plattsburg, New York, ans dortige Champlain College. Eine sehr spät zuerkannte Pension vom österreichischen Staat verhinderte, dass Amann nach Erreichen der Altersgrenze seiner Existenzgrundlage beraubt wurde.
Besonders gut dokumentiert ist die Freundschaft Amanns mit Thomas Mann. Erhalten haben sich rund 50 Korrespondenzstücke (1915–1952) aus der Feder Manns, die 1959 vollständig ediert wurden.
Literatur
- Paul Amann: Leopold Komperts literarische Anfänge. Prag: Bellmann 1907 (Prager deut¬sche Studien, 5)
- Michael Krassnitzer: Das Gedächtnis der Heimat. In: Die Presse, 06.04.2007
- Survies d’un juif européen. Correspondance de Paul Amann avec Romain Rolland et Jean-Richard Bloch. Éd. Etablie, présentée et annotée par Claudine Delphis. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 2009 (Deutsch-französische Kulturbibliothek, 27)
- Thomas Mann: Briefe an Paul Amann 1915–1952. Hg. von Herbert Wegener. Lübeck 1959 (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Lübeck, 3).
- Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
- Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
- Harry Zohn: Österreichische Juden in der Literatur. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Tel Aviv: Olamenu 1969