Apothekerkammer (Bibliothek)
48° 13' 17.78" N, 16° 21' 9.48" E zur Karte im Wien Kulturgut
Apothekerkammer, Bibliothek. Die Sammlung geht auf die "Pharmazeutisch-chemische Lesegesellschaft" und die "Bibliothek des Allgemeinen österreichischen Apothekervereins" zurück. Die Lesegesellshaft war 1802 von Joseph Moser, dem Sohn des Josefstädter Apothekers "Zum goldenen Löwen", Mathias Moser, unmittelbar nach der Rückkehr von einer pharmazeutischen Bildungsreise gegründet worden, um den angestellten Pharmazeuten einen Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ermöglichen; bald traten auch selbstständige Apotheker der Lesegesellschaft bei.
Die Ergänzung der Bibliothek (überwiegend pharmazeutische Journale und Werke über Botanik und Chemie) erfolgte unter Verwendung der eingegangenen Mitgliedsbeiträge. 1814 wurde die Lesegesellschaft aufgelöst und die kleine Bibliothek als Geschenk dem Wiener Apothekergremium angeboten, das die Schenkung am 7. Dezember 1814 akzeptierte und beschloss, die nunmehrige "Gremialbibliothek" sowohl selbstständigen wie unselbstständigen Apothekern zugänglich zu halten (zu diesem Zweck wurde ein "Leseverein der Gremialbibliothek des Wiener Apothekergremiums" gegründet). Die Leitung der Bibliothek wurde Joseph Moser und drei Gremialmitgliedern übertragen; Moser verwahrte sie in der von seinem Vater auf ihn übergegangenen Josefstädter Apotheke und übergab dem Gremium am 25. Jänner 1823 einen Katalog der Bibliotheksbestände, der sich allerdings nicht erhalten hat.
Nach dem Tod Mosers (1836), der viele Jahre Gremialvorsteher gewesen war, wurde die Leitung der Bibliothek dem Apotheker Ignaz Fach ("Zum Biber" in der Roßau) übertragen, der die Bücher in seine Apotheke transferierte und 1837 einen (noch erhaltenen) Katalog anlegte (1.080 Zeitschriften-Bände und Monographien). Unter Fach wurde der Leseverein aufgelöst; in der Folge zahlten alle Gremialmitglieder monatlich 56 Kronen in einen Bibliothek-Fonds ein. Die eigentliche Betreuung der Bibliothek wurde dem pensionierten Gehilfen Franz Winkler übertragen. Durch Spenden und Legate wuchs die Bibliothek beträchtlich an. Die Leitung wurde 1857 dem Gremialvorsteher Ignaz Edler von Würth, Besitzer der Apotheke "Zum St. Ulrich" (7), übertragen, der die Bibliothek in sein Haus (Vorstadt St. Ulrich 13) bringen ließ.
Als Würth seine Apotheke verkaufte, übernahm Dr. Theodor Schlosser die Leitung der Bibliothek, konnte sich ihr aber infolge zahlreicher anderer Verpflichtungen nicht entsprechend widmen, sodass sie sich 1869 in einem "sehr desolaten Zustand" befand, worauf die Leitung 1870 dem Apotheker Gustav Wagner übergeben wurde, der sie wieder in Ordnung brachte. Als noch im selben Jahr Gremialvorsteher Karl Brants die Leitung übernahm, hinderte ihn eine Erkrankung an der Wahrnehmung seiner Pflichten; erst unter Anton von Waldheim, der 1871 Gremialvorsteher wurde, besserten sich die Verhältnisse. Seither wurde die Bibliothek vom Gremium erhalten und ihre Benützung war für alle Berufsangehörigen kostenlos.
1876 übersiedelte die Bibliothek in für sie eingeplante Räumlichkeiten in einem Zubau zu dem auf dem Grundstück 9, Spitalgasse 31, stehenden Haus und wurde unter die Leitung des gewesenen Gremialvorstands Josef Fuchs gestellt. 1904 wurden die Bestände durch den Leiter Josef Reimoser revidiert und neu inventarisiert (fast 4.000 Bücher und etwa 600 Zeitschriften-Bände), 1908 erhielt die Bibliothek in dem 1907/1908 neu erbauten Apothekerhaus einen großen Lese- und Bibliothekssaal im Trakt 9, Michelbeuerngasse 1, der am 25. November 1908 zur Benützung übergeben wurde.
Als nach dem Ersten Weltkrieg die Bibliothek des Allgemeinen oesterreichischen Apotheker-Vereins von diesem nicht mehr erhalten werden konnte, kam diese (fast 4.500 Titel) an das Wiener Apotheker-Hauptgremium. 1920 wurde Josef Weiß zum Leiter der Bibliothek bestellt, 1924 folgte ihm Dr. Friedrich Dormann, der sich über Jahrzehnte, vor allem aber 1938 durch seine Weigerung, alle Urkunden, Privilegien und historischen Bücher an das Deutschen Apothekenmuseum in München abzutreten beziehungsweise während des Zweiten Weltkriegs die Bestände zu verlagern, um die Erhaltung der Gremialbibliothek hohe Verdienste erworben hat.
Mit der 1947/1948 erfolgten Gründung der Österreichischen Apothekerkammer gingen sämtlich vorhandenen Bestände an diese über und erfuhren durch Ankäufe und Schenkungen (beispielsweise 1960 große Teile der pharmaziehistorischen Bibliothek von Otto Zekert) starke Zuwächse. Die Raumfrage konnte erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts gelöst werden, als zufrieden stellende Magazinräume in den Häusern 9, Michelbeuernasse 2 beziehungsweise 3 eingerichtet wurden.
Literatur
- Otto Nowotny: 200 Jahre Bibliothek der österreichischen Apothekerkammer. In: Österreichische Apotheker-Zeitung 56 (2002), Nr. 8 (Österreichische Apotheker-Zeitung Spezial) vom 15.04.2002, S. 1-16 (Bibliotheksbestände: S. 9 ff.)
- Leopold Hochberger: Die Bibliothek des Wiener Apotheker-Hauptgremiums. In: Jahrbuch der Apotheker-Gremien Österreichs. Band 1930. Wien 1929, S. 7