Stadterweiterungsfonds
Die von Franz Joseph I. mit Handschreiben von 20. Dezember 1857 zur Verbauung bestimmten Gründe des Glacis und der abzubrechenden Befestigungsanlagen wurden mit Entscheid vom 14. Mai 1859 einem neu errichtete Fonds (rechtliche und finanzielle selbständig Vermögensmasse) übertragen, der dem Innenministerium unterstand. Dem Fonds oblag der parzellenweise Verkauf dieser Gründe an private Bauinteressenten; aus dem Erlös sollten neue öffentliche Bauten finanziert werden. Grundlage der Parzellierung und Verbauung bildeten der am 1. September 1859 genehmigte Verbauungsplan und die am 23. September 1859 erlassene neue Bauordnung. Versuche der Gemeinde Wien, in die Verbauung kompetenzmäßig und finanziell eingeschaltet zu werden, wurden am 29. April 1860 endgültig abgelehnt (obwohl geltend gemacht worden war, die Flächen seien im 16. Jahrhundert aus dem städtischen Besitz für die Fortifikationen zur Verfügung gestellt worden); bloß die vorgesehene befristete Befreiung der privaten Bauherren von städtischen Abgaben konnte verhindert werden. Der Gemeinde oblag jedoch die Vornahme und Finanzierung aller Bauten für die technische Infrastruktur (Kanalisation, Beleuchtung, Gasversorgung und so weiter) aus dem Gemeindebudget. Die Einnahmen des Stadterweiterungsfonds betrugen 1858-1914 112,525.831 Gulden, die Ausgaben 102,329.686 Gulden. Der Stadterweiterungsfonds besteht im Rahmen des Bundesministeriums für Inneres noch heute; er ist unter anderem Eigentümer des letzten Rests der Mölkerbastei.
Literatur
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 5. Wiesbaden: Steiner 1975, S. 151 ff.
- Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1896. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 330 ff.