Unterkäufel
Unterkäufel (auch Unterkäufler, Unterverkäufer, Leitkaufer) waren im mittelalterlichen Wien Agenten, eine Art Schiedsrichter in Handelssachen, die gegen Provision Geschäftsabschlüsse zwischen heimischen und fremden Kaufleuten vermittelten; nach dem Inkrafttreten des Stapelrechts (1221) stieg ihre Bedeutung. Gemäß den Privilegien vom 9. Juli 1192 (Artikel 15), 18. Oktober 1221 (Artikel 21), 24. Juni 1278 (Artikel 48) und 24. Juli 1340 (Artikel 56) waren sie als Zeugen für Handelsgeschäfte vor Gericht nicht zugelassen (Änderung durch Albrecht II. am 16. Jänner 1348). Anstelle der privaten Unterkäufel wurden von der Stadt Wien sechs Unterkäufel amtlich bestellt und vereidigt; der steigende Außenhandel gebot eine Erhöhung ihrer Anzahl.
In der Hansgrafenordnung Ladislaus' Postumus vom 15. Mai 1453 wurden für Geschäfte mit Gold, Silber und "Venediger Ware" (vor allem Gewürze) sechs, für solche mit Textilien und Pelzen acht bis zehn, für den Pferdehandel zehn bis zwölf Unterkäufel bestellt, die dem Hansgrafen untergeordnet waren und ihm periodisch Bericht zu erstatten hatten. In der Regel hielten sie sich beim Waaghaus auf, wo importierte Waren vor Geschäftsabschluss gewogen wurden. 1635 mussten die auf dem Ochsenmarkt vor dem Stubentor tätigen Unterkäufel ungarische Sprachkenntnisse nachweisen.
Mit der Aufhebung des Hansgrafenamts (1784) erlosch die Funktion der Unterkäufel.
Literatur
- Karl Fajkmajer: Handel, Verkehr und Münzwesen. Wien: Holzhausen 1911 (Geschichte der Stadt Wien, 4), S. 524ff., besonders S. 558 f.
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 2. Teil. Wien 21951 (Manuskript im WStLA), S. 353
- Arnold Luschin von Ebengreuth: Münzwesen, Handel und Verkehr im späten Mittelalter. Wien: Holzhausen 1905 (Geschichte der Stadt Wien, 2/2), S. 741 ff., besonders S. 834
- Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 43 (Handgrafenamtsochsenunterverkäufer), 144 f. (Unterverkäufer)
Die entsprechenden Verordnungen bei:
- Johann Adolph Tomaschek: Die Rechte und Freiheiten der Stadt Wien. 2 Bände. Wien: Hölder 1877-1879 (Geschichts-Quellen der Stadt Wien)
- Peter Csendes: Die Rechtsquellen der Stadt Wien. Wien: Böhlau 1986 (Fontes rerum Austriacarum, 3/3), S. 9
- Hansgraf