Paula Fichtl

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Paula Fichtl im Interview, 1986
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Fichtl, Paula
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  367735
GNDGemeindsame Normdatei 11882631X
Wikidata
GeburtsdatumDatum der Geburt 2. März 1902
GeburtsortOrt der Geburt Gnigl
SterbedatumSterbedatum 8. August 1989
SterbeortSterbeort Oberalm
BerufBeruf Haushälterin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Sigmund Freud
RessourceUrsprüngliche Ressource 
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Letzte Änderung am 14.11.2023 durch WIEN1.lanm09mur
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Friedhof Gnigl
Grabstelle
BildnameName des Bildes Paula Fichtl Filmstill.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Paula Fichtl im Interview, 1986
  • 9., Berggasse 19 (Wohnadresse)
  • 9., Berggasse 19 (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Haushälterin der Familie Sigmund Freud (1929 bis 1982)

  • Ehrenzeichen für Verdiedienste um die Republik Österreich (Verleihung: 1980, Übernahme: 1980)


Paula Fichtl mit Sigmund Freud im Londoner Exil, 1938
Paula Fichtl, 1933

Paula Fichtl, * 2. März 1902 Gnigl/Salzburg, † 8. August 1989 in Oberalm/Salzburg, Haushälterin der Familie Sigmund Freuds.

Biografie

Paula Fichtl stammte aus einer Mühlenbesitzerfamilie, die in Gnigl die sogenannte Kirchtagsmühle betrieb. Ihr Vater Felix arbeitete hauptberuflich als Schaffner der k.k. Staatsbahn und führte die Mühle, die aus dem großväterlichen Besitz stammte, nur im Nebenerwerb. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter Maria, die an Tuberkulose verstorben war, ging der Vater eine zweite Ehe ein, die materielle Not zwang ihn jedoch, die Tochter Paula zur Stief-Großmutter in Pflege zu geben. Als junge Frau nahm sie nach verschiedenen Gelegenheitsarbeiten in Greißlereien und auf einem Bauernhof eine Stellung als Stubenmädchen im Haus der Gräfin Blome in Salzburg an.

Im Alter von 24 Jahren verließ Paula Fichtl ihre Heimat und ging nach Wien, um sich nach einer weiteren Stellung in einem herrschaftlichen Haushalt umzusehen. Äußerer Grund für die Übersiedelung war ein Verlöbnis, das Paula gelöst hatte.

1926 wurde Paula Fichtl als Kindermädchen bei Dorothy Tiffany-Burlingham aufgenommen. Die Tochter eines New Yorker Juwelengroßhändlers war mit ihren vier Kindern nach Wien gekommen, um sich bei Sigmund Freud einer Psychoanalyse zu unterziehen. Dorothys vier Kinder waren indessen bei Freuds Tochter Anna pädagogisch und psychologisch betreut worden. Dorothy Tiffany Burlingham, die zu dieser Zeit bereits eine intime Freundschaft zu Anna Freud pflegte, wohnte im Haus Berggasse 19 ein Stockwerk über der Familie Freud. Nach vier Jahren Dienst erkrankte Dorothy an Tuberkulose und entließ Paula, da eine Ansteckung des nach damaliger Meinung erblich vorbelasteten Kindermädchens unbedingt vermieden werden sollte. Dorothy empfahl Paula ein Stockwerk tiefer bei Familie Freud.

Nach kurzer Begutachtung durch den Hausherren und seiner Ehefrau Martha, welcher der Leitung des Personals oblag, wurde sie als Stubenmädchen aufgenommen. Von 1929 bis zur Emigration der Freuds 1938 betreute sie mit einer Haushälterin und einer Köchin die 16 Räume umfassende Wohnung der Familie Freud. Sigmund Freud fasste rasch Vertrauen zu Paula und vertraute ihr unter anderem die Pflege seiner kostbaren Antikensammlung an. Während der Sommermonate wurde Paula in die Sommerfrische mitgenommen, wohingegen man das restliche Hauspersonal beurlaubte.

Paula Fichtl spielte auch eine Rolle im Praxisalltag Sigmund Freuds. Sie hatte die Aufgabe, den Klientinnen und Klienten zu öffnen und sie in den Warteraum zu führen. Zudem sollte sie darauf achten, dass sich Personen, die sich bei Freud zur Behandlung einfanden, nach Möglichkeit nicht innerhalb der Wartebereiche begegneten. Martha Freud übertrug Paula Fichtl nicht nur die Pflege von Freuds Garderobe, auch für die Therapiecouch, welche täglich gereinigt und mit frisch bezogenen Polstern versehen wurde, war Paula verantwortlich.

Für Sigmund Freud, der durch seine Gaumenkrebserkrankung nur mehr eingeschränkt feste Nahrung zu sich nehmen konnte, bereitete sie Suppen, weiche Mehlspeisen und das von Freud überaus geschätzte selbstgemachte Vanilleeis zu.

Am 4. Juni 1938 begleitete sie Sigmund Freud, seine Ehefrau Martha und die Tochter Anna in das Exil nach London. Nach Kriegsbeginn wurde Paula Fichtl als „enemy alien“ interniert und konnte erst 1940 in den Haushalt der Familie Freud zurückkehren. Sie bleibt bis zum Tod Anna Freuds 1982 als deren Haushälterin in London. Später verließ sie England und lebte bis zu ihrem Tod 1989 im Seniorenwohnheim Kahlsperg in Salzburg.

Ihre Lebenserinnerungen veröffentlichte sie mit Hilfe des Journalisten Detlef Berthelsen, der sie mehrfach in London besucht. Paula Fichtl hatte sich jedoch ausbedungen, dass die Veröffentlichung erst nach Anna Freuds Tod erfolgen sollte. Der Band „Alltag bei Familie Freud. Die Erinnerungen der Paula Fichtl“ erschien 1987 in Hamburg.

Von Paula Fichtl existieren mehrere Filmaufnahmen: Anlässlich des Geburtstages von Sigmund Freud entstand 1939 eine Amateuraufnahme im Garten der Exilvilla in Maresfield Gardens 20, welche unter anderem auch die aus Wien mitgereiste Haushälterin zeigt. Im Rahmen der Sendereihe „Alltagsgeschichten“ wurde 1986 von Elizabeth T. Spira auch ein Interview mit Paula Fichtl geführt.

1980 wurde Paula Fichtl für ihr Engagement um die Familie Freud das Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich durch Bruno Kreisky verliehen.

Literatur

  • Detlef Berthelsen: Alltag bei Familie Freud. Die Erinnerungen der Paula Fichtl. Hamburg: Hoffman & Campe 1987
  • Walter Thaler: Paula Fichtl. Das Gnigler Dienstmädchen ist "eingegangen in die Weltgeschichtl". In: ders.: Erinnerungswürdig. Prägende Persönlichkeiten der Salzburger Geschichte. Salzburg: Anton Pustet 2022

Weblinks