Renato Zanella
- Ständiger Choreograf des Stuttgarter Balletts (1993)
- Ballettdirektor und Chefchoreograf an die Wiener Staatsoper (1995 bis 2005)
- Künstlerischer Leiter der Ballettschule der Wiener Staatsoper (2001 bis 2005)
- Direktor des griechischen Nationalballetts in Athen (2011)
- Leiter des Ballettensemble der Fondazione Arena di Verona
Renato Zanella, * 6. Juni 1961 Verona, Balletttänzer, Choreograf, Opernregisseur.
BIOGRAPHIE
Renato Zanella stammt väterlicherseits aus einer italienischen Industriellenfamilie, mütterlicherseits aus einer deutschsprachigen Familie in Südtirol.
Zanellas größtes Interesse galt dem Sport, vor allem dem Basketball. Zum Ballett kam er mit 17 durch Zufall, wandte aber von da an seine ganze Energie und Leidenschaft auf den Tanz. Zanella erhielt seine erste Ausbildung in seiner Geburtsstadt Verona, dann ging er nach Cannes an das renommierte Centre de Danse International von Rosella Hightower, wo er seine Ballettausbildung beendete. 1982 erhielt er sein erstes Engagement bei Heinz Spoerli in Basel. Hier legte er - mit 1,86 Meter für einen Tänzer ungewöhnlich groß - anhand von Werken von Balanchine, Van Manen, Robert North, Ulysses Dove und Spoerli jenen Grundstein an Praxis und Erfahrung, mit dem er 1985 zum weltberühmten Stuttgarter Ballett kam.
In Stuttgart gab Ballettdirektorin Marcia Haydée Zanella nicht nur die Möglichkeit, unter den großen Choreographen dieser Zeit zu arbeiten bzw. deren klassische Werke zu tanzen (John Cranko, Maurice Béjárt, Jiri Kylián, Mats Ek, John Neumeier, William Forsythe, Azary Plisetsky, Glen Tetley und Kenneth MacMillan), sondern auch seine eigenen diesbezüglichen Ambitionen zu verwirklichen: 1989 brachte der 28-Jährige mit "Die andere Seite" zur Musik von Joachim Kühns "Dark" seine erste eigene Arbeit heraus, ein siebenminütiges Stück für zwei Tänzer. 1991 choreographierte er für Haydée und Richard Cragun das Duo "Stati d’animo" zur Musik von Igor Strawinskys "Duo concertant", und bereits 1992 kreierte er sein erstes abendfüllendes Werk ("Mann im Schatten" zur Musik von Richard Farber).
1992 entwickelte Zanella auch "Voyage" für Vladimir Malakhov. 1993 gestaltete er für Marcia Haydée eine abendfüllende "Mata Hari" zur Musik von Schostakowitsch. In diesem Jahr ernannte sie ihn zum ständigen Choreographen des Stuttgarter Balletts, worauf sich Zanella von seiner Tänzer-Profession zurückzog und sich vor allem der Choreographie widmete. In die Stuttgarter Jahre fallen seine ersten Arbeiten für Opern-Choreographien, die in der Folge für ihn wichtig bleiben sollten.
Über Vladimir Malakhov, den Zanella "zur Moderne verführt" hat, kam es zu ersten Kontakten mit der Wiener Staatsoper. 1995 wurde er mit erst 34 Jahren zum Ballettdirektor der Wiener Staatsoper ernannt. In seinen zehn Jahren an der Wiener Staatsoper hat Zanella an die 40 eigene Choreographien gezeigt, sowohl kurze Piècen wie auch abendfüllende Stücke, wobei sein Mozart-Ballett "Wolfgang Amadée" (1998) besonderen Erfolg erntete. Zanella kreierte auch ein "Aschenbrödel" nach der Musik von Johann Strauß (1999). Er entwickelte vorwiegend Eigenschöpfungen zu klassischer, bevorzugt auch moderner Musik, wandte sich aber zunehmend den großen Herausforderungen der Ballettliteratur zu, etwa Strawinskys "Sacre" (1996), Ravels "Bolero" (1998), Tschaikowskis "Nussknacker" (2000), Chatschaturjans "Spartacus" (2002). Seine letzte Arbeit für die Wiener Staatsoper war 2005 Strawinskys "Renard".
In diesen zehn Jahren hat Zanella aus der Wiener Ballettcompagnie ein selbstbewusstes Ensemble gemacht, das die großen Rollen aus seinen eigenen Reihen besetzen konnte und Herausforderungen der größten Choreographen annahm: Arbeiten von Kylian bis van Manen, von Forsythe bis Neumeier standen bei dem Ballettdirektor Zanella ebenso auf dem Programm wie Werke von Balanchine, MacMillan oder Ashton, die Klassiker wie Petipa und viele Nurejew-Arbeiten inbegriffen. Dennoch lag der Fokus von Zanellas Arbeit stets auf der Moderne. Zanella gab jungen Choreographen aus dem eigenen Ensemble Chancen (Gaudernak, Adler, Bombardo u.v.a.), er förderte den Nachwuchs, der in Wien in einer eigenen Ballettschule herangebildet wird. Besondere Beachtung fand seine Initiative "off ballet special", in der er behinderte und nicht-behinderte Mitglieder des Kulturvereins "ich bin o.k." mit Mitgliedern des Wiener Staatsopernballetts in bewegenden Tanzstücken gemeinsam auf die Bühne brachte. In seinen Jahren als Ballettdirektor der Wiener Staatsoper hat Zanella auch vielfach die Einlagen für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, das an jedem 1. Jänner via Fernsehen ein Millionenpublikum in aller Welt erreicht, gestaltet (zuletzt wieder 2010). Wichtig wurden auch seine Opernchoreographien, wobei er nach "Rienzi" (1997) und "Guillaume Tell" (1998) eine besondere Arbeitsbeziehung mit Regisseur David Pountney aufbaute, die ihn in Zusammenarbeit mit diesem auch zu den Bregenzer Festspielen, an das Royal Opera House Covent Garden in London, an das Teatro San Carlos in Lissabon, das Mariinski-Theater in St. Petersburg, an das Zürcher Opernhaus u.a. führten.
Zanella hat auch die Choreographie für Operninszenierungen von Hans Neuenfels, Götz Friedrich (an der Deutschen Oper Berlin), Jürgen Flimm, Günter Krämer, Nicola Joel u.a. gestaltet.
Während seiner Wiener Jahre war Zanella auch ein gesuchtes Jury-Mitglied bei internationalen Tanzwettbewerben. Ihn selbst hat die Zeitschrift "Danza & Danza" 1995 zum "Besten italienischen Choreografen im Ausland" ernannt. 2000 erhielt er in Rom den "Premio Internazionale Gino Tani", 2001 in St. Pölten den "Jakob Prandtauer-Preis". 2001 würdigte "Danza & Danza" seine Tätigkeit an der Wiener Staatsoper mit dem Preis "Bester Künstlerischer Leiter". Die Republik Österreich verlieh ihm das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2001).
Nach seinem Abschied von der Wiener Staatsoper startete er seine weit gefächerte internationale Tätigkeit. Seine Werke werden von Ballett-Kompagnien in Europa und Amerika ebenso getanzt wie in Asien. Für sein abendfüllendes Ballett "Peer Gynt" zur Musik von Edvard Grieg, das er für das Balletto dell´Opera di Roma schuf, erhielt er den Preis für die beste neue Produktion Italiens 2007. Großen Erfolg hatte seine Choreographie für John Adams’ Oper "The Flowering Tree" 2008 in Chicago. 2009 erweiterte Zanella seine künstlerische Tätigkeit um jene der Opernregie: Seine erste diesbezügliche Arbeit, "Cosi fan tutte" beim "Attersee Klassik"-Festival, fand große Zustimmung bei Publikum und Presse. 2010 inszenierte Zanella Bizets "Carmen" beim Sechsten "Festival of the Aegean" auf der Insel Syros, wo er als künstlerischer Verantwortlicher für die Sparte Tanz tätig ist. Zanella wurde Ballettdirektor des Griechischen Nationalballetts. Gleichzeitig arbeitete der an den verschiedensten Bühnen der ganzen Welt. So choreographierte er in Japan eine von Placido Domingo dirigierte „“Aida“. Eine Uraufführung schuf Zanella im April 2010 für das San Francisco Ballett: das 33-minütige Werk "Underskin" zur Musik von Arnold Schönberg.
Renato Zanella definiert sich selbst und seine Arbeit als geboren aus "Neugier und der Sucht, dauernd neue Erfahrungen zu sammeln, neue Persönlichkeiten und Talente kennen zu lernen, stets neue Inspirationen zu empfangen."
Literatur
- Zanella, Renato: Zwischenbilanz. Dokumentiert von Renate Wagner, gestaltet von Ingeborg Tichy-Luger, Wien: A. Holzhausen 2000.
- Who is who, 2005, elektron. Ressource
- http://www.renatozanella.com/index.php?l=d&m=bio [Stand 20.05.2011]