Bäckerumzug
Bäckerumzug oder Bäckeraufzug. Sein Ursprung geht der Sage nach auf die Erste Türkenbelagerung (1529) zurück; das tapfere Verhalten der Bäckerkompagnie 1683, welche die Verteidigung der Löwelbastei übernommen hatte (die Bäcker erhielten zum Dank die "Türkenfahne"), trug zur Bewahrung eines alten Brauchs bei. Dabei wurde die Thematik einer Wiener Sage, die auf der Entdeckung und Vereitelung der osmanischen Minierarbeit durch einige Bäckerjungen im Haus "Zum Heidenschuß" beruhte, aufgearbeitet (der den Jungen zum Dank angeblich geschenkte Innungspokal stammt jedoch erst aus dem Jahr 1783 und wurde anlässlich der 100-Jahr-Feier angeschafft).
Die Bäckergesellen trugen beim Aufzug franzblauen Frack und perlgrauen Beinkleider mit weißseidenen Strümpfen, Schnallenschuhen, dreispitzigen Hut und Degen. Beim Aufzug gab es zwei Bechterträger und drei Fahnenträger, die mit goldenen Schärpen geschmückt waren und goldbortierte Hüte mit Federbüschen trugen. Die Gesellen, insgesamt zwei Truppen, wurden von der Kavallerie begleitet.
Man zog von Backhaus zu Backhaus um den MeisterInnen Wein anzubieten, sodann zur Hofburg um der königliche Familie einen Ehrentrunk anzubieten und zur Bürgermeisterwohnung, wo ein Spruch aufgesagt wurde; der sechsstündige Umzug endete mit Tanz und "Schmaus auf der Herberge". Die Ordnung von 1628 erwähnt den Brauch, am Ostermontag auf den Platz Am Hof zu ziehen (in späterer Zeit verlegen ihn Augenzeugenberichte auf den Osterdienstag). Das Wiener Diarium berichtet ab 1710 mehrfach über den Bäckerumzug. Der Zug ging vom damaligen Innungshaus am Salzgries (an der Spitze Kavallerie und türkische Musik) auf den Platz Am Hof. Beeinflusst durch Franzosenkriege und Teuerungen unterblieb der Bäckerumzug ab 1809 oder 1811; nur 1848 wurde er zu Ehren der Universität nochmals veranstaltet.
Literatur
- Gustav Gugitz: Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Band 1. Wien: Hollinek 1949 (Österreichische Heimat, 14), S. 193 ff. (Beschreibung des Umzugs S. 194 f.)
- Johann Wilhelm Holczabek / Adalbert Winter [Bearb.]: Sagen und geschichtliche Erzählungen der Stadt Wien. Nebst einer kurzen Geschichte der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und der Vororte. Wien: Graeser 1914, S. 80 f.
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 222-223
- Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II., Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst. Niederösterreichische Landesausstellung. Stift Melk, 29. März - 2. November 1980. Hg. vom Amt d. Niederösterr. Landesregierung, Abt. III/2, Kulturabteilung. Wien: Amt d. Niederösterr. Landesregierung, Abt. III/2, Kulturabt. 1980 (Niederösterreichisches Landesmuseum: Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge, 95), S. 370
- Caroline Pichler: Sämmtliche Werke. Band 56: Zeitbilder 1. Wien [u.a.]: Pichler 1844, S. 66 ff.
- Joseph Richter: Briefe des jungen Eipeldauers an seinen Herrn Vettern in Kakran, Heft 11 (1803), S. 21 ff.
- Joseph Richter: Briefe des jungen Eipeldauers an seinen Herrn Vettern in Kakran, Heft 16 (1803), S. 5 f.