Vierer
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit allgemeine Bezeichnung für einen von einer Gemeinschaft gewählten vierköpfigen Ausschuss, der in deren Namen bestimmte Verwaltungsaufgaben zu erfüllen hatte (es gab auch [je nach Größe der Gemeinschaft] "Sechser" und "Achter").
Land Österreich
In Dörfern standen die jährlich von den Gemeindebewohnern gewählten Vierer (Sechser, Achter) dem vom Ortsherrn bestellten Richter zur Seite (in Märkten und Städten erfüllte ein gewählter Rat diese Funktion).
Wien
In den mittelalterlichen fünf Vorstädten (vor dem Stubentor, Kärntnertor, Widmertor, Schottentor und Werdertor) sind Vierer schon in der Aufgebotsordnung von 1405 nachweisbar. Sie wurden jährlich von den Vorstadtbewohnern gewählt, vom Rat vereidigt und hatten (im Einvernehmen mit den Richtern der einzelnen Grundherrschaften) den Zustand der Feuerstätten, der Verkehrswege, der Äcker und der Weingärten zu kontrollieren, auf Antrag auch der Häuser; für jede Beschau erhielten sie vom Besitzer eine Gebühr. Am 10. Mai 1432 erließ der Rat eine "Ordnung" für die Vierer. In der Einteilung der Vorstadtzone in Verteidigungssprengel vom 13. Mai 1444 ist von "Vierämtern" die Rede. In den nach 1529 entstandenen Vorstädten jüngeren Typs, die nach Grundherrschaften differenziert waren (Vorstädte), wurde für die gewählten Vertreter, die dem Grundrichter zur Seite standen, die Bezeichnung "Ausschuss" üblich. Als 1861 an die Stelle der Vorstädte die Bezirkseinteilung trat (Vorstädte), nahmen die Bezirksvertretungen ihre Arbeit auf.
Bruderschaften
Jede der zahlreichen Bruderschaften wurde von gewählten "Verwesern" geleitet; meist waren es zwei, bei größeren Bruderschaften mehr; so werden beispielsweise 1432 Vierer der Kaufmannsbruderschaft erwähnt.
"Vierergericht" (23., Elisenstraße 30), Natursteinrelief von Oskar Bottolli (1961).
Literatur
- Wiener Stadt und Landesarchiv HS. 9/2, fol. II (Aufgebotsordnung 1405)
- Karl Weiss [Hg.]: Geschichts-Quellen der Stadt Wien. Band 2: Johann Adolf Tomaschek: Die Rechte und Freiheiten der Stadt Wien. Wien: Hölder 1879, S. 37-38, S. 52
- Quellen II/2, S. 2400
- Helmuth Feigl: Die niederösterreichische Grundherrschaft. Vom ausgehenden Mittelalter bis zu den theresianisch-josephinischen Reformen. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1964 (Forschungen zur Landeskunde von Niederösterreich, 16), Reg.