Neue Welt

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Landwirtschaftliche Ausstellung in der Neuen Welt, 1869
Daten zum Objekt


Neue Welt (13., Areal Hietzinger Hauptstraße, Lainzer Straße, St.-Veit-Gasse).

Der Kaffeesieder Carl Schwender (Schwenders Vergnügungsetablissement) erwarb zu Beginn der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts im Lizitationsweg einen alten, ausgedehnten Herrschaftsbesitz in Hietzing und gestaltete diesen unter Einsatz bedeutender finanzieller Mittel zu einem erstrangigen Sommervergnügungsetablissement aus.

Durch ein schlichtes Eisenportal mit der in Gold gehaltenen Aufschrift „Neue Welt" (zwischen den zwei Worten war die westliche Hemisphäre des Globus zu sehen) gelangte man durch einen „Heiligen Hain" bis an die Schmalseite des Schlosses, rechts abbiegend erreichte man die Tanzfläche. Teppichbeete aus Tulpen und Hyazinthen erfreuten die Gäste; zwischen den natürlichen Tulpen befanden sich Hunderte aus Glas gebildete Tulpenkelche, die abends mittels kleiner Gasflämmchen beleuchtet wurden. Ähnliche Gebilde umrankten auch die Fassade des Schlosses. Zwischen der Längsseite des Schlossgebäudes und der Parkgrenze in der St. Veiter Straße befand sich das riesige Parterre des Restaurants.

Später erbaute Schwender gegenüber dem schlossartigen Gebäude die sogenannte Alhambra, einen in maurischen Stil ausgeführten Holzbau von prächtiger Wirkung, der ebenfalls mit Hilfe zahlreicher Lichteffekte illuminiert werden konnte; in seinem Mittelbau befand sich ein Theater, das Schwender ebenso wie sein ihm nachfolgender Sohn als Sommervarieté nutzten (auch der Wiener Männergesang-Verein trat hier auf). Im Schloss selbst dienten die Restauranträume für kühlere Tage, wogegen auf der in Stockwerkshöhe gelegenen Terrasse Kaffeehausbetrieb war.

Gegen Lainz hinaus lagen nahe beim Schloss große Treibhäuser mit Orangenbäumchen und Kamelienstöckchen; dieser „Kamelienflor" der Neuen Welt zog die Wiener geraume Zeit magisch an. Am oberen und am unteren Ende des Parkparterres befanden sich Orchesterpavillons; hier konzertierten an Nachmittagen Johann und Josef Strauß oder Josef und Eduard Strauß mit ihren Kapellen, vormittags auch Militärkapellen. An das Parterre schloss sich eine englische Gartenanlage an, die sich, einen Mittelraum für eine mit einem glatten Mosaik belegte Tanzfläche freilassend, noch weiter hügelwärts gegen St. Veit hinzog. Hier fanden die Bälle „Champêtre" statt.

Sanft aufwärts schreitend gelangte man zum  "Feuerwerksplatz", auf dem der tüchtige Konkurrent Stuwers, Lehrner, große pyrotechnische Schauspiele veranstaltete. Am obersten Parkende schließlich lag eine Arena für rund 1.000 Personen mit großem Bühnenhaus. Der Endzwickel hinter diesem bot Raum für den Küchengarten.

Viele Jahre lang war die Neue Welt das Ziel für die Firmlinge der Wiener Gesellschaft; zum Annenfest kamen nicht selten an die 5.000-6.000 Besucher. Fast jeden Abend wurde irgendein Fest veranstaltet; die meisten Männergesangvereine Wiens und aus der Umgebung hielten hier ihre Sommerliedertafeln ab; die berühmte Seiltänzerin Blondine trat auf, Anton Stuwer brannte 1879 sein letztes größeres Feuerwerk ab, und 1882 fanden Ballonfahrten mit Fesselballons statt. Nach dem Tod von Schwenders Sohn wurde die Neue Welt verkauft, 1883 parzelliert und mit Villen verbaut (die erste erhielt den Namen „Neue Welt").

Nach dem Vergnügungsetablissement wurde die Neue-Welt-Gasse benannt.

Literatur

  • Hietzing. Ein Heimatbuch für den 13. Wiener Gemeindebezirkes. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde in Hietzing. Band 1, Wien: Österr. Bundesverlag 1925, S. 337 f.
  • Hietzing. Ein Heimatbuch für den 13. Wiener Gemeindebezirkes. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde in Hietzing. Band 2, Wien: Österr. Bundesverlag 1925, S. 101
  • Emil Winkler: Technischer Führer durch Wien. Wien: Lehmann & Wentzel 1873. Hietzing, S. 52, S. 110
  • Felix Czeike: XIII. Hietzing. Mit ausführlicher Beschreibung, Karten- und Grundrißskizzen von Schönbrunn. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 13), S. 26 f.
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Hietzing. Ein Bezirk im Grünen. Wien: Mohl 1977, S. 156 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 358 f.