Stock im Eisen
48° 12' 28.50" N, 16° 22' 17.98" E zur Karte im Wien Kulturgut
Wiener Wahrzeichen, bestehend aus einem mit Eisennägeln beschlagenen Holzstamm, der von einem Eisenring mit einer Schlossattrappe umfangen ist.
Das alte Wahrzeichen des "Stock im Eisen“, das zum ersten Mal 1533 in einer städtischen Kammeramtsrechnung erwähnt wird, wo es heißt "der Stat Phlaster von Adam Eisner Haus bis zum prun, do der stokh in eisen ligt zwanzig claffter“, stand ursprünglich an der Ecke an einem der vier kleinen Häuser (Stadt 1079), die sich damals vor der heutigen Hausfront Stock-im-Eisen-Platz 3 erstreckten. Erst im 17. Jahrhundert wurde es an das angrenzende kleine Haus Stadt 1080 versetzt. Als 1888-1891 anstelle dieses Hauses und einiger Nachbargebäude das Stadt 1080 errichtet wurde (die in Bronze getriebenen Türflügel besitzen Reliefs mit Darstellungen der Stock-im-Eisen-Sage), übertrug man das Wahrzeichen auf den heutigen Standort. Beim Equitablepalais befindet sich das Wahrzeichen nun an der Ecke der Kärntnerstraße in einer aus Granit ausgeführten Nische aufgestellt, wobei es auf einem 1½ Meter hohen Sockel steht.
Die Eisenspange, die den Baumstrunk umschließt, trägt das Monogramm H.B. und die Jahreszahl 1575, und bezieht sich auf den damaligen Hausbesitzer Hans Buettinger, der vermutlich den Eisenring erneuern ließ. Das Prachtgitter im Stephansdom (siehe "Die Legenden" unten) stammt hingegen aus der Zeit um 1640.
Wissenschaftliche Untersuchungen (1975) ergaben, dass der Holzstamm (2,19 m hoch) der mittlere Teil einer zweiwipfeligen Fichte (Zwieselfichte) ist, die um 1400 zu wachsen begann und um 1440 gefällt wurde (oder abstarb); die erhebliche Verjüngung in der Mitte des Stamms (abgestützt durch fünf Eisenbänder) rührt von Axthieben her. Die Benagelung (nur auf der Vorderseite) begann, als der Baum noch lebte, und setzte sich bis Ende des 19. Jahrhunderts fort.
Bei dem unaufsperrbaren Schloss handelt es sich um eine leere eiserne Kapsel ohne jeden Mechanismus.
Der Baum, vielleicht auch noch der verbliebene Rest des Stamms ("Stock"), stand ursprünglich außerhalb der Stadtmauer; in der Stadt, und zwar zunächst bei einem Brunnen inmitten des heutigen Stock-im-Eisen-Platzes, ist er ab 1533 nachweisbar; schon damals war er mit einem Eisenband umschlossen, wie die Erstnennung "da der Stock in Eisen liegt" beweist.
Das Wahrzeichen und seine Deutung
Um die Basis schmiegt sich Graswuchs aus Schmiedeeisen, aus welchen Efeuranken mit dem Stock durch Nägel verbunden wurden. Der mehr als manneshohe Stamm, der über und über mit Nägeln bedeckt ist, hat in der Mitte eine auffällige Verengung, die Folge einer Verletzung oder Baumkrankheit sein mag. Ohne die starken Eisenbänder wäre er wohl schon längst auseinandergebrochen. Er steht sozusagen auf dem Kopf und die Verzweigung nach oben zeigt daher keineswegs Äste, sondern Wurzeln an. Edar Weyrich (Straße Museum als Geschichtsquelle) gibt dieser sonderbaren Stellung die Deutung, dass es sich hier um einen heiligen Grenzbaum des Götterhaines handelt und demnach zum Zeichen des Hohnes, der Ohnmacht der gestürzten Asen, das Symbol mit den Wurzeln nach oben eingegraben wurde.
Die Nägelbekleidung führt man auf die älteste Zeit zurück, spielte doch der Nagel in den heidnischen Kulten eine große Rolle, die sich selbst heute noch in manchen abergläubischen Bräuchen erhalten hat. In den Motiven wohl verändert hat dieser Aberglaube dem Stock im Eisen seinen Nägelpanzer verliehen. Noch im 18. Jahrhundert wurden Nägel in den Stamm getrieben. Ein Nagel, der eine Kupferplatte trägt, zeigt sogar die Jahreszahl 1832. Anderseits wird aber die Nägelbekleidung einfach auf einen Handwerksbrauch zurückgeführt, nach welchem jeder zureisende Schlossergeselle verpflichtet war, einen Nagel in den Stamm einzutreiben.
Die Legenden
Der Ursprung dieses Brauches (siehe oben) ist nicht bekannt, doch ist dieses nur ein Grund mehr, dass die Legenden und Sagenbildung um den Stamm umso üppiger wuchern konnten.
In verschiedenen Variationen erzählt, handeln sie alle von einem Schlosserlehrling der mit Teufelshilfe das starke eiserne Band und das daran hängende unaufsperrbare Schloss verfertigt, dafür aber dem Teufel seine Seele verpfändet hat, wenn er einstmals an einem Sonntag die heilige Messe versäumen sollte. Da des Bösen Opfer - mittlerweile Meister geworden - stets pünktlich zur Messe erschien, verstrickte ihn der Teufel in Spiel und wüstes Leben, so dass der Unglückliche im Spiel doch einmal nicht der Stunde achtete und sich erst knapp vor dem zwölften Glockenschlag sich seines unseligen Vertrages entsann. Wohl eilte er in rasendem Lauf zur Stephanskirche, doch eben als er das Riesentor erreicht hatte, war die Messe beendet und entseelt fiel der Teufelsschlosser zu Boden.
Das Volk suchte die Sage mit Personen und Dingen in Verbindung zu bringen, die tatsächlich existiert hatten. So wurde Martin Murr (in der Sage Martin Mux benannt), von dem das prächtige Gitter im Stephansdom herrühren soll, welches den Hauptchor vom Querschiff trennt (gegenwärtig verkleidet), zum Teufelsschlosser und Helden der Stock im Eisensage gestempelt.
Rezeption der Legenden um das alte Wahrzeichen
Phantastisches Ballett in vier Akten "Der Stock im Eisen" (Libretto von Pasquale Borri, Musik von Franz Doppler, Uraufführung 4. Oktober 1880 Hofoper).
Literatur
- Der Stock im Eisen. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 32 (1977)
- Gugitz: Sagen und Legenden, S. 34 ff., S. 139 ff.
- Alfred Burgerstein: Der Stock im Eisen. In: Alt-Wiener Kalender 1918, S. 33 ff.
- Leopold Schmidt: Der Stock im Eisen als mythischer Stadtmittelpunkt Wiens. In:Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 10 (1952 / 1953), S. 75 ff.
- Theodor Barchetti: Nochmals Stock im Eisen. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 36 (1981), S. 108 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 64
- Paul Harrer: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 1, 1. Teil (Wien 1951), S. 17-19